Tschechisch-deutsche Fachtagung über Frauenhandel

"Prag - Berlin / Zentren des Frauenhandels" so lautete der Titel der tschechisch-deutschen Fachtagung, die Ende der vergangenen Woche im nordböhmischen Liberec / Reichenberg stattfand. Mehr dazu von Jitka Mladkova.

Die Tschechische Republik und die Bundesrepublik Deutschland sind sowohl Transit- als auch Zielländer für Frauenhandel. Polizeibehörden in Prag und Berlin sind in diesem Zusammenhang besonders gefordert. In Liberec kamen Vertreter verschiedener Organisationen aus beiden Ländern zusammen, um über ihre Erkenntnisse und Erfahrungen aus diesem Bereich zu informieren. Ein Gedankenaustausch über die Struktur der staatlichen und nicht-staatlichen Maßnahmen, mit deren Hilfe der Kampf gegen den Frauenhandel geführt werden soll, erwies sich als nützlich. Einer der Konferenzteilnehmer war Dirk Mittelstädter vom Landeskriminalamt Berlin. Was nimmt er als Vertreter einer Behörde, die im Unterschied zu der tschechischen Seite auf einen wesentlich längeren Kampf gegen alle Formen des Frauenhandels zurückblicken kann, von diesem Treffen mit, war eine der Fragen an ihn im Interview mit Radio Prag. Hier ist seine Antwort:

"Als positiv habe ich bestimmt mitgenommen, dass auch in der Tschechischen Republik sehr engagierte Fachberatungsstellen mit sehr sehr viel Ideen am werke sind. Wie genau die polizeilich Praxis zu bewerten ist, z. B. die Zusammenarbeit der tschechischen Polizei mit den Fachberatungsstellen ist, ist für meinen Geschmack leider etwas zu kurz gekommen, weil der angekündigte Kollege aus Prag, der über die Situation meines Erachtens hätte berichten sollen, wie ich es für Berlin vorgetragen habe, leider nicht gekommen ist. Ich nehme aber an, dass - wie ich es den Ausführungen der einzelnen Vertreter von tschechischen Fachberatungsstellen entnehmen konnte, diese Zusammenarbeit stattfindet, die beiderseitig ist. So wie in Berlin - wenn die tschechischen Kollegen eine Frau haben, die sie als Opfer erkannt haben und betreut wissen wollen, einen vertrauensvollen Partner in den Fachberatungsstellen finden, und umgekehrt Kontakt von den Fachberatungsstellen zu der Polizei gesucht wird. Details um eine Gewichtung oder Wertung sind heute leider etwas zu kurz gekommen."

Das Landeskriminalamt Berlin hat eine gute Übersicht über das Berliner Rotlichtmilieu, und so wollten wir von Dirk Mittelstädt wissen, wie viel (in Anführungsstrichen) "Spielraum" hier Tschechen bzw. Tschechinnen einnehmen und wie oft man mit ihnen als Kriminalbehörde in Berührung kommt:

"Sehr wenig, es hat auch sehr abgenommen. Es war Anfang der 90er Jahre mit der Öffnung der mittelsteuropäischen Bereiche. Es kamen vor allem polnische und tschechoslowakische Frauen . In ihrem Hintergrund agierten auch die männlichen Täter - die Schlepper, Schleuser, Beschaffer dieser Frauen. Mit dem Rückgang der polnischen und tschechischen Frauen hat natürlich auch die Täterklientel sehr stark abgenommen. Es ist als sicher anzusehen, dass die Tschechische Republik nicht mehr nur Transitland, sondern auch Zielland für die Frauen der ehemaligen SU ist und mithin die tschechischen Täter, Tatverdächtigen, die seinerzeit in Berlin waren, mit ihren Frauen oder neuen Frauen aus der Tschechischen Republik hier im eigenen Lande der Tätigkeit nachgehen."

Die Bedeutung eines Gedanken- bzw. Erfahrungsaustausches zwischen den beteiligten Institutionen und Organisationen beider Länder wurde zwei Tage später durch eine Meldung der Nachrichtenagentur CTK faktisch, wenn auch indirekt, untermauert. Ihr zufolge hat die Tschechische Polizei am Freitag einen internationalen Gang zerschlagen, der auf dem Gebiet des Frauenhandels tätig war. In den Grenzregionen von Sokolov / Falkenau und Cheb/ Eger wurden in sechs Erotik-Klubs 24 Personen festgenommen, 14 von ihnen des Frauenhandels beschuldigt. Festgenommen wurden auch 70 Prostituierte, überwiegend aus der Ukraine, Moldawien und Russland. Wie der CTK - Meldung zu entnehmen war, waren tschechische Polizeibeamte von der Behörde zur Aufdeckung des organisierten Verbrechens gemeinsam mit ihren Kollegen aus Deutschland, der Ukraine und Moldawien der Schlepperbande seit April vergangenen Jahres auf der Spur.