Tschechien für Lösung des Flüchtlingsproblems in den Herkunftsländern

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Die jüngsten Flüchtlingskatastrophen im Mittelmeer setzen die EU-Staaten unter Druck. Sie müssen energischer auf die Ursachen der Katastrophen reagieren, wenn sie der Flüchtlingsströme Herr werden und das Massensterben vor den Toren der EU unterbinden wollen. Deswegen haben sich die Außen- und Innenminister der EU-Länder am Montag in Luxemburg zu einer Krisensitzung getroffen. Auch Tschechien hat sich zu der Problematik geäußert.

Flüchtlinge aus Afrika und Nahost  (Foto: ČTK)
Die Meldungen der letzten Tage aus dem südlichen Mittelmeerraum sind erschütternd: Allein am Sonntag sollen durch das Kentern mehrerer Schlepperboote bis zu 950 Menschen im Meer ertrunken sein, in den ersten dreieinhalb Monaten dieses Jahres sei die Zahl der hier umgekommenen Flüchtlinge aus Afrika und Nahost daher bereits auf 1600 Menschen gestiegen. Sehr betroffen von dieser Entwicklung zeigte sich der tschechische Premier Bohuslav Sobotka:

„Das ist eine Sache, die natürlich niemanden in Europa ruhig schlafen lassen kann. Wir als Tschechische Republik sind darauf vorbereitet, alle Maßnahmen zu unterstützen, die zu einer Stabilisierung jener Länder führen, aus denen die Flüchtlinge zu uns nach Europa strömen. Die beste Hilfe ist dabei die Hilfe vor Ort. Das bedeutet, man muss den Menschen so helfen, dass sie dort bleiben, wo sie geboren wurden und wo sie jetzt leben.“

Lubomír Zaorálek  (Foto: ČTK)
Auch Außenminister Lubomír Zaorálek plädiert dafür, dass das Flüchtlingsproblem zuallererst in den Herkunftsländern gelöst werden muss. Während aber Premier Sobotka eher noch eine Art Wunschdenken beschreibt, hat der tschechische Chefdiplomat schon etwas konkretere Vorstellungen davon, wo man den Hebel ansetzen sollte.

„Ich bin der Meinung, dass wir keine Schritte unternehmen sollten, mit denen wir letztlich dem organisierten Verbrechen in die Hände spielen. Wenn wir beispielsweise den kriminellen Schlepperbanden die Arbeit erleichtern, indem wir ohne weiteres alle Flüchtlinge aufnehmen und unterbringen, die in Europa stranden. Für die Verbrecher würde diese Entwicklung dann zu einem noch besseren Geschäft.“

Jan Zahradil  (Foto: Filip Jandourek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Daher gäbe es nur eine Konsequenz, ergänzt der Außenminister:

„Man muss die Schiffe finden und zerstören, die zum Menschenschmuggel eingesetzt werden.“

Wie Außenminister Zaorálek glaubt auch der Vizechef der Bürgerdemokraten (ODS), der Europa-Abgeordnete Jan Zahradil, nicht an ein „perfektes Verteilungssystem“ der Flüchtlingsströme innerhalb der EU. Zahradil fordert deshalb:

„Es gibt für mich nur zwei grundlegende Instrumente, um das Problem zu lösen: Zum einen muss die Außengrenze der Europäischen Union besser geschützt werden, zum anderen muss die Situation in den Ländern stabilisiert werden, aus denen sich die Flüchtlinge in Scharen auf den Weg machen.“

Ivan Gabal  (Foto: Archiv des Abgeordnetenhauses des Parlaments der Tschechischen Republik)
Der Christdemokrat und Vizevorsitzende des Abgeordnetenhausausschusses für Verteidigung, Ivan Gabal, befürchtet indes, dass Europa der Lösung des Flüchtlingsproblems weiter hinterherrennt:

„Für den Fall, dass wir die Flüchtlingsströme nicht stoppen werden, müssen wir für dieses Risiko auch eine entsprechende Krisenpolitik betreiben. Fakt ist: Jetzt bekommen wir die Quittung dafür, dass wir auf eine solche Flüchtlingswelle nicht vorbereitet sind. Stattdessen haben wir bei mehreren EU-Gipfeln die Zustände in den Krisenländern lediglich verbal verurteilt. Konkrete Schritte wurden nicht gemacht, jetzt tragen wir die Folgen.“

Die Blicke aller Europäer richten sich daher bereits auf den EU-Sondergipfel, der am Donnerstag in Brüssel nun Antworten auf die brennendsten Fragen des Flüchtlingsproblems finden soll.