Tschechien erwirkt Strafzahlung wegen anhaltender Kohleförderung im polnischen Tagebau Turów

Tagebau Turów

Eine halbe Million Euro muss Polen zahlen für jeden Tag, an dem die Kohleförderung im Tagebau Turów fortgeführt wird. Dies hat der Europäische Gerichtshof am Montag entschieden und damit einer Klage Tschechiens stattgegeben.

Foto: Greenpeace Polska,  Flickr,  CC BY-ND 2.0 DEED

Die Tage, an denen die Strafe fällig wird, werden seit Montag gezählt. Das vorläufige Gerichtsurteil, nach dem die polnische Braunkohlegrube Turów nahe der Grenze zu Tschechien umgehend geschlossen werden muss, fiel hingegen bereits am 21.Mai dieses Jahres. Die Regierung in Prag hatte dies erwirkt mit der Begründung, dass die Bewohner im Norden des Kreises Liberec / Reichenberg unter den negativen Folgen des Kohleabbaus auf der anderen Seite der Grenze leiden und vor allem der Grundwasserspiegel absinke.

Seit Mai ist allerdings nichts geschehen. Der tschechische Umweltminister Richard Brabec (Partei Ano) kommentierte dies im öffentlich-rechtlichen Tschechischen Fernsehen (ČT):

Richard Brabec | Foto:  ČT24

„Als Einziges würde ich verstehen, wenn mit der Tätigkeit in der Grube so lange fortgefahren werden müsste, dass sie abgesichert wird und es zu keinem Unfall kommt. Denn den Tagebau zu schließen, bedeutet ja nicht, einfach auf einen Knopf zu drücken.“

Aber nicht einmal mit diesen Vorbereitungen zur Schließung wurde bisher in Turów begonnen. Also hat Tschechien im Juni erneut Klage eingereicht. Die geforderte Strafe lag ursprünglich zehnmal höher als der jetzt verhängte Tagessatz von 500.000 Euro. Die Uhr tickt bis zu dem Tag, an dem Polen dem Gerichtsurteil zur Einstellung der Förderung Folge leistet. Das Geld steht allerdings nicht Tschechien zu, sondern der Europäischen Kommission. Diese könnte im drastischsten Fall die Strafe von den EU-Fördergeldern abziehen, die Polen zustehen.

Jacek Ozdoba | Foto: Paweł Mazurek,  Wikimedia Commons,  CC BY-SA 4.0 DEED

Denn Warschau erkennt die Strafe nicht an. Die dortige Regierung hat in ihrer Reaktion auf das Urteil vom Montag verkündet, dass der Betrieb in Turów weitergehe. Nicht einmal der EU-Gerichtshof dürfe in die Sicherheitslage der Mitgliedsländer eingreifen, wozu eben der Bereich der Energieversorgung gehöre, hieß es zur Begründung. Der stellvertretende Klimaminister Jacek Ozdoba ließ verlauten, das Urteil sei aus den Fingern gesaugt und entbehre jeder rechtlichen Grundlage. Und der Chef des Staatsunternehmen PGE, das die Grube betreibt, bezeichnete den Entscheid als „bizarr“.

Der tschechische Umweltminister Brabec zeigt sich davon brüskiert:

Tagebau Turów | Foto:  MEDIA WNET,  Flickr,  CC BY-SA 2.0

„Polen bedroht mit dem Kohleabbau die Trinkwasservorkommen. Wir gehen nach allen rechtlichen Möglichkeiten vor, und das Unternehmen meint, dies nicht akzeptieren zu müssen!?“

Außer den scharfen Worten waren am Montag aus Warschau auch Fakten zu hören, auf die die polnische Regierung den Weiterbetrieb von Turów stützt. Demnach werden dort sieben Prozent der landesweit benötigten Energie produziert. Etwa vier Millionen Abnehmer wären ohne Strom, sollte der Tagebau geschlossen werden, so das Argument. Und nicht zuletzt hängen am Unternehmen zahlreiche Arbeitsplätze.

Der Hauptmann des Kreises Liberec, Martin Půta (SLK), ist trotz allem weiter zuversichtlich, dass sich die beiden Nachbarländer doch noch außergerichtlich einigen. Gegenüber dem Tschechischen Fernsehen sagte er:

Martin Půta | Foto: Vincent Van Doonik,  © European Union,  Flickr,  CC BY 2.0

„Ich hoffe, dass die Entscheidung des EU-Gerichtshofes ein neuer Impuls sein wird für die Verhandlungen zwischen der tschechischen und der polnischen Regierung.“

Allerdings hält die politische Führung Polens auch die Höhe der Strafe von einer halben Million Euro täglich für unangemessen. Ihrer Ansicht nach werden dadurch die Chancen auf eine Einigung in dem Konflikt untergraben. Die oppositionelle Bürgerplattform kritisierte hingegen am Montag öffentlich, dass die Regierung in Warschau bisher nichts dafür getan habe, um den Streit mit Tschechien freundschaftlich beizulegen.

Autoren: Daniela Honigmann , Martin Dorazín
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