Tschechiens UMTS-Lizenzen - Goldesel oder Reinfall?
Herzlich willkommen bei einer weiteren Ausgabe unserer Magazinsendung mit Themen aus Wirtschaft und Wissenschaft. UMTS - das waren noch vor einigen Monaten vier Buchstaben mit magischem Klang. Sie stehen für Mobilfunk der dritten Generation, und als die Auktion solcher Lizenzen in Grossbritannien und Deutschland zweistellige Milliardenbeträge in US-Dollars einbrachten, freuten sich wohl auch die Finanzminister der übrigen Staaten auf die neuen Goldesel. Inzwischen hat der Enthusiasmus aber einer nüchternen Betrachtungsweise Platz machen müssen, und auch Tschechien wird wohl die hochgeschraubten Erwartungen an die Einkünfte aus den vier zum Verkauf stehenden UMTS-Lizenzen etwas relativieren müssen. Denn die zukünftigen ewinne aus der neuen Technologie stehen noch in den Sternen, vor allem wenn sich die Telekomgesellschaften schon für den Erwerb einer Lizenz finanziell ausbluten müssen. Denn nachher kommt der wirklich teure Teil - der Aufbau eines Netzes, und wo für die Konsumenten angesichts der erwartenden grossen Konkurrenz die Schmerzgrenze für UMTS-Dienste liegen wird, bleibt erst noch abzuwarten. Zu viele Unbekannte also in der Gleichung über die Mobiltelekommunikation der Zukunft.
Die Abkürzung UMTS steht für Universal Mobile Telecommunications Systém, und gemeint ist damit ein Mobilfunksystem einer neuen Generation, das nicht nur, wie die bisherigen Netze, hauptsächlich auf Telefonie ausgelegt ist, sondern auch Hochgeschwindigkeitsübertragung von Daten ermöglicht. Klagen die Besitzer von Mobiltelefonen heute bei den üblichen GSM-Systemen über die Langsamkeit der Übermittlung, wenn es beispielsweise um einen mobilen Internet-Anschluss geht, so soll dieses Problem mit UMTS der Vergangenheit angehören. Denn das eigentliche Telefonieren dürfte in den Hintergrund rücken gerade zu Gunsten von Datenübertragungen, die etwa Bildübermittlungen für Videokonferenzen oder Hochgeschwindigkeits-Internetzugänge und weitere derartige Errungenschaften ermöglichen.
Ob sich allerdings UMTS tatsächlich auf breiter Front durchsetzen wird, das steht noch in den Sternen geschrieben. Es handelt sich um eine neue Technologie, die sich in Entwicklung befindet. Deshalb ist es für die zukünftigen Netzbetreiber nicht einfach, die Rechnung für die Zukunft schon zu machen. Zumal für einzelne Bereiche schon andere Lösungen auf dem Markt sind, beispielsweise die GPRS-Technologie, die schon jetzt Hochgeschwidigkeits-Datenübermittlung über die bestehenden Mobiltelefone erlaubt. Dass in die UMTS-Technologie dennoch hohe Erwartungen gesetzt werden, zeigen die astronomischen Preise, die die Versteigerung von UMTS-Lizenzen in Grossbritannien und Deutschland erzielten - 22.5 Milliarden britische Pfund in Grossbritannien, fast 100 Milliarden Mark in Deutschland.
Inzwischen wird dieser Optimismus allerdings nicht mehr überall geteilt. In Italien und Österreich endeten die Auktionen von UMTS-Lizenzen mit einem Fiasko, in der Schweiz kam sie gar nicht zustande, in Polen musste sie verschoben werden, in Frankreich zeichnet sich ein solches Szenario ab. Der Grund ist einfach. Die finanzstarken Spieler übernahmen sich in Grossbritannien und Deutschland kostenmässig und können sich weitere entsprechende Einsätze gar nicht leisten. Davon hat, dies sei zwischen den Zeilen gesagt, auch Tschechien schon einen Schaden davongetragen, denn die niederländische Telefongesellschaft KPN hat ihre Investitionsvorhaben in das tschechische Festnetz gerade aus finanziellen Gründen aufgegeben. Zweitens dürfte aber auch bei einigen Regierungen ein Umdenken stattgefunden haben. Werden die Lizenzen zu überhöhten Preisen verkauft, freut sich der Staat über die Einkünfte zwar jetzt, nicht aber unbedingt später, wenn die Betreiber von UMTS-Netzen möglicherweise Verluste machen und dem Staatshaushalt deshalb wenig Steuereinnahmen abliefern. Deshalb beginnt sich ein anderes Denkmodell zu etablieren: Aus dem Verkauf der Lizenzen nicht das Maximum herauszupressen, die künftigen Netzbetreiber nicht vorzeitig finanziell zu erschöpfen, damit letztlich nicht der Konsument die Zeche bezahlen muss.
Wegen des zurückgegangenen Interesses steht auch in Tschechien vorläufig in den Sternen, ob der Staat die erhofften 20 Milliarden Kronen einnehmen wird. Skeptiker glauben, dass dies nicht der Fall sein wird, dass sogar zweifelhaft sei, ob es Interessenten für die vier zur Vergabe stehenden Lizenzen geben wird. Drei Lizenzen werden die bestehenden Mobilfunkanbieter, die Netze nach dem GSM-Standard betreiben, erwerben können; und zwar vor dem Hintergrund dessen, dass sie in den Aufbau von Mobilfunknetzen bisher nicht unbedeutende Mittel investiert haben. Für die vierte Lizenz ist eine Auktion vorgesehen. Die bestehenden Mobiltelefongesellschaften sind nach vorliegenden Informationen allerdings nur bereit, dafür einen Preis von bis zu drei Milliarden Kronen zu bezahlen. Mit unsicherem Interesse für die vierte Lizenz gehen nüchterne Analytiker deshalb davon aus, dass die optimistische Obergrenze der Einkünfte aus dem Lizenzverkauf eher bei 10 als 20 Milliarden Kronen liegen dürfte. Mit Blick auf die Preise, die auf mittelgrossen Telekommunikationsmärkten wie Österreich, der Schweiz oder den Niederlanden erzielt wurden, fällt die Prognose gar noch bescheidener aus. In diesen drei Ländern wurde pro Lizenz im Durchschnitt ein Preis von 220 Millionen US-Dollar erzielt. Bei Umrechnung auf Marktpotential und Kaufkraft in der Tschechischen Republik wäre hier ein Lizenzpreis von rund 50 Millionen Dollar realistisch. Auf Grund solcher Berechnungen würde sich die Regierung mit nur 6 bis 8 Milliarden Kronen für drei oder vier Lizenzen begnügen müssen.
Die Frage stellt sich, ob die Regierung den Verkauf der UMTS-Lizenzen nicht zu früh anstrebt, und zwar darum, um ihre chronischen Finanzlöcher im Staatshaushalt damit zu stopfen. Fachleute sind nämlich der Ansicht, dass es besser wäre, mit der Vergabe der vierten Lizenz über eine noch etwa zwei Jahre zu warten. Darum nämlich, um den finanziell erschöpften Operatoren eine Regenerationspause einzuräumen und das Interesse an einem Engagement in Tschechien anwachsen zu lassen. Mit etwas Abstand zur gegenwärtigen UMTS-Euphorie oder Hysterie liesse sich auch die Kostenberechnung für die Zukunft seriöser anstellen. Denn wie Al Tolstoy, Generaldirektor eines in Tschechien tätigen Mobilfunknetzbetreibers, gegenüber der Tageszeitung Pravo sagte, dürfte die UMTS-Technologie erst mittelfristig, etwa um das Jahr 2005 herum, ihren Platz auf dem Markt finden. Erst dann wird es demzufolge auch zuverlässig möglich sein, das Gewinnpotential abzuschätzen, und erst auf einer solchen Grundlage könnte verantwortungsbewusst ein Entscheid gefällt werden, wieviel es sich für den Erwerb einer Lizenz zu investieren lohnt. Denn wie schon kurz erwähnt, ist der Erwerb einer Lizenz erst der Anfang grosser Aufwendungen. In Tschechien beispielsweise wird der finanzielle Aufwand für den Aufbau eines UMTS-Netzes auf rund 400 Millionen Dollar, also etwa 15 Milliarden Kronen, geschätzt. Diese Kosten müssen, zusammen mit den Kosten für den Lizenzerwerb, aber wieder amortisiert werden, und zwar über die Benutzungsgebühren. Die Frage darf deshalb zumindest gestellt werden, ob sich eine Beteiligung am UMTS-Business für all diejenigen lohnen wird, die sich heute für teures Geld um Lizenzen balgen.
Die tschechische Regierung scheint dennoch entschlossen, nach dem ursprünglichen Fahrplan vorzugehen. Dieser sieht vor, dass der Chef der staatlichen Telekommunikationsbehörde, David Stadnik, bis Ende September das Ende letzten Jahres in Angriff genommene Auswahlverfahren für vier Betreiber von UMTS-Netzen abschliesst und die entsprechenden Lizenzen erteilt. Noch muss allerdings die Regierung die verbindliche Form des Auswahlverfahrens genehmigen.