Tschechien in Europa
Vor kurzem wurden die Ergebnisse einer neuen Umfrage zum EU-Beitritt der Tschechischen Republik präsentiert. Im zurückliegenden Jahr sind keine großen Veränderungen bezüglich der Unterstützung der Tschechen für den Beitritt zu verzeichnen, dennoch lassen sich in der Menge der Zahlen einige interessante Erscheinungen herauslesen.
Folgende Hinweise bringen Ihnen noch mehr Informationen über den Integrationsprozess Tschechiens in die Europäische Union:
www.integrace.cz - Integrace - Zeitschrift für europäische Studien und den Osterweiterungsprozess der Europäischen Union
www.euroskop.cz
www.evropska-unie.cz/eng/
www.euractiv.com - EU News, Policy Positions and EU Actors online
www.auswaertiges-amt.de - Auswärtiges Amt
Umfrage zum EU-BEitritt TSchechiens
Die tschechische Bevölkerung, die in etwas mehr als einem Jahr den Status von EU-Bürgern erlangen soll, wurde zu vier Themen befragt, und zwar wie sie die europäische Integration bewertet, was die EU-Mitgliedschaft Tschechien bringen wird, über die Informiertheit der Bürger und zum EU-Referendum. In keiner der genannten Themenbereiche wurden größere Veränderungen im Vergleich zum vergangenen Jahr verzeichnet, die Schwankungen halten sich im Rahmen von einigen Prozentsätzen. Ungefähr ein halbes Jahr vor einem EU-Referendum und kurz vor dem Beginn einer massiven Regierungskampagne, die ein "Ja" bei den Bürgern unterstützen soll, sind insbesondere die Angaben zur Informiertheit interessant. Eine zufriedenstellende Anzahl stellen die 65% dar, die angeben, sich für den EU-Beitritt Tschechiens zu interessieren. In dieser Hinsicht konnte damit ein leichter Anstieg verzeichnet werden. Mehr dazu vom Autor der Umfrage, Jan Cervenka vom Meinungsforschungsinstitut CVVM:"Wir haben versucht herauszufinden, ob sich die Bürger für die Informationen über den Beitrittsprozess der Tschechischen Republik interessieren. Wir fragten sie auch, ob sie die Informationen diesbezüglich für verständlich und ausreichend halten. Die Ergebnisse zeigten, dass zumindest 65 Prozent der Bürger ein teilweises Interesses haben. 19 % davon interessieren sich sehr für den Beitrittsprozess, 46 % zumindest teilweise. 26 Prozent gaben an, wenig Interesse zu haben, und 9 Prozent seien überhaupt nicht beteiligt."
Was die Frage der Quantität der Informationen anbelangt, hat sie die Mehrheit der Befragten Herrn Cervenka zufolge als unzureichend bezeichnet. Wenn man sich aber die Gruppe der Bürger ansehe, die für den Beitrittsprozess sehr großes Interesse zeigt, dann ist diese sehr zufrieden. Es dreht sich also mehr darum, ob die Menschen sich die Informationen beschaffen wollen oder nicht. Für die, die diese Informationen haben wollen, gibt es genug davon. Auf jeden Fall gebe es aber Bereiche, wo es noch nicht genug Informationen gibt. Dies sind vor allem jene, die das konkrete Leben der Menschen betreffen:
"Selbstverständlich gibt es eine bestimmte Art von Informationen, die für die Bürger nicht ausreichend ist. Es handelt sich dabei um die Informationen darüber, wie sich die Eingliederung in die Europäische Union direkt auf die Bürger auswirken wird. Damit sind detaillierte Informationen gemeint wie die Höhe der Renten, die Höhe der Gehälter, Mietspreise etc. Solche Informationen würden die Bürger in verstärktem Maße begrüßen."
Ungefähr die Hälfte der Befragten gab an, dass sie die Informationen für verständlich halten. Der Rest betrachtet sie als unverständlich, ein Teil hat diesbezüglich keine Meinung. Bei der Beantwortung sind soziodemographische Differenzen zu verzeichnen. Menschen mit höherer Bildung zeigen sich zufriedener, weitere eigenständige Kategorien stellen die Männer oder aber die Wähler der Bürgerdemokraten dar.
30% der Befragten sind laut den Umfrageergebnissen gegen jede Art von EU-Informationen immun. Wer sind diese 30% der Tschechen? Jan Cervenka gibt die Antwort:
"Hier gibt es ein Problem, das darin besteht, dass diese Menschen kein wirkliches Interesse an diesen Informationen haben. Entweder sind es Menschen, die sich für die Politik nicht interessieren, oder aber es sind Menschen, die im allgemeinen mit allen Dingen unzufrieden sind und die a priori jede Art von Informationen ablehnen. Es ist sehr schwierig, auf diese Gruppe Einfluss zu nehmen. Das müssten wahrscheinlich Marketingexperten lösen, falls diese Gruppe überhaupt zu beeinflussen sei."
Es werden auch viele Umfragen dieser Art mit einem internationalen Vergleich gemacht. Hat das Meinungsforschungsinstitut die Möglichkeit, diese Ergebnisse im supranationalen Kontext zu vergleichen und wie sehen die Ergebnisse aus? Wie hoch ist die Informiertheit der Tschechen?
"Was die Möglichkeit eines internationalen Vergleichs betrifft, so hat ihn unser Institut leider nicht. Es gibt europaweite Untersuchungen, die im Auftrag der Europäischen Kommission durchgeführt werden und diese bieten dann bestimmt die Möglichkeit des Vergleiches an. Was das Maß der Informiertheit betrifft, steigt mit dem sich nähernden Beitritt das Interesse schon an, wenn auch nicht viel, so aber doch um einige Prozentpunkte. Während vor rund einem Jahr 57% der Befragten angegeben haben, dass sie sich um die Informationen zum EU-Betritt Tschechiens interessieren, sind es heute schon 65%. An unserer Untersuchung nehmen immer so an die 1000 Bürger teil, also kann man sie als eine repräsentative Gruppe bezeichnen, bei der dieser Anstieg schon aussagekräftig ist."
Keine Veränderung hingegen war im Bereich der Verständlichkeit bzw. Unverständlichkeit festgestellt worden, hier blieben die Zahlen gleich. Was Jan Cervinka zufolge nur das bestätige, was er schon vorher erwähnt hatte: Diejenigen, die sich informieren wollen, tun es auch. Teilweise hinge es aber auch damit zusammen, wie den Menschen die Informationen vermittelt werden. Jan Cervenka sagte uns hierzu folgendes:
"Es ist ganz offensichtlich, falls die Informationen in Fachbüchern und in den Bibliotheken ausliegen werden, dann werden die Auswirkungen dennoch sehr niedrig bleiben. In die Bibliothek zu gehen ist etwas, was einem normalen Menschen selten einfällt, außer er ist wirklich an einer Information enorm interessiert. Also auf der einen Seite muss man wissen, wie man die Information den Menschen nahe bringt, auf der anderen hängt es auch von der Bereitschaft der Bürger ab, sich zu informieren. Kurz gesagt: Es ist nicht einfach."
Bestimmt nicht einfach wird es auch die tschechische Regierung haben, wenn sie in einer für kommendes Frühjahr geplanten Kampagne die vielen Unentschlossen für sich - also für den Beitritt - gewinnen will. Der Erfolg der Kampagne und das Ergebnis des Referendums wird zu einem Teil bestimmt auch davon abhängen, wie die Politiker die Bürger über die Vorteile der EU-Mitgliedschaft werden überzeugen können.