Tschechien in der Nato: Mut, Professionalität und enges Budget
In der vergangenen Woche weilte Staatspräsident Miloš Zeman zu seinem ersten Besuch in Brüssel. Dort traf er nicht nur mit den Präsidenten der Europäischen Kommission und des Europäischen Rates zusammen, sondern auch mit Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen. Bei den Gesprächen ging es vor allem um den Beitrag Tschechiens zum Nordatlantischen Verteidigungsbündnis. Wie hoch dieser Beitrag sein soll, wird derzeit auch in der Tschechischen Republik verhandelt, denn die Regierung stellt gerade den Haushalt für das kommende Jahr zusammen.
„Herr Präsident, es ist mir wirklich ein großes Vergnügen, Sie hier im Nato-Hauptquartier willkommen zu heißen. Ihr Land ist ein wertvoller Partner. Der Beitrag zu unseren Missionen beweist, wie stark es sich engagiert, und er zeigt, dass auch in schweren wirtschaftlichen Zeiten auf die Tschechische Republik gezählt werden kann.“
Damit hatte der Generalsekretär aber auch indirekt den schwierigsten Punkt seines Gesprächs mit Miloš Zeman angesprochen. Denn während der Nato-Beitritt in den 1990er Jahren in Tschechien ein wenig wie die Rückkehr in den Schoß der westlichen Welt gefeiert wurde, regiert heute im tschechischen Nato-Engagement der Rotstift. Zeman gab sich daher auch alle Mühe, dem Generalsekretär zu versichern, dass Tschechien sich in Zukunft wieder vermehrt engagieren werde. Rasmussen zeigte sich zufrieden:„Es freut mich sehr, dass es in der Tschechischen Republik den politischen Willen gibt, den Trend umzudrehen und wieder mit Investitionen in die Verteidigungsfähigkeit zu beginnen, sobald sich die Wirtschaft erholt.“Die Vorgabe der Nato, mehr als zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in die Verteidigung zu investieren, hat die Tschechische Republik zuletzt in den Jahren 2002 und 2003 erfüllt. Seitdem sinkt das Budget des Verteidigungsministeriums kontinuierlich. Der Botschafter Tschechiens bei der Nato, Jiří Šedivý, argumentiert anders:
„Wichtig ist nicht nur die Quantität, also die zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts, sondern auch die Qualität der Militärausgaben. Die Frage ist: Wohin gehen die Gelder der Bündnispartner und in welchem Maße sind diese in der Lage, ihre Prioritäten zu erfüllen? Wichtig ist daher die Qualität, also was man im Rahmen der begrenzten Mittel leistet, und da muss sich die Tschechische Republik nicht schämen.“Seit 1995 haben über 30.000 tschechische Soldaten an internationalen Einsätzen teilgenommen. Dazu gehören die Missionen im Kosovo, in Bosnien-Herzegowina und in Afghanistan, die Piratenbekämpfung am Horn von Afrika sowie seit dem vergangenen Jahr auch der Einsatz in Mali.
Der geschrumpfte Verteidigungshaushalt ist auch das Ergebnis der rigorosen Sparpolitik der bürgerlichen Regierung von Premier Petr Nečas. In diesem Jahr lagen die Ausgaben für die Armee bei 43 Milliarden Kronen (1,7 Milliarden Euro), diese Summe genügt Verteidigungsminister Vlastimil Picek aber nicht:„Ich werde natürlich mit dem Finanzminister und dem Premier über den Verteidigungshaushalt sprechen. Und ich erwarte, dass mir eine Erhöhung der Mittel für das Verteidigungsressort gelingen wird.“
Über die Höhe der Mittel äußerte sich der Verteidigungsminister recht konkret:„Die Summe sollte über 43 Milliarden Kronen liegen. Optimal wäre ein Betrag in Höhe von etwa 50 Milliarden Kronen, aber ich weiß, dass dies in der derzeitigen Lage nicht möglich sein wird. Ich denke aber, ich werde mich mit dem Premier und dem Finanzminister auf eine Summe von etwa 44 Milliarden einigen.“
Das Problem liegt aber in Tschechien derzeit im politischen Bereich: Die Regierung von Jiří Rusnok hat kein Mandat – und ein Abgeordnetenhaus gibt es seit der Selbstauflösung auch nicht mehr. Der Haushalt, den die Regierung nun aufstellt, wird also nur vorläufig sein – und damit auch die Militärausgaben. Nato-Botschafter Šedivý weist darauf hin, dass der Druck auf Tschechien auch im kommenden Jahr noch steigen könnte:
„Welche Auswirkungen die Kürzungen auf die Einsatzfähigkeit des Bündnisses haben, wird eines der Hauptthemen beim Nato-Treffen der Regierungschefs im Herbst kommenden Jahres in Brüssel sein.“Im Verteidigungshaushalt kürzen nämlich nicht nur die Tschechen, sondern viele andere Nato-Staaten. Den Löwenanteil der Kosten tragen die Vereinigten Staaten – und die machen schon seit langem Druck, dass vor allem die Europäer mehr investieren sollten.
Thema beim Treffen von Staatspräsident Zeman und Nato-Generalsekretär Rasmussen war auch der Afghanistaneinsatz. Rasmussen lobte die tschechischen Soldaten ausdrücklich:
„Ich begrüße ausdrücklich den Mut und die Professionalität der tschechischen Truppen. Im Kosovo und Afghanistan machen sie den Unterschied aus. Sie trainieren die afghanische Armee und Polizei und helfen bei der Sicherung des internationalen Flughafens von Kabul. Dank unserer gemeinsamen Bemühungen ist Afghanistan heute ein anderes Land als noch vor über zehn Jahren. Nun sind wir auf dem Weg, unsere Kampftruppen zurückzuziehen, und bereiten eine neue Mission für Afghanistan vor: Ihre Aufgabe wird es sein, die afghanischen Einheiten nach 2014 zu trainieren, beraten und zu unterstützen. Und dabei zähle ich auf die weitere Unterstützung durch die Tschechische Republik.“ Und trotz des angespannten Haushalts möchte Tschechien sich auch bei dieser Mission engagieren. Verteidigungsminister Vlastimil Picek:„Unsere langfristigen Planungen sehen vor, dass wir in Afghanistan bleiben. Dabei wird es sich aber nur um die Ausbildung von Sicherheitskräften handeln. Wir rechnen da mit einer Zahl von etwa 100 bis 150 Soldaten. Ich gehe auch davon aus, dass diese Mission vom neuen Abgeordnetenhaus abgesegnet wird, denn das derzeitige Mandat läuft Ende 2014 aus.“
Auch diese Mission hängt also von der weiteren politischen Entwicklung in Tschechien ab. Allerdings fordert keine politische Partei einen Rückzug der tschechischen Soldaten aus Afghanistan, dem Einsatz dürfte daher von dieser Seite nichts im Weg stehen.