Tschechien und Deutschland setzen zunehmend stärker auf Biokraftstoffe
Erdöl ist ein kostbarer Rohstoff. Und aufgrund seiner stabilen und weltweiten Nachfrage auch nicht billig. Ist eine nationale Wirtschaft sehr abhängig vom Erdölimport, dann kann es besonders teuer werden. Das ist der wohl wichtigste Grund, weshalb Länder wie Tschechien und Deutschland immer mehr auf alternative Lösungen setzen. Zum Beispiel auf Biokraftstoffe im Kfz-Bereich.
"Das Thema dieses Seminars ist äußerst aktuell. Das, worüber Sie heute diskutieren werden, liegt derzeit auch bei uns in der Regierung und im Parlament auf dem Tisch. Und es ist nicht einfach, die damit verknüpften Probleme zu lösen."
Mit diesen Worten eröffnete der tschechische Landwirtschaftsminister Petr Gandalovic vor zwei Wochen in der Deutschen Botschaft Prag ein tschechisch-deutsches Seminar, das sich mit der Zukunft von Biokraftstoffen in beiden Ländern befasste. Die Bundesrepublik gehört hierbei nicht nur zu den Pionieren bei der Herstellung dieser Kraftstoffe, sondern war im Jahr 2005 mit knapp 1,7 Millionen Tonnen auch der größte Produzent von Biodiesel unter den Staaten der Europäischen Union. Wie Jiri Tvrdon von der Wirtschaftsfakultät der Prager Landwirtschaftsuniversität informierte, braucht sich aber auch die Tschechische Republik auf diesem Gebiet nicht zu verstecken:
"Die Tschechische Republik lag 2005 auf dem vierten Platz mit 127.000 Tonnen Biodiesel. Zwischen Deutschland und Tschechien auf den Rängen zwei und drei lagen Frankreich und Italien mit rund 500.000 bzw. 400.000 Tonnen. Das benachbarte Österreich zum Beispiel produziert hingegen nur 85.000 Tonnen, und das als ökologisch progressiv eingestufte Dänemark sogar nur 71.000 Tonnen Biodiesel."
Professor Tvrdon ließ also von Anfang an keinen Zweifel daran, dass das Seminar von den Experten zweier Länder bestritten wird, die auf dem Gebiet der Biokraftstoffe schon einiges in Bewegung gesetzt haben. Und dass die Nutzung von Biokraftstoffen schon längst den Zeichen der Zeit entspricht, das bekräftigte Birger Kerckow von der deutschen Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe:
"Ich möchte hinweisen auf die Importabhängigkeit, die in der Europäischen Union bei Erdöl besteht. Zurzeit werden bereits 82 Prozent des Rohöls in die EU importiert, und das unter anderem aus Ländern, die nicht unbedingt die stabilsten Verhältnisse haben. Es wird davon ausgegangen, dass der Importanteil in den nächsten zehn bis fünfzehn Jahren noch einmal deutlich zunimmt, weil die Ressourcen innerhalb der EU weiter zurückgehen."
Die knapper werden Ressourcen bei fossilen Brennstoffen sind jedoch nur ein Grund für den immer wichtiger werdenden Einsatz von Biokraftstoffen als Antriebsmittel. Kerckow nannte weitere Felder, in denen ihre Nutzung von Vorteil ist:
"Sie können zum Umwelt- und Klimaschutz beitragen, die Sicherung der Energieversorgung gewährleisten sowie zusätzliche Einkommen für die Land- und Forstwirtschaft schaffen. Darüber hinaus können sie Arbeitsplätze in ländlichen Regionen schaffen und nicht zuletzt auch technische Innovationen fördern."
Dieser Vorteile ist sich auch die tschechische Seite längst bewusst, weshalb Landwirtschaftsminister Gandalovic in Entwicklung, Herstellung und Verbrauch von Biokraftstoffen auch eine Chance sieht:"Ich sehe das nicht nur als Beitrag der Tschechischen Republik zur Lösung von wichtigen Umweltfragen an, sondern auch als eine der größten Chancen für unsere Landwirtschaft."
Die tschechische Landwirtschaft, die vor dem EU-Beitritt überwiegend ein Verlustgeschäft war, weist statischen Angaben zufolge in den letzten drei Jahren einen Gewinn von 250 bis 320 Millionen Euro aus. Das sei aber vor allem auf die hohen EU-Subventionen zurückzuführen, die aber andererseits die Landwirte von diesen Zuschüssen abhängig machen, betont der Präsident der tschechischen Agrarkammer, Jan Veleba. Da mehr und mehr Lebensmittel von außen in das Land schwemmen und die einheimische Produktion immer weiter zurückgeht, ist vielmehr eine Situation entstanden, die die Eigenwirtschaftlichkeit der hiesigen Bauern einschränke, sagt Veleba. Diese Entwicklung hat letztlich auch zu einem Rückgang der Beschäftigten in der Landwirtschaft geführt - seit dem EU-Beitritt Tschechiens haben 20.000 Menschen die Äcker und Ställe verlassen, was einem Arbeitsplatzabbau von 13 Prozent entspricht, so Veleba. Und wenn die EU-Subventionen ab dem Jahr 2013 vermutlich schrumpfen werden, drohen weitere Einschnitte, wird befürchtet.
Und deshalb spricht Landwirtschaftsminister Gandalovic von einer großen Chance für die Landwirte. Mit dem Anbau von Getreide und Zuckerrüben produzieren sie die Rohstoffe für Bioethanol, das dem Normalbenzin beigemischt wird. Mit Rapsöl und anderen nichttrocknenden Pflanzenölen erzeugen sie die Ausgangsstoffe für das Biodiesel. Deswegen sind die Landwirte auch erfreut darüber, dass Regierung und Parlament die so genannte energetische Landwirtschaft unterstützen. Ein deutlicher Beleg dafür ist die am vergangenen Mittwoch im Abgeordnetenhaus behandelte Gesetzesnovelle zum Schutz der Atmosphäre. Darin wird vorgeschrieben, dass ab 1. Januar 2008 Biokraftstoffe zum herkömmlichen Benzin beigemischt werden müssen. Dank eines Vorschlags des parlamentarischen Umweltausschusses soll Rapsölmethylester dem Dieselkraftstoff sogar schon ab 1. September dieses Jahres beigemischt werden. Die Novelle muss zwar noch die dritte Lesung durchlaufen, doch es gilt als sicher: Das Signal zum gesetzlich festgelegten Verbrauch von Biokraftstoffen wird bald auf Grün gestellt.
Die Beimischung von Rapsölmethylester in den herkömmlichen Dieselkraftstoff war eigentlich schon seit 1998 in Tschechien gang und gäbe. In den Mischungen waren nicht weniger als 30 Prozent Methylester enthalten. Ihr Verbrauch wurde durch eine niedrige Mehrwertsteuer vom Staat gefördert. Durch strikte EU-Richtlinien, die eine solche Förderung als Diskrimnierung für die Hersteller fossiler Brennstoffe auslegten, musste sie Ende 2005 eingestellt werden. Dadurch wurde der umweltfreundliche Diesel im Nu um zwei Kronen je Liter teurer und er verschwand vom Markt. Im Herbst vergangenen Jahres hat die Regierung Topolanek das bereits erwähnte Modell der niedrigprozentigen Pflichtbeimischung von Biokraftstoffen auf den Weg gebracht, das kurz vor seiner Einführung steht. Der geringfügige Anteil der Biokraftstoffe soll dabei im Jahr 2008 bei zwei Prozent und ein Jahr später bei 3,5 Prozent liegen. Dieses Modell wird jedoch nicht finanziell vom Staat gestützt, so dass sich die Frage stellt, ob der Tschechischen Republik daraus nicht Nachteile gegenüber anderen EU-Staaten erwachsen. Keineswegs, erklärte Marek Svetlik vom Landwirtschaftsministerium gegenüber Radio Prag:"In anderen Staaten gibt es verschiedene Formen zur Unterstützung von Biokraftstoffen. Diese Unterstützung gibt es jedoch nur dann, wenn man entweder reinen Biokraftstoff tankt oder mindestens einen zehnprozentigen Bioanteil beimischt. Wir haben uns deshalb für das Modell der niedrigprozentigen Beimischung entschieden, weil es unserer Meinung nach keiner staatlichen Unterstützung bedarf. Bei einem Kraftstoffgemisch mit einem Bioanteil von bis zu fünf Prozent erhöht sich der Verbraucherpreis nur minimal. Daher ist keine Unterstützung nötig."
Ob mit oder ohne Unterstützung, viele tschechische Bauern sehen in der energetischen Landwirtschaft in der Tat ihre Zukunftschance. Und diese Chance wollen sie beim Schopfe packen.