Tschechien erwägt Truppenhilfe für die Niederlande in Süd-Afghanistan

Tschechische Soldaten vor ihrem Abflug nach Afghanistan (Foto: ČTK)

„Die Nato steht am Scheideweg“. Oder: „Durch die Atlantische Allianz zieht sich ein tiefer Riss.“ Diese und ähnliche Schlagzeilen machen dieser Tage die Runde, wenn über das größte Militärbündnis der Welt die Rede ist. Vor dem Hintergrund der Debatten um den Afghanistan-Einsatz der Nato hat sich nun auch der tschechische Außenminister Karel Schwarzenberg zu Wort gemeldet und mehr Kampfbereitschaft der europäischen Staaten gefordert.

Karel Schwarzenberg
„Es ist eine Krankheit der Nato seit vielen Jahrzehnten, dass die europäischen Staaten sich etwas widerwilliger an bewaffneten Aktionen beteiligen.“ Sie sollten aber wahrhaben,„dass sie jetzt reich genug sind, eigene Verantwortung zu übernehmen“, sagte Außenminister Karel Schwarzenberg dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ in einem am Dienstag veröffentlichten Gespräch. Auch der tschechische Chefdiplomat ist etwas ungehalten über das Gezanke und Gezerre um die Lastenverteilung des militärischen Engagements in Afghanistan. Sowohl bei der Nato-Tagung in Vilnius als auch bei der Münchner Sicherheitskonferenz war darüber eine heftige Debatte entbrannt. Eine Debatte, die sich aus Sicht von Schwarzenberg so darstellt:

„Ich denke, was mehrere Verbündete verärgert, vor allem Länder wie Kanada und die Niederlande, die schon viele Soldaten verloren haben, ist, dass sich Deutschland ausschließlich auf den sehr viel ruhigeren Norden (Afghanistans) konzentriert. Auch die Flugzeuge der Bundeswehr kommen nur begrenzt zum Einsatz, da sie nicht zu Kampfeinsätzen herangezogen werden. Hier liegen die Streitpunkte.“

In einer Sendung des Tschechischen Rundfunks am Dienstag machte Schwarzenberg nun deutlich, dass Tschechien als kleinerer Staat bereit sei, sein militärisches Engagement in Afghanistan zu verstärken – und zwar auch in dem umkämpften Süden des Landes. „Entweder man geht in einen Kampf, oder man geht nicht“, sagte Schwarzenberg und ergänzte:

Tschechische Soldaten vor ihrem Abflug nach Afghanistan  (Foto: ČTK)
„Wenn es uns gelingt, in Logar für Ordnung zu sorgen und dann dort alles einwandfrei funktionieren wird, erwägen wir, den Holländern im Süden zu helfen. Hier gibt es auch keinen Druck von Seiten der Vereinigten Staaten. Wenn es ihn gebe, würde ich auf Distanz gehen. Die Niederlande, die nur etwas größer sind als unser Land, macht dort (in Afghanistan) wirklich viel. Wir sollten ihnen helfen, weil sie eine wirklich schwere Aufgabe haben.“

Tschechien stellt nach Nato-Angaben derzeit 135 der etwa 43 000 in Afghanistan eingesetzten ausländischen Soldaten. Prag wird jedoch sein Wiederaufbauteam (PRT) in der afghanischen Provinz Logar auf etwa 200 Soldaten und bis zu 100 zivile Helfer aufstocken. Die ersten 39 Soldaten dieser Spezialeinheit sind am Montag nach Logar abgeflogen. Sollte es, wie von Schwarzenberg angekündigt, zur Erweiterung des militärischen Engagements kommen, dann stünden für einen Einsatz im Süden Afghanistans eine tschechische Elite-Truppe und eine speziell geschulte Gruppe von Militärpolizisten zur Verfügung. Beide Einheiten könnten ohne weiteres unter niederländischem Kommando agieren.