Tschechien erkennt Unabhängigkeit des Kosovo an – Kritische Stimmen nicht verstummt

Premier Mirek Topolánek, Mitte (Foto: ČTK)

Die tschechische Regierung hat am Mittwoch die Unabhängigkeit des Kosovo anerkannt. Der Kosovo hatte seine Unabhängigkeit am 17. Februar erklärt und ist inzwischen von 30 Staaten anerkannt worden, unter anderem von den USA und den meisten EU-Staaten. Tschechien gehört damit nicht mehr zu den ersten Ländern, die mit dem Kosovo diplomatische Beziehungen aufnehmen. Und die jetzige Entscheidung wird auch nach wie vor nicht von allen Parlamentsparteien unterstützt.

Premier Mirek Topolánek gab nach einer Kabinettssitzung im nordböhmischen Teplice / Teplitz bekannt, dass Prag mit dem Kosovo diplomatische Beziehungen aufnehmen werde. Man wolle mit diesem Schritt zur Stabilisierung und demokratischen Entwicklung des Balkans beitragen, hieß es aus dem Außenministerium. Daher kämen jetzt auf Außenminister Karel Schwarzenberg einige Aufgaben zu, die von hoher Priorität seien, sagte Topolánek:

„Ich habe den Außenminister damit beauftragt, ein entsprechendes Schreiben an den Kosovo zu senden und alle Vorkehrungen zur Aufnahme von diplomatischen Beziehungen mit dem Kosovo zu treffen. Zudem wollen wir die freundschaftlichen Beziehungen zu Serbien weiter pflegen und uns für eine europäische Perspektive des Landes mit dem Ziel der EU-Vollmitgliedschaft einsetzen.“

Premier Mirek Topolánek,  Mitte  (Foto: ČTK)
Die Ausrufung seiner Unabhängigkeit, die der Kosovo vor gut drei Monaten erklärte, hatte in Tschechien zu widersprüchlichen Reaktionen geführt. Die Gegner einer Anerkennung des Kosovo, wie die Sozialdemokraten und die Kommunisten, verweisen immer wieder darauf, dass die Unabhängigkeit der einst serbischen Provinz einseitig und gegen den Willen von Serbien deklariert wurde. Nach der Regierungsentscheidung vom Mittwoch haben die Kommunisten sogar Staatspräsident Václav Klaus dazu aufgerufen, der Anerkennung nicht zuzustimmen und den Verlauf der Ratifizierung zu stoppen. Zum Beispiel, indem er keinen Botschafter für die dann in Pristina neu entstehende tschechische Botschaft ernennt. Für den Posten ist die Leiterin des tschechischen Kontaktbüros bei der UN-Mission im Kosovo, Janina Hřebíčková, vorgesehen.

Janina Hřebíčková  (Foto: ČTK)
Neben den Kommunisten, den Sozialdemokraten und einigen Christdemokraten gehört auch Präsident Klaus zu denjenigen, die stets vor einer übereilten Anerkennung des Kosovo und den fatalen Folgen, die daraus resultieren könnten, gewarnt hat. Auch die ehemalige Botschafterin der Tschechischen Republik in Belgrad, die heutige Rektorin der Hochschule für internationale und öffentliche Beziehungen in Prag, Judita Šťouračová, hat so ihre Bedenken:

„Ich befürchte, dass wir mit dieser Entscheidung nicht im Einklang mit dem internationalen Recht stehen. In der Schule lernen wir, dass die grundlegenden Normen des internationalen Rechts die Dokumente der Uno sind. In diesem Fall verweise ich auf die schon sehr oft zitierte Resolution 1244 des UN-Sicherheitsrates, in der eindeutig deklariert wird, dass der Kosovo ein integraler Bestandteil von Serbien bzw. des damaligen Jugoslawiens ist.“

In Serbien selbst ist man enttäuscht über die in Prag getroffene Entscheidung, wie der Korrespondent des Tschechischen Rundfunks in Belgrad, Jaromír Janev, bei einer Befragung in der Bevölkerung mehrfach feststellen konnte:

„Wie anders sollte denn meine Reaktion sein? Ich bin empört darüber, dass gerade dieses Land einen illegalen Staat anerkennt. Ich bin einfach nur enttäuscht“, so einer der Befragten.

Die Tschechische Republik habe andererseits aber in Serbien großen Kredit erlangt, dass sie sich zu diesem Schritt als eines der letzten Länder der Europäischen Union durchgerungen habe, sagte Janev. Von allen großen EU-Staaten hat sich lediglich Spanien noch nicht zur Unabhängigkeit des Kosovo bekannt. Die Slowakei und Griechenland wiederum haben sich dagegen ausgesprochen.