Tschechische Denkmalpflege: Unklare Kompetenzen gefährden historische Bauten
Tschechien ist reich an Baudenkmälern. Fast in jedem Ort sind sie zu finden, bis hin zu architektonischen Perlen wie Prag oder Český Krumlov / Krumau, die zum Unesco-Weltkulturerbe gehören. Umso schlimmer, dass der Denkmalschutz im Land aber nur unzureichend funktioniert. Seit fünf Jahren wird dies bereits vom Amt des Ombudsmannes kritisiert. Nun hat sich die stellvertretende Bürgerbeauftragte beziehungsweise stellvertretende Ombudsfrau Jitka Seitlová eingeschaltet. Sie mahnt dringende Änderungen bei der Verteilung der Kompetenzen im Denkmalschutz an.
„Das Nationale Denkmalschutzamt ist vom Staat eingerichtet worden und soll dem Gesetz nach als Fachorgan den Denkmalschutz garantieren, hat aber keine Kompetenzen. Das Amt gibt Stellungnahmen heraus, wird aber letztlich nicht respektiert.“
Bereits seit dem Jahr 2007 weisen der Ombudsmann und seine Mitarbeiter die tschechische Regierung und das Parlament immer wieder auf diesen Missstand hin und unterbreiten auch Vorschläge für Änderungen. Doch geschehen ist nichts, die Folgen seien nun zu sehen:
„Es wird immer schlimmer, die Baudenkmäler verfallen so sehr, dass einige nicht mehr zu retten sind“, so SeitlováEines der jüngeren Beispiele: das historische Eishockeystadion auf der Prager Moldauinsel Štvanice. Trotz Aufforderung hatten die Behörden des Prager Magistrats ihr Konzept zur Rettung des Gebäudes nicht mit dem Nationalen Denkmalschutzamt abgestimmt. Dabei steht das Stadion seit 2003 unter Denkmalschutz. Der Magistrat ließ den Besitzer schalten und walten, bis Anfang vergangenen Jahres das Dach einstürzte und abgerissen werden musste. Nun sei ein Großteil des bauhistorisch wertvollen Gebäudes zerstört, sagt Seitlová.
Dem stimmt der Prager Kunsthistoriker Zdeněk Lukeš in dieser Weise nicht zu. Seiner Meinung nach ist das Eishockeystadion noch nicht verloren. Der funktionalistische Bau stammt aus dem Jahr 1931 und wurde von Architekt Josef Fuchs entworfen:„Was entfernt wurde, ist ein Holzaufbau aus den 50er Jahren, der nichts mit dem ursprünglich funktionalistischen Stadion gemeinsam hatte. Deswegen ist bisher nichts Schlimmes geschehen. Ideal wäre es, das Stadion so wieder instand zu setzen, wie es bei der Eröffnung in der Ersten Republik ausgesehen hat.“
Das könne man aber nur hoffen, ergänzt Lukeš. Auch wenn der Kunsthistoriker im konkreten Fall also eine Rettungsmöglichkeit sieht, stimmt er der allgemeinen Kritik der stellvertretenden Ombudsfrau zu. Auch er hält eine Klärung der Kompetenzen im Denkmalschutz für dringend nötig. Während Jitka Seitlová jedoch vorschlägt, dem nationalen Amt das letzte Wort zu geben, hält Lukeš dies für problematisch:
„Der Prager Magistrat geht zwar häufig zu großzügig mit den Besitzern von Baudenkmälern um, die Beamten im Nationalen Denkmalschutzamt sind aber wiederum manchmal zu unnachgiebig und ohne Verständnis für die einzelnen Fälle.“Zudem sieht Zdeněk Lukeš noch einen weiteren Grund für die Probleme im tschechischen Denkmalschutz: die lächerlich geringen Strafen für Verstöße.