Tschechien hat mit Lockerung der Corona-Maßnahmen begonnen
In Tschechien werden die Corona-Beschränkungen gelockert. Damit folgt man dem Beispiel anderer Länder wie Dänemark oder Großbritannien. Trotzdem gibt es auch warnende Stimmen. Sie kritisieren die Regierung dafür, die schrittweise Rückkehr zur Normalität zu früh begonnen zu haben.
Seit diesem Donnerstag gilt in Tschechien: Impfzertifikate oder Nachweise einer Genesung von Corona sind nicht mehr notwendig, um am öffentlichen Leben teilzunehmen. Mit anderen Worten: Auch Nichtgeimpfte können sich nun wieder in Restaurants an den Tisch setzen, ein Hotelzimmer nehmen oder beispielsweise Konzerte, Theateraufführungen und Sportveranstaltungen besuchen. Das heißt, in Tschechien sind sämtliche Regelungen, die man in Deutschland als 3G, 2G oder 2G+ bezeichnet, mit einem Schlag aufgehoben. Premier Petr Fiala (Bürgerdemokraten) begründete diesen Schritt auf einer Pressekonferenz am Mittwoch:
„Aufgrund dessen, wie sich die Zahlen bei den Neuinfektionen und der Belegung von Krankenhausbetten derzeit entwickeln, muss ich sagen: Die Informationen und Vorhersagen der Experten, von deren Schlüssen wir ausgehen, haben sich voll und ganz bestätigt. Das heißt, wir haben unsere Maßnahmen richtig justiert, und deswegen können jetzt die ersten Lockerungen vorgenommen werden.“
Fiala machte indes deutlich, dass ein Teil der Corona-Maßnahmen weiter gilt, insbesondere die Maskenpflicht. Auch die Beschränkung der Teilnehmerzahlen bei Kultur- und Sportveranstaltungen bleibt vorerst bestehen. Die Limits werden ab 19. Februar jedoch erhöht – dann können beispielsweise in Stadien und Sporthallen, die eine höhere Kapazität als 1000 Plätze haben, alle Sitzplätze über der Marke von 1000 bis zu 50 Prozent gefüllt werden. Ab dem 1. März aber sollen auch diese Grenzen fallen, so dass dann – laut Premier Fiala – einzig noch die FFP2-Maskenpflicht erhalten bleibt.
All diese Schritte kommen viel zu früh. Das jedenfalls meinen einige anerkannte Epidemiologen und Virologen des Landes. Zu ihnen gehört die Virologin Ruth Tachezy, Mitglied der interdisziplinären Beratergruppe zur epidemiologischen Lage (MeSES):
„Das kommt einer Resignation gleich. Zudem entsteht nun das Problem, dass die Menschen das Gefühl bekommen, sie müssten nichts mehr tun – also sich weder impfen noch testen lassen oder überhaupt keine Regeln mehr einhalten.“
Der Vizechef des parlamentarischen Gesundheitsausschusses, der Ano-Abgeordnete Julius Špičák, haut in die gleiche Kerbe. Seiner Meinung nach hätten die Lockerungen zur Folge, dass viele Menschen auch die noch bestehenden Corona-Maßnahmen nicht mehr einhalten würden. Denn auf die Eigenverantwortung der Bürger zu setzen, dies funktioniere nicht in Tschechien, so Špičák.
Am Mittwoch betonte Premier Fiala noch einmal, dass sich das Kabinett nicht unter dem Druck einer Gerichtsentscheidung für die relativ frühe Lockerung der Restriktionen entschieden habe. In den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks am Donnerstag bestätigte der Staatssekretär im Gesundheitsministerium Josef Pavlovic (Piraten) diese Aussage in gewisser Weise:
„Es war geplant, die Verordnung zum Immunisierungsnachweis ein paar Tage später aufzuheben. Aber auch aufgrund des Urteils des Obersten Verwaltungsgerichts haben wir unsere Entscheidung um einige Tage vorgezogen.“
Infolge dieser Entscheidung entfällt nun auch der Zweck des mobilfunkgestützten Impf- oder Genesenen-Nachweises im Inland. Dieser Nachweis – hierzulande als „Tečka“ bezeichnet – ist indes für Auslandsreisen weiter von Bedeutung. Und sollte sich die epidemiologische Lage in Tschechien im kommenden Herbst wieder verschlechtern, werde er erneut an Bedeutung gewinnen, ergänzt Pavlovic. Die Regierung in Tschechien geht folglich davon aus, dass die Omikron-Welle so gut wie überstanden ist.