Tschechische Grüne wählen neuen Parteivorsitz und veränderte Wahlkampfstrategie

Martin Bursik (Foto: CTK)
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Die tschechischen Grünen, stärkste nicht im Parlament vertretene Partei des Landes, haben eine neue Führung. Auf einem außerordentlichen Parteitag wählten die Delegierten am Wochenende den bisherigen Vorsitzenden Jan Beranek ab und erteilten seinem Stellvertreter Martin Bursik das Mandat. Damit votierte die seit Jahren zerstrittene Fraktion zugleich für eine veränderte Wahlkampfstrategie für die Parlamentswahlen in neun Monaten.

Martin Bursik  (Foto: CTK)
Der neue Grünen-Chef Martin Bursik, nach der politischen Wende von 1989 Mitgründer des Bürgerforums, später Umweltminister in der Regierung Tosovsky und gegenwärtig externer Berater des Umweltministeriums, will die Grünen ins Abgeordnetenhaus führen, ohne dabei wie sein Vorgänger Beranek auf die Zusammenarbeit mit anderen liberalen Parteien zu setzen:

"Die Grünen sind eine bereits eingeführte europäische Marke. Wir haben eine sehr starke Ideologie und eigene politische Themen. Wenn wir uns mit irgendeiner anderen Partei zusammenschließen würden, würden wir unser Bild, das sehr scharf ist und das wir der Öffentlichkeit kommunizieren müssen, verwässern."

Politische Prioritäten des neuen Parteivorsitzenden sind z.B. die Einführung einer Öko-Steuer und die Eindämmung des Automobilverkehrs. Der Horizont der Partei dürfe jedoch nicht bei der Umweltpolitik enden. Darüber hinaus gebe es eine ganze Reihe weiterer Themen, wie etwa Verbraucherschutz und Menschenrechte, die in Europa bereits grüner Standard seien, so Bursik. Nach Meinung des bisherigen Grünen-Chefs Jan Beranek hingegen steht nach dem Parteitag vom Wochenende eine schrittweise Abkehr vom grünen Kurs zu befürchten.

Jan Beranek  (Foto: CTK)
"Ich denke, die Grünen können unter der neuen Führung keine wirkliche Alternative sein. Und die Frage ist jetzt, ob man diese Alternative durch die Gründung eines neuen Subjekts schafft oder aber durch innerparteilich Arbeit bei den Grünen. Das wird die Zeit zeigen und ich werde zunächst keine voreiligen Schritte unternehmen."

Beranek Anhänger zögerten jedoch nicht lange und formierten sich unmittelbar nach dem Parteitag zu einer neuen Bewegung. Damit wolle man der Tendenz entgegenwirken, dass die Grünen zu einer austauschbaren Durchschnittspartei würden, begründete der Sprecher der neuen Bewegung, Vaclav Drbohlav, den Schritt. Der innerparteiliche Kampf bei den Grünen geht damit weiter. Mit der neuen Bewegung sympathisieren nach eigenen Angaben rund 50 Parteimitglieder, insgesamt zählen die tschechischen Grünen knapp 1000 Mitglieder.

Jüngste Meinungsumfragen sagen den Grünen bei den Wahlen zwischen drei und vier Prozent voraus. Der neue Parteichef setzt darüber hinaus jedoch auch auf ökologisch orientierte Wähler anderer Parteien. Umfragen würden bestätigen, dass für rund neun Prozent der Wähler ökologische Themen Priorität besäßen, so Bursik. Die Chancen für die Grünen, ins Parlament einzuziehen, betrachte er daher als "sehr realistisch".