Tschechisch von London bis Tokio: Junge Bohemisten treffen sich in Prag

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Tschechisch ist bei weitem keine Weltsprache. Dennoch gibt es weltweit Menschen, die sich genau mit dieser Sprache beschäftigen. Wissenschaftler, die dies tun, heißen Bohemisten. Die Tschechischen Zentren wollten nun vor allem den jungen Bohemisten auf den Zahn fühlen und haben bereits zum dritten Mal einen Übersetzer-Wettbewerb gestartet. Am Mittwoch haben sich die Sieger im Tschechischen Zentrum in Prag getroffen.

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Anna Bolavá hat mit ihrem Roman „Do tmy“, den diesjährigen Literaturpreis Magnesia litera in der Kategorie Prosa gewonnen. Es ist aber kein Grund zum Schämen, wenn man das Buch im Original nicht lesen kann. Tschechisch ist ja immerhin keine Weltsprache wie Englisch oder Französisch.

Wer den Text von Anna Bolavá aber sehr gut verstanden hat, sind die zwölf Sieger des Susanna-Roth-Übersetzerwettbewerbs. Diesen haben die Tschechischen Zentren gemeinsam mit einer Kunst- und Theater-Organisation ausgeschrieben. Die erfolgreichen Übersetzer und Jung-Bohemisten sind in dieser Woche zu einem Treffen und einem Seminar in Prag und Brno / Brünn zusammengekommen.

Wie kommt man jedoch dazu, sich mit der tschechischen Sprache auseinanderzusetzen, wenn man auf dem anderen Ende der Weltkugel sitzt? Die Übersetzerin Mei Kashima ist aus Japan ins Tschechische Zentrum nach Prag gekommen:

„Das erste Mal bin ich vor rund zehn Jahren mit Tschechisch in Berührung gekommen. Damals habe ich bei einer Familie in Ostrau gelebt. Im Großen und Ganzen lerne ich die Sprache alleine. Trotzdem mache ich aber auch einen Kurs im Tschechischen Zentrum.“

Alfons Mucha  (1860-1939)  | Foto: ČTK
Doch wie sieht es allgemein mit der Bohemistik in Japan aus? Und was ist aus der tschechischen Kultur überhaupt in den Fernen Osten gekommen? Mei Kashima:

„In Japan gibt es eine Universität, die Fremdsprachen-Universität Tokyo, an der man verschiedene Sprachen lernen kann. Tschechisch ist natürlich eine davon. Das ist aber auch sonst der einzige Ort, an dem die Sprache gelehrt wird. Aus der tschechischen Kultur ist für die Japaner vor allem Alfons Mucha am interessantesten. Er wird als Künstler hoch geschätzt.“

Doch nicht nur in Japan ist Tschechisch exotisch. Auch bei den Nachbarn in Österreich wird man zunächst ungläubig gemustert, wenn man sich als Bohemist zu erkennen gibt. Und das trotz der langen gemeinsamen Geschichte. Claudia Marek, eine Bohemistin aus Salzburg, hat damit ebenfalls ihre Erfahrungen gemacht:

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„Viele wissen erst gar nicht, was das ist, die Bohemistik. Die Reaktionen sind dann teilweise merkwürdig. Die meisten haben aber dann doch einen positiven Bezug, weil sie sagen: ‚Ach ja, mein Opa kam von dort!‘ oder ‚meine Oma kann das ja auch!‘ Oft herrscht aber auch immer noch das Bild vor, dass Tschechien irgendwann einmal irgendwo bei Russland war.“

Immerhin aber fristet die Bohemistik in Österreich nicht ein solches Nischendasein wie in Japan. Sie gehört von Linz bis Graz zum gängigen Hochschulkanon. Claudia Marek:

„Die Bohemistik in Österreich existiert. Ich kann jetzt nur von Salzburg reden. Da ist sie leider nicht so groß. Wien ist da angeblich ein weitaus größeres Zentrum für Tschechisch. In Salzburg ist es dafür umso familiärer und intensiver.“