Tschechien unter Druck vor seiner EU-Ratspräsidentschaft

Nicolas Sarkozy (Foto: ČTK)

In Brüssel gibt es anscheinend Überlegungen, die derzeitige französische EU-Ratspräsidentschaft oder zumindest den Einfluss des französischen Vorsitzes in der EU zu verlängern. Das schreiben jedenfalls angesehene Zeitungen in Europa wie „Le Monde“ aus Frankreich, die „Financial Times Deutschland“ oder der „Kurier“ aus Österreich. Nach den Franhzosen sollen die Tschechen die Ratspräsidentschaft übernehmen. Tschechien gilt aber als Unsicherheitsfaktor innerhalb der EU. Patrick Gschwend hat mit Radio-Prag-Redakteur Till Janzer gesprochen.

Nicolas Sarkozy  (Foto: ČTK)
Was wird in den Zeitungen zum Wechsel in der EU-Ratspräsidentschaft gechrieben?

„Die Titel sagen schon alles: ´Mach´s noch mal Sarko´, heißt es beim Kurier oder die Financial Times Deutschland schreibt es gleich Französisch: ´Sarkozy, encore une fois´. Tatsache ist, dass Sarkozy vom sonst eher kritischen EU-Parlament viel Lob zuteil wird. Auch die Regierungszentren der anderen EU-Länder und der EU-Kommissionschef Barroso klatschen Beifall. Gelobt wird Sarkozy für sein Krisen-Management - und zwar nach dem irischen Nein zum Lissabon-Vertrag, im Georgienkrieg und bei der Finanzkrise. Die Vorstellung, dass Tschechien mit all diesen Problemen nicht klarkommen könnte, wenn es in gut zwei Monaten turnusgemäß den EU-Ratsvorsitz übernimmt, bereitet vielen Bauchschmerzen.“

Der tschechische Regierungschef Mirek Topolánek gilt als europaskeptisch und noch viel mehr der tschechische Staatspräsident Václav Klaus. Der bange Blick nach Prag dürfte sicher damit zu tun haben…

Premier Mirek Topolánek  (Foto: ČTK)
„Genau, diese Skepsis gegenüber Europa wird in allen Zeitungen genannt. Außerdem sagen einige, dass die Tschechen kaum Erfahung in EU-Angelegenheiten haben und das Land sehr klein ist. In der Financial Times Deutschland heißt es zum Beispiel: ´Alle wissen, dass der kleine Beitrittsstaat wahrscheinlich wie die anderen kleinen EU-Staaten nicht in der Lage wäre, Europa in vergleichbaren Krisen angemessen zu führen.´ Nicht explizit aufgeführt wird, dass Tschechien als einer der wenigen Mitglied-Staaten immer noch nicht den EU-Reformvertrag von Lissabon verabschiedet hat.“

Wie reagieren denn die tschechischen Politiker auf diese ganzen Spekulationen? Für die muss das doch ein Schlag vor denKopf sein...

„Da muss man zwei Dinge unterscheiden. Die mögliche Verlängerung der französischen EU-Ratspräsidentschaft, die kann es gar nicht geben und wird daher auch von allen tschechischen Spitzenpolitikern als gegenstandslos bezeichnet. Der Wechsel an der Spitze ist in den Grundstatuten der EU geregelt und kann nicht so einfach geändert werden. Das andere Problem ist: Bei der Vorbereitung des EU-Ratsvorsitzes soll es nur einen Koch geben und das soll ein tschechischer sein.“

Wer will - und vor allem wie - will man denn den Tschechen in den Topf gucken?

„Das ist noch nicht ganz klar, da gibt es bisher nur Presseberichte. Es wird überlegt, die Zusammenarbeit innerhalb der 16 Staaten der Euro-Zone zu intensivieren. Und während des EU-Gipfels zur Rettung der Banken in der vergangenen Woche hat sich die tschechische Delegation – in den Augen vieler anderer Europäer - erneut als Querulant präsentiert. Sarkozy drängt nun angeblich auf eine Art Wirtschaftsregierung der Euro-Staaten. Das wäre natürlich schon ein starkes Gegengewicht zur EU-Ratspräsidentschaft.“