Tschechien und Polen einigen sich über Tagebau Turów, scharfe Kritik von Greenpeace

Tagebau Turów

Der jahrelange Streit zwischen Tschechien und Polen über den Braunkohletagebau Turów ist beigelegt. Am Donnerstag haben die Regierungschefs beider Länder, Petr Fiala (Bürgerdemokraten) und Mateusz Morawiecki, einen gemeinsamen Vertrag unterschrieben.

Mateusz Morawiecki und Petr Fiala | Foto:  Regierungsamt der Tschechischen Republik

Noch war die Tinte nicht getrocknet, da zeigte sich der tschechische Premier Petr Fiala bereits erleichtert:

„Ich denke, es ist ein großer Erfolg. Wir konnten nun einen riesigen Felsen aus dem Weg räumen, der die tschechisch-polnischen Beziehungen in den vergangenen Jahren belastet hat.“

Durch das große Braunkohlerevier Turów ist auch die Umwelt in Nordböhmen beeinträchtigt. Die Anrainer klagen schon seit langem über sinkende Grundwasserspiegel, Lärm und Staub. Der Streit darüber weitete sich aus, als die polnische Regierung entschied, den Tagebau zu vergrößern und dort noch bis 2026 Kohle zu fördern. Denn dies geschah trotz der Einwände aus dem Nachbarland und ohne Prüfung der Umweltfolgen. Deswegen zog die tschechische Seite vor den Europäischen Gerichtshof. Dieser gab der Regierung in Prag Recht und verhängte eine halbe Million Euro Bußgeld pro Tag für Polen, so lange der Kohleabbau andauert. Erst da willigte Warschau in Verhandlungen ein – und diese mündeten in einem Vergleich.

Tagebau Turów | Foto:  Greenpeace Polska,  Flickr,  CC BY-ND 2.0 DEED

Im entsprechenden Vertrag haben beide Seiten konkrete Umweltmaßnahmen festgelegt:

„Polen hat sich unter anderem dazu verpflichtet, die unterirdische Barriere gegen ein Abfließen des Grundwassers von tschechischem Boden auszubauen und damit voll funktionsfähig zu machen. Zu den weiteren Verpflichtungen gehört der Bau eines Walls, der die Bewohner der nächstgelegenen Gemeinden vor Lärm, Staub und Lichtsmog schützen soll“, so Premier Fiala.

Außerdem soll sich Polen um eine bessere Luftqualität kümmern. Ein anderer zentraler Teil des Vertrags sind Entschädigungszahlungen für die bisherigen Umweltschäden. So erhält Tschechien insgesamt 45 Millionen Euro aus Warschau, dafür zieht Prag seine Klage zurück. Nicht zuletzt wurde vereinbart, dass die Umweltlage vor Ort kontinuierlich überwacht wird.

Martin Půta | Foto: Pavel Kudrna,  Tschechischer Rundfunk

Zufrieden mit dem Ergebnis zeigte sich der Hauptmann des betroffenen Kreises Liberec / Reichenberg, Martin Půta (Bürgermeister für den Kreis Liberec). So sagte er in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks:

„Die Kosten für den Bau von Ersatz-Wasserleitungen betragen 35 Millionen Euro, und diese Gelder erhalten wir in komplettem Umfang.“

Milan Starec | Foto: Petr Zewlakk Vrabec,  Greenpeace

Als einen schlechten Kompromiss bezeichnet den Vertrag hingegen Milan Starec vom Verein Uhelná in Hrádek nad Nisou / Grottau.

„Ich möchte nicht übertrieben kritisch sein. Aber wir befanden uns ja in einer Lage, in der uns die Europäische Kommission und der Europäische Gerichtshof Recht gegeben haben. Der Generalanwalt des Gerichtshofs bezeichnete den Kohleabbau in Turów als illegal. Und vor einigen Tagen hat sogar ein polnisches Gericht den Umweltverträglichkeitsbescheid einkassiert. Und dann unterschreiben wir einen solchen Vertrag, der für uns ungünstig ist“, so Starec,

Greenpeace kämpft ebenfalls seit Jahren schon gegen die Umweltschäden durch Túrow. Der Umweltverband bezeichnete am Donnerstag den Vertrag sogar als skandalös. Kampagnenmanagerin Nikol Krejčová:

Nikol Krejčová | Foto: ČT24

„Die unterirdische Barriere, die das Problem mit dem Grundwasser lösen soll, kann gar nicht funktionieren. Das Wasser wird einfach um sie herumfließen. Tschechien hätte fordern sollen, dass die Kohleförderung eingeschränkt und der Betrieb so schnell wie möglich beendet wird.“

Krejčová befürchtet nun, dass die polnische Seite den Vertrag genauso wenig einhalten wird wie die vorherige Verfügung des Europäischen Gerichtshofes. Letzterer soll gerade darüber wachen, dass alle Punkte auch umgesetzt werden. Die Laufzeit der Vereinbarungen beträgt fünf Jahre.