Tschechien reformiert das Glückspiel: höhere Steuern und strengere Kontrollen im Internet

Foto: World Poker Tour, CC BY-NC 2.0

Seit der Wende sind Casinos und Spielotheken ein fester Bestandteil des Straßenbildes tschechischer Städte. Die Einnahmen aus dem Glücksspiel sind gewaltig, doch sie haben auch einen schalen Beigeschmack. Nun wird das Vabanquespiel in Tschechien reformiert. Die Reform betrifft hauptsächlich die Besteuerung des Glücksspiels sowie dessen Einschränkungen im Internet.

Casino auf dem Prager Wenzelsplatz  (Foto: ŠJů,  CC BY-SA 3.0)
Oft scherzt man in Tschechien, dass es auf dem Prager Wenzelsplatz mehr Casinos gäbe als in ganz Österreich. Und tatsächlich: Casinos, Spielotheken und Spielautomaten sind hier und in anderen tschechischen Städten allgegenwärtig. Die Einnahmen der Städte und Gemeinden sind enorm, allein im letzten Jahr beliefen sie sich auf rund 7 Milliarden Kronen (260 Millionen Euro). Insbesondere die Grenzregionen zu Deutschland und Österreich sowie Prag profitieren vom verspielten Geld. Allein die Hauptstadt verdiente im Jahr 2015 fast eine Milliarde Kronen (36 Millionen Euro).

Andrej Babiš  (Foto: ČTK)
Seit einigen Jahren gehen die Ämter aber verstärkt gegen das Glücksspiel vor. Die Betreiber bewegten sich steuerrechtlich lange in einer Grauzone, aber auch Sucht und Verschuldung wurden zu einem immer größeren Problem. Daher sah sich Finanzminister Andrej Babiš (Partei Ano) nun genötigt zu handeln:

„Das Gesetz ist eine Premiere. Es ist die erste Reform des Glücksspiels seit 1990. Nach 26 Jahren haben wir endlich ein modernes Gesetz zur Regulierung des Glücksspiels. Wie Sie vielleicht wissen, zahlten die Betreiber bis zum Jahr 2012 überhaupt keine Steuern. Das Glücksspiel ist ein großes Übel, das uns jährlich 16 Milliarden Kronen kostet. Auch konnten Sozialhilfeempfänger ohne weiteres ihr Geld verspielen. Die Spielerei ist ein Unglück, das zu vielen Selbstmorden geführt und zahlreiche Familien zerstört hat.“

Foto: World Poker Tour,  CC BY-NC 2.0
Das Gesetz betrifft vor allem die Besteuerung des Glückspiels. Weitere Neuerungen sind die Einführung eines Spielerregisters und die stärkere Kontrolle der Online-Spielhöllen. Damit soll auch die bisherige Narrenfreiheit ausländischer Anbieter eingeschränkt werden.

Der Finanzminister musste jedoch bei seinem Gesetzesvorschlag Abstriche machen. Von den geplanten drei neuen Steuersätzen kamen nur zwei durch das Parlament. Zudem wurden Bannmeilen für Spielhallen außer Acht gelassen. Dies bedeutet, dass ein Casino problemlos neben einer Schule eröffnen könnte. Auch Verlustgrenzen und Mindesteinsätze sucht man in dem Gesetzestext vergeblich.

Václav Votava  (Foto: Archiv des Abgeordnetenhauses des Parlaments der Tschechischen Republik)
Babiš übte wegen der Lockerungen Kritik an seinen Koalitionspartnern. Besonders die niedrigeren Steuersätze sind dem Finanzminister ein Dorn im Auge, bedeuten sie doch weitaus geringere Einnahmen. Die Glücksspiellobby habe auf ganzer Linie gesiegt, spottete er.

Vertreter der Sozialdemokraten führten hingegen ganz praktische Gründe für ihre Änderungen im Gesetzestext an. So meint Václav Votava:

„Es geht in erster Linie um die Steuerstabilität. Wir sollten die Steuersätze nicht jedes Jahr verändern. Selbstverständlich müssen wir erst sehen, welchen Effekt die nun festgelegten Steuersätze haben werden.“

Wie zu erwarten war, kam scharfe Kritik an der ganzen Reform von der konservativen Opposition. Den Bürgerdemokraten (Ods) und den Vertretern der Top-09-Partei des Ex-Finanzministers Miroslav Kalousek stößt vor allem die Kontrolle des Glücksspiels im Internet sauer auf. Dem Gesetz nach sollen Beamte des Finanzministeriums in einem bloßen Verwaltungsakt Internetseiten sperren können. Die Gerichte sollen erst im Nachhinein aktiv werden können. Die Konservativen sehen darin einen Angriff auf die Bürgerrechte und den Rechtsstaat. Der Abgeordnete der Top 09 Jan Farský sagte dazu:

Jan Farský  (Foto: Archiv Top 09)
„Das Finanzministerium hat das Recht an sich gerissen, über Legalität und Illegalität zu entscheiden. Ich meine, das ist ein Schritt in eine ganz falsche Richtung.“