Tschechische Filme ringen auch in Ausland um Anerkennung

Foto: CTK

Seit 8. Februar war sie wieder in aller Munde, also fast in aller Munde, die Berlinale! Dies trifft diesmal auch für tschechische Filmfans in erhöhtem Maße zu, denn Tschechien hatte auch sein Eisen im Feuer, sprich einen Wettbewerbsbeitrag. Doch nicht nur von diesem, sondern auch von einem anderen tschechischen Streifen soll im nun folgenden Kultursalon die Rede sein. Der schickt sich nämlich an, in absehbarer Zeit zu einer Kinotournee nach Übersee aufzubrechen. Mit Informationen aus der Welt des Films kommt Jitka Mladkova:

´Ich habe den englischen König bedient´
Insgesamt 22 Filme aus der ganzen Welt konkurrierten im Wettbewerb um den Goldenen und Silbernen Bären bei der 57. Berlinale. Wenn Sie diese Sendung hören, werden das traditionsreiche Filmfestival bereits beendet und seine Preise verteilt sein. Die Gewinner waren uns vor Redaktionsschluss noch nicht bekannt. Oder auch nicht, wie der Streifen abgeschnitten hatte, der erstmals seit 1990 wieder im Wettbewerb der Berlinale war. Hierzulande schlägt er mit über 450.000 Besuchern den Zuschauerrekord und führt seit neun Wochen die Rangliste an. Sein Titel: "Ich habe den englischen König bedient". Mit dem Film hat sein Regisseur Jiri Menzel nach genau 17 Jahren wieder an der Berlinale teilgenommen. Damals erhielt er für "Lerchen am Faden" den Goldenen Bären. "Ich kehre immer wieder gerne nach Berlin zurück, aber ich mache mich jetzt nicht gleich verrückt" - das war die Devise des Oscar-gekrönten Regisseurs noch vor dem Festival.

Menzels Film, der nach dem gleichnamigen Roman von Bohumil Hrabal entstanden ist, rollt zwei Jahrzehnte europäischer Geschichte aus der Perspektive eines Prager Kellners auf. Der "kleine Mann von der Straße" erlebt im Räderwerk großer Politik der Zwischenkriegszeit seinen Aufstieg und seinen Niedergang. Der Film - mit Julia Jentsch in der Frauenhauptrolle - behandelt am Rande auch die Nachkriegsvertreibung der Sudetendeutschen aus der Tschechoslowakei und die kommunistische Machtübernahme im Lande. Er zeige auch - so der Regisseur in einem Presseinterview - den nicht immer angenehmen Charakter der Tschechen. Nun, unabhängig davon, wie Jiri Menzel bei der Berlinale abgeschnitten hat, wird bald auch das deutsche Publikum die Gelegenheit haben, den neuen tschechischen Film zu sehen. Die internationalen Rechte hatte vor kurzem die Bavaria Film erworben.

´Ich habe den englischen König bedient´
Stichwort "Kraska v nesnazich", auf Deutsch etwa "Die Schöne in Not." Das gleichnamige Gedicht von Robert Graves inspirierte den Drehbuchautor Petr Jarchovsky und den Regisseur Jan Hrebejk zu einer Filmgeschichte, in der die Hauptdarstellerin, eine junge Frau, vor ein Liebesdilemma gestellt wird. In ihrer Liebesbeziehung zu zwei Männern balanciert sie zwischen sexueller Abhängigkeit auf der einen und der gesicherten Zukunft für sie und ihre Kinder auf der anderen Seite. Hinzu kommt ein ganzes Geflecht von anderen komplizierten Beziehungen, die ihr immer neue Entscheidungen abverlangen, sei es im Verhältnis zu ihrer Mutter, ihrem Stiefvater oder ihrer Schwiegermutter. Eine hinreißende Geschichte voller dramatischer Momente und unerwarteter Situationen, gewürzt mit Tragik und Komik gleichermaßen, und das alles mit exzellenten Leistungen der tschechischen Starschauspieler Ana Geisslerova, Josef Abrham, Jana Brejchova, Jiri Schmitzer und Emilia Vasaryova.

"Die Schöne in Not" ist der sechste Film von Jan Hrebejk. Er zählt zu den erfolgreichen Filmschaffenden mittlerer Generation der Nachwendezeit. Die von ihm gedrehten Streifen "Jahre des Schakals", "Pupendo", "Pelisky/Gemütliche Nischen", "Hals über Kopf" oder "Wir müssen zusammenhalten" haben jeweils großen Zulauf vom Kinopublikum erlebt sowie etliche Filmpreise geerntet -letzterer wurde im Jahr 2000 für den Oscar nominiert.

´Die Schöne in Not´  (Foto: Petr Nasic)
Hrebejks jüngster Film wurde zum ersten Mal auf dem Internationalen Filmfestival in Karlsbad im vergangenen Jahr vorgestellt und trug einen Sonderpreis der Jury davon. Am 8. September 2006 ging er in die Kinos und wurde gleichzeitig zu internationalen Filmfestivals geschickt. Mittlerweile ist die "Schöne in Not" zweimal als bester ausländischer Film gekürt worden. Zunächst im kalifornischen Santa Barbara und vor wenigen Tagen in Denver, US-Bundesstaat Colorado. Ondrej Trojan, der Produzent dieses Films und Regisseur des Oscar-nominierten Streifens Zelary, sagt dazu:

"An beiden Festivals wurden um die 400 abendfüllenden Filme gezeigt. In den USA werden derartige Veranstaltungen in großem Format ausgerichtet. Bei den beiden Festivals gewann unser Streifen den ersten Preis jeweils in der Kategorie der nicht englischsprachigen Filme. Die Bewertung "bester ausländischer Film" ist von großer Bedeutung für unseren Film. Zum Sommerbeginn soll er in den USA in den Verleih gehen und die beiden Filmpreise gelten daher als gute unentgeltliche Reklame. Wir freuen uns sehr darüber."

´Die Schöne in Not´  (Foto: Petr Nasic)
Durch erfolgreiches Abschneiden bei Festivals kann ein Film Renommee erwerben, das ihm weiter helfen kann. Sich in der Welt durchzusetzen ist gar nicht leicht. Die Bedeutung der Filmfestivals in Denver und Santa Barbara, bezogen auf ihren Stellenwert in der Kulturlandschaft der USA, seien vergleichbar, sagt Ondrej Trojan und ergänzt:

"Die beiden Preise sind gleichbedeutend und für den amerikanischen Filmmarkt kaum zu unterschätzen. Das sind die kleinen "Palmen", die - wenn wir mit unserem Film in den Verleih gehen - auf den Postern zu sehen sind und vom amerikanischen Publikum sehr gut wahrgenommen werden. Zwei in den USA erworbene Preise für einen Film signalisieren schon, dass dieser es wert ist gesehen zu werden."

Die Tschechische Filmakademie hat dieses Mal dem Film von Jan Hrebejk nicht die Möglichkeit gegeben, an der nationalen Ausscheidung für die Oscar-Nominierung teilzunehmen. Seine Schöpfer mussten deswegen sozusagen auf eigene Faust ihre eigene Strategie für die weitere Präsentation der "Schönen in Not" vorbereiten. Demnächst soll sich der Film auf den Weg in die USA machen und um die Gunst des dortigen Publikums werben. Ondrej Trojan ist froh, dass es diesmal aufgrund eines Vertrags mit einer kleinen amerikanischen Filmfördergesellschaft geschehen wird.

Jan Hrebejk
"Wir werden die Möglichkeit haben, auf die Verbreitung des Films selbst Einfluss zu nehmen: In welchen Städten und in welcher Reihenfolge der Film gezeigt wird, wie viele Kopien in den Verleih gehen usw. Früher war es so: Nachdem ein Vertrag mit unserem traditionellen Partner, der Gesellschaft Sony Classics, die eine Art Filmfabrik darstellt, unterzeichnet worden war, lief anschließend schon alles mehr oder weniger an uns vorbei. Jetzt freue ich mich darauf, dass ich das Mitspracherecht über dies und jenes haben werde."

Gespannt darauf, wie der anstehende Eroberungszug seines neuen Streifens durch das Land mit der weltweit größten Filmproduktion ausfallen wird, ist ganz bestimmt auch Jan Hrebejk. Er ist sich aller Risiken und Hürden bewusst, die auf Filme, die in seiner Werkstatt entstehen, auf dem amerikanischen Filmmarkt lauern:

"Die Rede ist von den so genannten unabhängigen Filmen. Sie sind nicht von großen Filmproduzenten produziert worden, die sich einer Reklamemaschinerie bedienen können. Hierzulande sind wir zwar in der Position von Filmemachern, die über viele Filmkopien verfügen und sich auch eine massive Werbung erlauben können. In den USA können wir uns das natürlich nicht leisten."

Der dritte Film, der in letzter Zeit nicht nur in Tschechien von sich reden ließ, war "Goyas Geister", den sein tschechoamerikanischer Regisseur Milos Forman nach der Weltpremiere in Madrid Ende Januar auch in Prag vorstellte. Über den Film haben wir in unserem Programm wiederholt berichtet. Heute also nur ein Zitat von der Prager Pressekonferenz mit Milos Forman, das wir nur als Schlusspunkt für den heutigen Kultursalon gewählt haben.

"Die Geschichte wiederholt sich, man muss auf alles vorbereitet sein. In der Tat, es ist unglaublich, wenn man liest, was in der Zeit der Inquisition in Spanien vor sich ging, und später - ich habe es selbst als Kind erlebt - in der Nazizeit oder unter den Kommunisten, als man "unbequeme" Menschen einzusperren pflegte. Die bekannten sich zu schrecklichen Untaten, die sie aber gar nicht begangen hatten. Jedes Mal, wenn ein Krieg zu Ende geht, applaudieren wir alle und rufen siegesbegeistert "Nie wieder! Nie wieder! Jetzt sind wir schon klüger!" Dann aber 20 Jahre später "Zack", eine Wiederholung ist da, und nach weiteren 20 Jahren "Zack" - eine neue Wiederholung! Irgendwie muss man schon lernen damit zu leben und darauf vorbereit zu sein."