In Tschechien wird hitzige Debatte über Freigabe von Marihuana geführt
In Tschechien wird derzeit eine hitzige Debatte zur Handhabe des Verbots zum Vertrieb und zur Konsumierung von Marihuana geführt. Auslöser dieser Debatte ist der Vorsitzende des Regierungsrats zur Koordinierung der Antidrogen-Politik, Vizepremier Petr Mares, der eine Lockerung dieses Verbots gefordert hat. Auf welche Reaktionen er dabei traf, dazu mehr von Lothar Martin.
Die Abgeordnetenfraktion der tschechischen Christdemokraten (KDU-CSL) hat sich entschieden gegen die Absicht ausgesprochen, den bisher unter Gefängnisstrafe gestellten Besitz von leichten Drogen zu lockern und die Strafe zum Beispiel durch eine Geldbuße zu ersetzen. Denn genau dies sieht der Vorschlag von Petr Mares vor, der sich andererseits jedoch für noch drastischere Sanktionen für den Besitz, Vertrieb und Konsum von harten Drogen aussprach. Laut Mares sei es wissenschaftlich erwiesen, dass Marihuana weit weniger die Gesundheit schädige als zum Beispiel der Alkohol- und Tabakgenuss. Dem hält der christdemokratische Drogenexperte Josef Janecek entgegen, dass Marihuana die menschliche Gesundheit gefährde und eine Einstiegsdroge vor dem Gebrauch von härteren Drogen darstelle. Dem wiederum widerspricht der Direktor der Gesellschaft für Drogenberatung "Drop-in", Jirí Presl:
"Das Rauchen von Marihuana ist wirklich nichts besonderes. Das ist sicher eine sehr tolerante Haltung, aber dem ist einfach so."
Presl räumt zwar ein, dass die Hemmschwelle, Marihuana zu konsumieren, bei jungen Menschen weitaus geringer ist als bei älteren, so dass gerade die ältere Generation den Marihuana-Genuss weit weniger toleriert als das ansonsten hierzulande der Fall ist. Bei harten Drogen, wie zum Beispiel Heroin, werde eine solche Toleranz allerdings nicht hingenommen, betont Presl. Zu dem Vorwurf aber, dass Marihuana eine Einstiegsdroge sei, äußerte sich Presl folgendermaßen:
"Das würde ich wiederum nicht so dramatisch sehen, denn das bedeutet doch nicht, dass all diejenigen, die Marihuana konsumieren, irgendwann auf harte Drogen umsteigen. Diese Erfahrung gehört ganz einfach zu den häufigen Erfahrungen, die Jugendliche in einem bestimmten Alter machen. Viel mehr kann man daraus nicht ableiten."
Eine Auffassung, die der Direktor der Nationalen Antidrogen-Zentrale Jirí Komorous ganz und gar nicht teilen kann, da seiner Meinung nach eine Legalisierung des Marihuana-Konsums, wie sie vom Regierungsrat zur Koordinierung der Antidrogen-Politik vorgeschlagen wurde, zwangsläufig zu einem weiteren Anstieg der Kriminalität führen würde. Denn, so Komorous, es sei nachgewiesen, dass gerade Drogenabhängige immer wieder einer Straftat überführt würden, wie es vor allem die von ihnen zumeist in Autos und Wohnungen durchgeführten Diebstähle oder der Taschendiebstahl seien. Denn nur so kämen sie an die für ihren Drogenkonsum benötigten Gelder heran, weiß Komorous. Er sprach sogar davon, es sei "langfristig erwiesen, dass 70 Prozent der Konsumenten von harten Drogen mit Marihuana begonnen haben." Und dieser Fakt sei alarmierend. Jirí Presl hingegen sieht dies anders:
"Nun, ich würde es als eine Situation bezeichnen, die man nicht unterschätzen sollte. Aber als alarmierend oder katastrophal würde ich sie nicht bezeichnen."
Bleibt abzuwarten, wie die Situation letztendlich von den Abgeordneten und Senatoren zu dem Zeitpunkt gesehen wird, wenn sie womöglich über ein neues Anti-Drogen-Gesetz abstimmen werden.