Wertvolle Wandmalereien aus der Zeit des Rokoko und Neoklassizismus auf Schloss Merklín entdeckt
Das Schloss der Gemeinde Merklín / Merklin in Westböhmen erhielt seine heutige Gestalt zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Mittlerweile hat dort das Gemeindeamt seinen Sitz. Vor einem Jahr wurde begonnen, einen früher als Kino genutzten Saal zu einem Veranstaltungsraum umzugestalten. Doch die Arbeiten wurden nun gestoppt, weil man auf wertvolle alte Wandmalereien gestoßen ist.
Die Bauarbeiter staunten nicht schlecht: Bei der Renovierung eines ehemaligen Kinosaals auf Schloss Merklín südwestlich von Plzeň / Pilsen stießen sie an den Wänden auf Malereien. Schnell wurden Fachleute zu Rate gezogen. Jiří Sankot vom Denkmalschutzamt im nahen Städtchen Přeštice / Pschestitz erläuterte im Interview für die Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks:
„Dort sind mehrere Schichten von Wandmalereien. Die ältesten stammen aus der Zeit des Rokoko und sind also noch vor dem Umbau des Schlosses in den Jahren 1824 und 1825 entstanden. Und dann gibt es noch klassizistische Malereien, die eben gerade aus der Zeit des großen Umbaus stammen.“
Die Bauarbeiten ruhen nun, stattdessen sind die Denkmalschützer am Werk…
„Ich klopfe hier die monochromen Übermalungen ab. Das ist der Anstrich ohne Ausschmückung, er ist also einfarbig und stammt aus jüngerer Zeit“, erläutert der Restaurator Hanuš Joža. Und weiter:
„Ein Teil der Wandmalereien soll restauriert werden, wahrscheinlich jener, zu dem auch die monumentalen Pilaster in dem Raum gehören.“
Das Schloss in Merklín entstand 1670 durch den Umbau einer älteren Festung. Die Ausschmückungen im Stil des Rokoko stammen noch aus der Zeit der Grafen Morzin, denen das Anwesen damals gehörte. Für die Neugestaltung im 19. Jahrhundert war dann Johann Nepomuk Karl Graf Kolowrat-Krakowsky-Brzeznitz (Jan Nepomuk Karel Krakovský z Kolovrat) verantwortlich. Er ließ wohl auch einen alten Turm abreißen, der zu dem Gebäude gehört hatte.
Nach dem Tod von Kolowrat-Krakowsky-Brzeznitz ging das Schloss an seinen Neffen Eduard Graf Pálffy von Erdöd über. Dieser Familie gehörte das Anwesen in Merklín bis Kriegsende 1945. Da der letzte Eigentümer 1941 deutscher Reichbürger geworden war, wurde die Familie gemäß der Beneš-Dekrete enteignet, und das Schloss fiel dem tschechoslowakischen Staat zu. Auf Antrag der Gemeinde wurde 1947 aus ihm ein kulturelles Zentrum. Denkmalschützer Jiří Sankot ergänzt:
„Im Jahr 1951 nutzte die Gemeinde staatliche Fördergelder, um einen Kinosaal aus dem Sokol-Gebäude hierher umzuziehen. Da der ursprüngliche Große Saal des Schlosses aber zu klein war, wurde die Zwischenmauer zum Billard-Zimmer eingerissen.“
So entstand der heutige Saal. Für die Gemeinde Merklín ist die Entdeckung der Wandmalereien Fluch und Segen zugleich. Bürgermeisterin Jana Nováková (parteilos) erläutert das Dilemma:
„Wir hatten uns entschlossen, das Kino aufzulösen und einen Multifunktionssaal entstehen zu lassen. Er sollte sowohl der Gemeinde zur Verfügung stehen, als auch der Schule und dem Kindergarten. Insgeheim hatten wir gehofft, dass schon die Veranstaltungen zu Weihnachten in dem neuen Saal abgehalten werden könnten. Leider oder glücklicherweise wurden die Malereien entdeckt. Und derzeit müssen wir klären, wie wir diese teilweise erhalten und restaurieren lassen können.“
Das Rathaus hat deswegen beim Kreisamt in Pilsen einen Zuschuss für die Restaurierungsarbeiten beantragt. Allerdings besteht Uneinigkeit mit den Denkmalschützern: Diese würden gerne die gesamten Wandmalereien restauriert sehen, die Gemeinde kann sich dies jedoch finanziell bisher nicht vorstellen.