Tschechiens Cracks erneut ohne Fortune / Slavia Prag mit Fortuna im Bunde

Slavia Prag (Foto: ČTK)

Tschechien blieb bei der Eishockey-Weltmeisterschaft in Kanada erneut ohne Medaille und wurde nur Fünfter. Ein ernüchterndes Ergebnis. Aber kein Vergleich zu dem urplötzlichen Kollaps, der Rekordmeister Sparta Prag in der nationalen Fußball-Meisterschaft widerfahren ist. Die Gunst der Stunde nutzte Lokalrivale Slavia Prag zu seinem ersten Titelgewinn seit 1996.

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Die Eishockey-Weltmeisterschaft in Kanada ist seit Sonntag schon wieder Geschichte. Sie endete mit dem 5:4-Sieg der russischen Sbornaja über das Team des Gastgebers in der Verlängerung des Finales von Quebec. Es war das erwartet spannende und hochklassige Endspiel der beiden zurzeit mit Abstand besten Mannschaften des Welteishockeys. Und es verlief in etwa genauso, wie es Josef Augusta, der ehemalige tschechische Auswahlspieler und Nationaltrainer vorausgesagt hatte:

„Ich denke, dass das Spiel womöglich durch die Torhüter entschieden wird. Und es wird die Mannschaft gewinnen, der das Glück etwas mehr hold ist. Andererseits denke ich, dass Kanada vor eigenem Publikum äußerst stark im Angriff sein wird, so dass die russische Abwehr Schwerstarbeit verrichten muss. Ich wage zwar keinen Tipp, bin aber der Meinung, dass wir hervorragendes Eishockey zu sehen bekommen.“

Und eine solche Partie sahen die Zuschauer dann auch in der Eis-Arena in Quebec und an den TV-Geräten. Nach 15 Jahren konnten die Russen erstmals wieder eine Weltmeisterschaft gewinnen und damit nach Titeln zum Eishockey-Mutterland Kanada aufschließen. Beide Länder haben jetzt 24 WM-Trophäen geholt.

Trainer Alois Hadamczik  (Foto: ČTK)
Die tschechische Mannschaft hingegen landete im geschlagenen Feld. Wie im Vorjahr scheiterte sie bereits im Viertelfinale. Da war es dann auch kein Trost, dass diesmal der fünfte anstatt der siebte Platz heraussprang. In der Runde der letzten Acht war Schweden der Gegner der Spieler um Kapitän Tomáš Kaberle. Nach nervösem Beginn führten die Tschechen bis dreieinhalb Minuten vor Ablauf der regulären Spielzeit mit 2:1, mussten dann aber noch den Ausgleich und in der Verlängerung den K.o.-Schlag zum 2:3 quittieren. Einer ihrer Besten, Angreifer Tomáš Rolínek, der das zwischenzeitliche 1:1 erzielt hatte, war nach dem Spiel entsprechend enttäuscht:

Russland ist Weltmeister  (Foto: ČTK)
„Das Spiel war sehr ausgeglichen, mit einem letztlich für uns sehr unglücklichen Ausgang. Was hat die Partie entschieden? Ganz sicher, dass wir gut drei Minuten vor Spielende noch den Ausgleich kassiert haben. Das hat uns sehr deprimiert. Doch es stand ja 2:2, also hätten wir noch gewinnen können. In der Verlängerung haben wir dann allerdings ein Foul begangen, das sich kaum vermeiden ließ, weil der Puck führende Schwede sonst allein auf unser Tor gezogen wäre. Die 3:4-Unterzahl haben wir überstanden, doch gleich darauf erzielten die Schweden das glückliche Siegtor, als ein Schuss, der neben das Tor ging, von einem Schlittschuh abgefälscht wurde und letztlich in unserem Tor landete.“

Die tschechische Mannschaft, die mit 16 NHL-Spielern gespickt war und die bei dieser WM durchaus zu gefallen wusste, konnte also ein weiteres Mal den Bock nicht umstoßen. Unter anderem deshalb, weil sie auf der Torhüterposition mit Milan Hnilička einen Goalie hatte, der schon weit bessere Tage gesehen hat. Im russischen Ufa, wo er bis zu Saisonende unter Vertrag stand, war er zuletzt nur sporadisch eingesetzt worden. Ein Manko, das auch Vladimír Růžička, dem Trainer und Manager des tschechischen Meisters Slavia Prag, nicht verborgen blieb:

„Hnilička hatte zuvor lange nicht im Tor gestanden. Das war keine einfache Situation für ihn. Aber im Spiel gegen Schweden hat er, so denke ich, sehr ordentlich gehalten. Leider hat er den Puck vor dem dritten Tor fallen gelassen, so dass wir das unglückliche Siegtor der Schweden kassiert haben. Ansonsten aber hat Hnilička eine sehr gute Leistung geboten.“

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Aber selbst die beste Turnierleistung von Hnilička reichte nicht, um das frühe Aus zu verhindern. Dafür reichte es Trainer Alois Hadamczik, der nach dem Ausscheiden erklärte, dass er seinen auslaufenden Vertrag nicht verlängern werde. Folglich muss ein neuer Trainer gefunden werden. Der aussichtsreichste Kandidat dafür ist eben jener Růžička, der die tschechische Auswahl zuletzt 2005 in Wien zum Titel führte. Entgegen der beiden vergangenen Jahre kann sich Růžička eine Rückkehr als Nationalcoach inzwischen durchaus vorstellen, allerdings nur unter gewissen Bedingungen:

„Ganz sicher werde ich mich nicht gegen diese Aufgabe wehren. Doch ich möchte kein Trainer sein, der nur mit der Auswahl zur Euro-Hockey-Tour und zur WM fährt. Ich brauche die tägliche Arbeit mit Spielern auf dem Eis und hinter der Bande, was nichts anderes heißt, dass ich weiterhin auch Trainer von Slavia Prag sein will. Die Doppelbelastung traue ich mir zu, es ist schließlich eine Ehre für jeden Trainer, die Nationalmannschaft zu coachen. Es ist das Allerhöchste. Wenn mir der Posten des Nationaltrainers unter diesen Voraussetzungen angeboten wird, werde ich bestimmt nicht nein sagen.“

Die SPORT- Reportage

Slavia Stadion in Eden  (Foto: ČTK)
Der Jubel kannte keine Grenzen, als am Samstagnachmittag gegen 16.45 Uhr im neuesten und modernsten Fußballstadion der Tschechischen Republik, im Prager „Eden“, der Schlusspfiff ertönte. Der Schlusspfiff nach dem ersten Heimspiel des SK Slavia Prag in der modernen Arena, aber auch der Schlusspfiff für eine ganz verrückte Punktspielsaison in der höchsten Spielklasse des Landes, der Gambrinus-Liga. Zur Erinnerung: Nach Abschluss der Herbstrunde lagen die Rot-Weißen aus dem Stadtteil Vršovice mit fünf Punkten Vorsprung auf den Stadtkonkurrenten und Vorjahresmeister Sparta Prag an der Tabellenspitze. Drei Spieltage vor Ultimo aber lag auf einmal der Erzrivale mit vier Punkten vorn. Also alles entschieden? Denkste! Der Titelverteidiger bekam urplötzlich das große Nervenflattern und verlor zwei wichtige Heimspiele in Folge – auch wegen der erneuten Disziplinlosigkeit eines seiner Führungsspieler. Slavia nutzte die Gunst der Stunde, gewann zweimal auswärts und machte mit dem abschließenden 2:2-Unentschieden vor eigenem Publikum gegen Jablonec nad Nisou / Gablonz den Sack zu. Nach 1996 holte sich der Traditionsverein damit seine zweite Meisterschaft in der seit 1993 bestehenden Gambrinus-Liga. Der einzige in der Mannschaft, der schon vor zwölf Jahren half, die Meisterschaft zu gewinnen, war Mittelfeldspieler Vladimír Šmicer. Der 34-Jährige war erst vor der Saison aus dem Ausland, wo er elf Jahre lang in Frankreich und England spielte, zu seinem Stammverein zurückgekehrt. Und wie seine Teamkollegen hatte er sich viel für die jetzt beendete Saison vorgenommen. Ziele, die sich alle erfüllt haben:

Slavia Prag  (Foto: ČTK)
„Für mich ist ein Traum in Erfüllung gegangen. Und nicht nur das, denn es haben sich alle unsere Ziele erfüllt, die wir uns vor der Saison gestellt haben: die Erringung des Meistertitels, der Einzug in die Hauptrunde der Champions League und die Eröffnung des neuen Stadions. Es ist einfach unglaublich, dass uns das alles gelungen ist. Ich bin überaus glücklich, dass ich dabei sein durfte. Und weil wir es trotz unserer Formschwäche zu Beginn des Frühjahrs geschafft haben, sind wir wirklich glücklich darüber.“

Vladimír Šmicer  (Foto: ČTK)
Aber es gab noch mehrere glückliche Gesichter am vergangenen Samstag. Zum Beispiel in Teplice, wo der gastierende SK Kladno trotz einer 0:1-Niederlage die Klasse halten konnte, da auch Aufsteiger Bohemians 1905 nicht gepunktet hat. In Ostrau verlor der Prager Traditionsverein mit 0:2 und muss daher zusammen mit dem FK Siad Most den Gang in die zweite Liga antreten. Beim gastgebenden FC Baník Ostrau dagegen hatte man gleich zweimal Grund zum Jubel. Zum einen war der 2:0-Erfolg gleichbedeutend mit dem dritten Platz und der damit verknüpften Teilnahme am kommenden Uefa-Cup. Und auch der beste Torjäger der Liga, Baník-Angreifer Václav Svěrkoš, durfte sich freuen. Für den 24-Jährigen, der zwischen 2003 und 2007 in Mönchengladbach, bei Hertha BSC und bei Austria Wien spielte, kam die frohe Kunde, dass er von Nationaltrainer Karel Brückner in das vorläufige Aufgebot der tschechischen Auswahl für die EM-Endrunde in der Schweiz und Österreich berufen wurde.

„Ich freue mich sehr darüber und hoffe, dass ich auch bei der endgültigen Nominierung noch im Team bin. Denn ich würde gerne dazu beitragen, dass wir bei der EM erfolgreich sind. Durch die Medien war ich informiert darüber, dass über meine Berufung in den EM-Kader spekuliert wurde. Dass es aber tatsächlich geklappt hat, das freut mich sehr.“

Autor: Lothar Martin
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