Denkmalschutzinstitut: Weniger bekannte Baudenkmäler punkten bei Besuchern
Schon zum zweiten Mal in Folge war die Saison auf den tschechischen Burgen und Schlössern wegen der Corona-Pandemie verkürzt. Dies hat sich auch in diesem Jahr auf die Besucherzahlen ausgewirkt. Auf der anderen Seite hatten auch weniger bekannte Baudenkmäler ungeahnten Zulauf. All dies haben Vertreter des Nationalen Instituts für Denkmalpflege vergangene Woche bei einer Pressekonferenz bilanziert.
Das Nationale Institut für Denkmalpflege verwaltet über 100 Burgen, Schlösser und weitere historische Baudenkmäler. In diesem Jahr haben rund 3,1 Millionen Menschen die Sehenswürdigkeiten besucht. Das waren etwa 450.000 Besucher weniger als im vergangenen Jahr. Auch letztes Jahr begann die Hauptsaison wegen der Corona-Pandemie erst im Juni. Aber die Corona-Maßnahmen seien in diesem Jahr strenger gewesen, merkte Naděžda Goryczková an. Sie leitet das Denkmalschutzinstitut:
„An den Führungen durften nur kleinere Gruppen mit bis zu zehn Besuchern teilnehmen. Dies führte dazu, dass auch die Besucherzahlen insgesamt niedriger waren. Im Vergleich zu 2019, als es noch keine Corona-Maßnahmen gab, ist in diesem Jahr die Zahl der Besucher um etwa zwei Millionen gesunken.“
In diesem Jahr sei besonders das Fehlen ausländischer Besucher zu spüren gewesen, betont die Expertin:
„Dies hat sich vor allem auf die Besucherzahlen in den Unesco-Kulturerbestätten wie Český Krumlov oder Lednice ausgewirkt, aber auch auf den Besuch auf Schloss Hluboká. Dies ist zwar keine Unesco-Sehenswürdigkeit, aber das Schloss ist bei ausländischen Touristen sehr beliebt. In diesen Residenzen sank die Zahl der Besucher sogar um mehr als die Hälfte. Der Grund war vor allem der Ausfall von Touristen aus dem Ausland. Teilweise haben Tschechen die fehlende ausländische Kundschaft ersetzt. Man muss aber zugeben, dass sie im vergangenen Jahr die beliebten großen Residenzen stärker besucht haben. In diesem Jahr kamen nicht mehr so viele einheimische Touristen. Sie haben eher kleinere regionale Sehenswürdigkeiten besucht.“
Naděžda Goryczková und ihre Mitarbeiter bestätigen jedoch, dass auch ausländische Bewunderer historischer Baudenkmäler in letzter Zeit wieder nach Tschechien kommen.
„Es ist jedoch eine langsame Rückkehr. Dies hängt auch mit der Corona-Lage in der gesamten Welt zusammen. So kommen sehr wenige oder fast gar keine Touristen aus den USA und aus Asien. Besucher aus europäischen Ländern reisen indes wieder nach Tschechien.“
Valeč, Velhartice, Vimperk
Goryczková zufolge waren in diesem Jahr besonders Burgareale sowie kleinere Residenzen gut besucht. Ihrer Ansicht nach interessierten sich die tschechischen Besucher, darunter viele Familien mit Kindern, besonders für Baudenkmäler, die sie zuvor nicht kannten.
„Es handelt sich vor allem um Sehenswürdigkeiten, die zuvor restauriert wurden. Dazu gehören die Schlösser Slatiňany und Vimperk und die Burg Pernštejn genauso wie die Gärten unterhalb der Prager Burg. Sehr beliebt waren auch Burgen und Burgruinen, weil die Corona-Maßnahmen bei einer Besichtigung unter freiem Himmel nicht so streng waren. Dies gilt für die Burg Krakovec und die beiden nahe beieinander liegenden Burgen Točník und Žebrák. Sie wurden sogar von mehr Menschen als 2019 besucht.“
Gestiegenes Interesse bestand laut Goryczková in diesem Jahr zudem an Residenzen, in denen neue Dauerausstellungen gezeigt oder neue Rundgänge angeboten wurden. Ein Beispiel dafür ist die Burg Velhartice in Südwestböhmen mit einer Ausstellung über den Dreißigjährigen Krieg. Und nach fast 20 Jahren wurde das Hauptgebäude des Schlosses Veltrusy wieder geöffnet. Das Schlossgelände, das nördlich von Prag liegt, war 2002 vom Hochwasser stark beschädigt worden. Goryczková würdigte zudem die neue Dauerausstellung auf Schloss Valeč / Waltsch in Westböhmen.
„Wir haben zusammen mit Studierenden der Ladislav-Sutnar-Fakultät für Design aus Pilsen an dieser zusammengearbeitet. Sie haben eine Schau erstellt über die Fresken, die aus der zerstörten St. Wolfgang-Kirche in Doupov in das Schloss gebracht worden sind. Die Ausstellung soll ein Mahnmal sein für diese nicht mehr existierende Stadt (In den 1950er Jahren wurde in der Gegend ein Truppenübungsplatz errichtet, Anm. d. Red.). Das Schloss beherbergt seit vergangenem Jahr zudem eine weitere Schau, die ebenso von den Design-Studenten aus Pilsen zusammengestellt wurde. Diese präsentiert die Barockstatuen von Matthias Bernhard Braun, die nach mehr als 40 Jahren wieder in Valeč zu sehen sind.“
Reliquienschrein des Heiligen Maurus in neuem Museum
Als Aufsteiger des Jahres bei den Besucherzahlen gelten die Gärten unterhalb der Prager Burg. Rund 20.000 Menschen haben diese in der Saison besucht. Helena Špáňová verwaltet die Gärten:
„Wir waren selbst von diesen Zahlen überrascht. Ich nehme an, dass viele Besucher gekommen sind, um die Gärten nach der vor kurzem beendeten Restaurierung zu begutachten. Die Arbeiten an einem weiteren Teil der Gärten werden fortgesetzt.“
Durch die Gärten spazierten vor allem tschechische Besucher. In letzter Zeit kämen aber auch immer mehr Ausländer, sagt Helena Špáňová:
„Zahlreiche Touristen kamen aus Deutschland, England und Italien, einfach aus ganz Europa. Aber die Mehrheit bilden immer noch tschechische Besucher.“
Das Denkmalschutzinstitut plant aber auch für den Rest der Saison noch einen interessanten Coup. So soll der aus dem 13. Jahrhundert stammende wertvolle Reliquienschrein des Heiligen Maurus auf der Burg und dem Schloss Bečov / Petschau in Westböhmen in neuer Form präsentiert werden. Naděžda Goryczková:
„Die Instandsetzungsarbeiten am Renaissancepalast Pluhovské domy gehen zu Ende. Dort wird der Reliquienschrein gezeigt. Im neuen Museum wird die Geschichte des Kunstwerks beschrieben. Die feierliche Eröffnung ist für den 24. November geplant, und noch vor Weihnachten kann auch die breite Öffentlichkeit kommen. Künftig möchten wir diesen Teil der Residenz auch im Winter zugänglich machen.“
„Auf den Spuren der Adelsfamilien“ heißt ein Projekt, das vom Nationalen Institut für Denkmalpflege vor elf Jahren ins Leben gerufen wurde. Jedes Jahr stand seitdem im Zeichen einer der bedeutenden Adelsfamilien, die in den böhmischen Ländern lebten und leben. In diesem Jahr lag der Fokus auf dem Adel im Zeitalter der Aufklärung:
„Das Zentrum des thematischen Jahres befand sich auf der Burg Pernštejn. Dort wurde nach einigen Jahren der restaurierte Obrigkeitsgarten eröffnet, der zur Zeit der Aufklärung entstanden ist. An den Aktivitäten zu diesem thematischen Kreis haben mehr als 40 Burgen und Schlösser in ganz Tschechien teilgenommen.“
Europäischer Preis für Rožmberk
Die Arbeit der tschechischen Denkmalschutzexperten ist im Übrigen in diesem Jahr sogar auf internationaler Ebene gewürdigt worden. Der Europa Nostra Award ist eine Art Oscar für den Denkmalschutz. Die Tschechen erhielten diesmal eine Ehrenanerkennung. Naděžda Goryczková:
„Es ist nicht das erste Mal, dass unsere Arbeit gewürdigt wurde. Wir haben vor vier Jahren sogar den Grand Prix für die Restaurierung des Barockhospitals Kuks bekommen. Aber wir schätzen jede Art der Anerkennung, die wir bekommen. Diesmal wurde die Instandsetzung des Turms Jakobínka auf der Burg Rožmberk gewürdigt. Während der Arbeiten an der Restaurierung des Turms konnten sich die Besucher mit den traditionellen Verfahren bekannt machen, die dabei genutzt wurden. Die Jury hat nicht nur die Arbeit der Restauratoren gewürdigt, sondern auch eben die Tatsache, dass diese den Besuchern erklärt und gezeigt wurde. Ausgezeichnet wurden wir für unsere hervorragende Arbeit mit dem Kulturerbe.“
Obwohl die Hauptsaison vorbei ist, sind immer noch rund 20 Burgen und Schlösser meist an den Wochenenden zugänglich. Für die Advents- und Weihnachtszeit werden Sonderprogramme und Führungen vorbereitet.