Tschechische Entwicklungshelfer zu Hause und weltweit

Wasser für Äthiopien (Foto: www.clovekvtisni.cz)

Seit einigen Jahren widmet sich die Stiftung "Clovek v tísni/Mensch in Not" verstärkt der Entwicklungshilfe. Vor allem durch ihre weltweiten humanitären Einsätze haben sich die heute 120 Helfer einen Namen und namhafte Tschechen wie Vaclav Havel zum Freund gemacht. Ein Bericht von Daniel Satra.

In Jugoslawien versucht "Mensch in Not" die Bedingungen geistig Behinderter zu verbessern, in Armenien kämpft die Stiftung gegen die Arbeitslosigkeit in der Region Charentsavan an. Doch auch Afrika ist Ziel der Tschechen: In Äthiopien bauen die tschechischen Helfer eine Grundschule und bohren nach Wasser. In Namibia hat die Stiftung ein Reintegrationsprojekt mit HIV-infizierten Menschen ins Leben gerufen. Viele der Entwicklungshilfeprojekte von "Mensch in Not" haben als humanitärer Einsatz begonnen, jetzt nutzen die Helfer ihre Erfahrungen um Strukturen zu schaffen: "Linking Relief, Rehabilitation and Development", kurz LRRD, nennt dies die Europäische Union, also die Verbindung von Nothilfe, Wiederaufbau und Entwicklung. Über das seit kurzem angelaufene HIV-Projekt im namibischen Keetmanshoop berichtet Jan Plesinger von "Mensch in Not":

"Einer unserer Mitarbeiter vor Ort hat Menschen ausgesucht, die jetzt in Werkstätten arbeiten, wo sie Produkte zum Beispiel aus Stoff herstellen, wie ausgestopfte Puppen oder Tiere, oder auch nützliche Artikel wie Decken mit afrikanischen Mustern und so weiter."

In einer Feldstudie und mit Hilfe lokaler Sozialarbeiter konnte "Mensch in Not" in der strukturschwachen Region im Südwesten Namibias HIV-Infizierte in den Slums ausfindig machen und bisher rund 30 Personen Arbeit in ihrer Werkstatt verschaffen. Nutzgüter, wie Decken, werden am heimischen Markt verkauft, Souvenirs mittlerweile nach Tschechien geliefert.

Doch "Mensch in Not" blickt beim Thema Entwicklungshilfe nicht allein ins Ausland. Aufbauhilfe auch im eigenen Land sei erforderlich, ist sich Jan Plesinger sicher und skizziert soziale Problemlagen in Tschechien:

"Wir haben hier auch ein Team, das sich mit so genannter Sozialarbeit im Feld befasst. Sie arbeiten vor allem mit gesellschaftlich ausgeschlossenen Communities, meist mit Roma, aber auch mit anderen. Die Arbeit mit Communities, die häufig in größeren Städten in ghetto-ähnlichen Verhältnissen leben, ähnelt zum Beispiel sehr der Arbeit in Äthiopien und Namibia."

Eines dieser heimischen Projekte konzentriert sich auf Geldwucher, ein unter Roma verbreitetes Problem, bei dem Familien tief in die Schuldenspirale geraten, weil sie auf Wucherzinsen einzelner Kredithaie reinfallen.

Doch Entwicklungshilfe in Tschechien ist kein Leichtes, meint Plesinger. So kurz vor dem EU-Beitritt ist auch bei "Mensch in Not" die Angst groß vor der Konkurrenz der vielen europäischen Nichtregierungsorganisationen bei der Verteilung der wenigen europäischen Töpfe. Neben unterschiedlichen staatlichen Fonds ist "Mensch in Not" bereits heute auf finanzielle EU-Unterstützung angewiesen, dazu kommen Spendengelder aus der tschechischen Bevölkerung. Diese zahlt bereitwillig für humanitäre Hilfseinsätze, doch Entwicklungshilfe ist als Thema in Tschechien noch nicht so recht angekommen, sagt Plesinger:

"In der Tschechischen Republik fehlt ein allgemeines Verständnis, was Entwicklungshilfearbeit bedeutet, daher arbeiten wir gerade an einem Projekt, das das Bewusstsein dafür verstärken soll".

Die weltweite Ausbreitung der Lungenkrankheit SARS hätte zum Beispiel gezeigt, wie sehr auch Tschechen die Lebensbedingungen anderer Staaten auf dem Globus interessieren sollten.