Tschechische Kleriker und Politiker begeistert von „Bruder Franziskus“

Papst Franziskus (Foto: ČTK)

Am Mittwochabend quoll gegen 19.07 Uhr weißer Rauch aus einem Schonstein über der Sixtinischen Kapelle im Vatikanstaat. Das war das Zeichen, dass die versammelten 115 Kardinäle eine Wahl getroffen hatten. Der neue Papst trat eine Stunde später vor die versammelte Menschenmenge und ließ sich feiern. Er ist für viele Beobachter eine Überraschung, und das auch in der Tschechischen Republik.

Papst Franziskus  (Foto: ČTK)
Der Argentinier Jorge Mario Bergoglio, Erzbischof von Buenos Aires, ist seit Mittwochabend Papst Franziskus. Er ist der erste Südamerikaner auf dem Heiligen Stuhl - und er ist der erste Jesuit in dem Amt. Tomáš Halík, Theologe, Philosoph und Leiter der tschechischen christlichen Akademie, zeigte sich nach der Wahl enthusiastisch:

„Ich bin wirklich begeistert. Ein Papst aus Lateinamerika, aus Argentinien, das ist wirklich eine gute Wahl. Und vor allem bin ich begeistert, weil er ein Jesuit ist. Jesuiten sind die intellektuelle Elite des Katholizismus, es sind einige der fähigsten und am meisten gebildeten Menschen auf der Welt - und sie sind auch sehr offen. Deswegen haben sie aber auch einen etwas zwiespältigen Ruf. Ich freue mich zudem, dass Bergoglio ein Mann ist, der eine akademische Karriere absolviert hat und ungeheuer gebildet ist.“

Dominik Duka  (Foto: Jan Sklenář,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Der neue Papst gilt als bescheiden und gemäßigt, aber auch als erfahrener Mann im seelsorgerischen Dienst. Bereits 2005 soll er der aussichtsreichste Gegenkandidat des Deutschen Ratzinger gewesen sein. Nun wurde der 76-jährige Bergoglio zu seinem Nachfolger gewählt. Der tschechische Kardinal Dominik Duka war bei der Wahl dabei:

„Direkt von Anfang an hat sich Bergoglio als starke Persönlichkeit präsentiert. Und er ist gemäß seinem gewählten Namen aufgetreten: Franziskus, ein Heiliger, der demütig ist. Bei seinem ersten Auftritt vor der Öffentlichkeit auf dem Petersplatz hat er die versammelten Gläubigen gebeten, für ihn zu beten. Das war bereits eine sehr gute Rede, die zeigt, dass er kein Herrscher oder Monarch sein will, sondern eher ‚Bruder Franziskus’“

Tomáš Holub  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
Tomáš Holub ist Generalsekretär der Tschechischen Bischofskonferenz. Auch er wollte seine Freude über die Wahl des Argentiniers am Mittwochabend nicht verbergen:

„Das ist ein Mann, der Südamerika mit Europa verbindet, schließlich hat er in Deutschland studiert. Er hat sich einen Namen gesucht, der sehr symbolisch ist. Die Art, wie er auf dem Balkon nach der Wahl aufgetreten ist, zeugt von einer sehr geradlinigen Kommunikation: einerseits sehr bescheiden, andererseits hat er noch einmal um das Mikrophon gebeten, als keiner mehr damit gerechnet hat und eine ‚Gute Nacht’ gewünscht. Diese Art der Kommunikation entspricht der heutigen Realität.“

Karel Schwarzenberg  (Foto: ČTK)
Neben Kirchenvertretern äußerten sich zudem tschechische Politiker wohlwollend über die Wahl des neuen Pontifex. Außenminister Karel Schwarzenberg:

„In Lateinamerika ist die Kirche viel lebendiger und stärker als in Tschechien, und deshalb war es eine naheliegende Wahl.“

Und Milan Štěch, Vorsitzender des tschechischen Senats und Vertreter der Sozialdemokraten, sagte:

Milan Štěch  (Foto: Marián Vojtek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
„Meiner Meinung nach sind nicht nur die Gläubigen, sondern alle Bürger Lateinamerikas sehr sozial orientiert. Und die Kirche könnte wohl mit dieser Wahl zu ihren Wurzeln zurückkehren.“

Nach der Wahl stellt sich den Tschechen aber eine Frage: Wird der neue Papst einer Einladung zum 1150 Jahrestag der Ankunft von Kyrill und Method in Mähren am 5. Juli nachkommen? Benedikt XVI. hatte die Einladung bisher noch nicht beantwortet – aber positive Signale gesendet.