Tschechien unterstützt Forderung der Weißrussen nach freien Wahlen
Auch die Tschechen unterstützen zu Tausenden die Menschen in Belarus. Am Samstag und Sonntag demonstrierten sie in Prag und Brno / Brünn, sie hissten die historische Flagge von Weißrussland, und tschechische Politiker äußerten sich deutlich und unmissverständlich. Die Weißrussen gehen seit einer Woche auf die Straße, weil sie das offenbar gefälschte Ergebnis der Präsidentschaftswahlen als Betrug ansehen. Sie fordern daher den Rücktritt von Amtsinhaber Alexander Lukaschenko.
„Freiheit, Freiheit“, solche und ähnliche Sprechchöre waren auf dem Protestmarsch am Samstag zu hören. Rund 400 Demonstranten zogen dabei durch die Prager Altstadt. Einer von ihnen war František Kopřiva, ein Abgeordneter der Piraten-Partei:
„Ich bin hier, um die protestierenden Weißrussen zu unterstützen, die nichts anderes wollen als freie Wahlen beziehungsweise eine Wiederholung der letzten Wahl unter fairen Bedingungen. Daher empfinde ich es als normal, mich den Emigranten aus Belarus anzuschließen und von hier aus eine Botschaft hinauszusenden.“
Eine Botschaft, die auch auf vielen Transparenten zu lesen war mit Aufschriften wie „Lukaschenko ist nicht unser Präsident“ oder „Stoppt die Gewalt“. Einen Tag später fanden sich bereits 5000 Menschen in Prag zu einer weiteren Demonstration ein, sie wurde von den Organisatoren der Aktion „Freies Belarus 2020“ initiiert. Auf der Kundgebung sprach auch der unabhängige Senator Pavel Fischer:
„Wir fordern unsere Regierung auf, nicht davor zurückzuschrecken, möglichst harte Sanktionen einzuleiten. Sanktionen, die sich gezielt gegen die Befehlshaber der Polizeikräfte richten müssen, die gewaltsam gegen Demonstranten vorgegangen sind, sowie gegen die engsten Mitarbeiter von Präsident Lukaschenko.“
Die tschechische Regierung hat schon recht früh auf die Unruhen in Minsk und anderen weißrussischen Städten reagiert. Am Freitag forderte Premier Andrej Babiš (Partei Ano) via Twitter, dass die Wahlen in dem Land wiederholt werden müssen. Und am Sonntag verlautbarte er sogar, die Europäische Union müsse die Menschen in Belarus ermutigen, eine ähnliche Umwälzung in ihrem Land zu vollziehen, wie es im November 1989 die Tschechen und Slowaken in Form der Samtenen Revolution getan haben. Eine Meinung, die auch Außenminister Tomáš Petříček (Sozialdemokraten) teilt:
„Ich sehe es genauso wie unser Premier: Die Lage in Belarus erinnert in Vielem an die Ereignisse in der Tschechoslowakei im Jahr 1989. Damals wollte die Gesellschaft eine Veränderung, sie wollte ein besseres Leben, Wachstum und frei darüber entscheiden, wohin der Weg des Landes führen soll. Und ich denke, dass die Weißrussen dasselbe Recht dazu haben.“
Im Zusammenhang mit den Protesten in Belarus stellt ebenso Senatschef Miloš Vystrčil (Bürgerdemokraten) den Bezug zur eigenen Geschichte her:
„Ich wünsche den Weißrussen auch eine Samtene Revolution. Ich wünsche, dass sie sich nicht unterkriegen lassen und am Ende das bekommen, für das sie heute eintreten: freie und faire Wahlen.“
Von guten Wünschen allein aber wird sich die Situation in Belarus nicht ändern. Daher fordert Außenminister Petříček unter anderem, dass alle EU-Staaten den Druck auf das Regime um Machthaber Lukaschenko erhöhen:
„Tschechien will eine einheitliche und starke Position der Europäischen Union. Die EU ist ein bedeutender Partner Weißrusslands. Neben den Sanktionen, die bereits angekündigt wurden, haben wir noch weitere Instrumente, um Einfluss zu nehmen. Wir können die Zivilgesellschaft in Belarus noch mehr unterstützen. Wir müssen zudem darauf drängen, dass beide Seiten in Verhandlungen treten – die Vertreter des Regimes auf der einen Seite sowie die dortige Opposition und Vertreter der Zivilgesellschaft auf der anderen Seite. Am Ende liegt es an den Weißrussen selbst, wie sie die Lage lösen und welche Zukunft sie für ihr Land wollen.“
Prag unterstützt also ein konzertiertes Vorgehen der EU. Nichtsdestotrotz werde Tschechien selbst den Druck erhöhen, sollten die europäischen Sanktionen auf sich warten lassen, stellte Vizepremier und Innenminister Jan Hamáček (Sozialdemokaten) klar:
„Es ist notwendig, auf das Regime Druck auszuüben, damit es zumindest zugibt, dass die Wahlen nicht rechtens waren und dass die Forderung nach Neuwahlen legitim ist.“