Begräbnis von Benedikt XVI.: Stimmen aus Tschechien

Trauermesse für den ehemaligen Papst Benedikt XVI. in Prager Veitskathedrale am 4. Januar 2023

Am Donnerstag wurde im Vatikan der emeritierte Papst Benedikt XVI. beerdigt. Einige Stimmen dazu, wie man sein Vermächtnis in Tschechien beurteilt.

Martin Horálek | Foto: Tschechisches Fernsehen

Papst Franziskus bezeichnete seinen Vorgänger Benedikt XVI. kurz nach dessen Tod am 31. Dezember als einen „Vermittler des Glaubens“. Ähnlich würdigt das geistliche Vermächtnis des deutschen Papstes auch Martin Horálek. Der Dramaturg für religiöse Themen beim öffentlich-rechtlichen Tschechischen Fernsehen (ČT) sagte in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks:

„Vor allem war Benedikt XVI. ein großer Intellektueller. Sein wissenschaftliches und theologisches Werk ist ein wirklicher Schatz, aus dem Theologen und Studenten noch viele Jahre schöpfen werden. Er hat zudem als Erster gezeigt, dass ein Papst sein Amt nicht entgegen aller Umstände bis zum Lebensende ausführen muss.“

Papst Benedikt XVI. | Foto: Alberto Luccaroni,  Wikimedia Commons

Tatsächlich geht Benedikt XVI., der mit bürgerlichem Namen Joseph Ratzinger hieß, als einer der ganz wenigen emeritierten Pontifexe in die lange Geschichte der katholischen Kirche ein. Das habe viel Mut erfordert, fügt Horálek an, und verweist als Gegenbeispiel auf Benedikts Vorgänger Johannes Paul II., der – zuletzt schwer krank – bis zum Tode im Amt ausharrte. Darauf nimmt auch der Priester und Publizist Tomáš Halík Bezug:

„Im Gegensatz dazu wusste die absolute Mehrheit der Menschen den Schritt Benedikts XVI. zu schätzen, mit dem er sehr demütig und selbstkritisch erkannte, dass er die anstehenden Aufgaben nicht mehr erfüllen kann. Die Kirche befand sich in dieser Zeit in einer sehr kritischen Lage.“

Tomáš Halík | Foto: che,  Wikipedia Commons,  CC BY-SA 2.5

Damit spricht Halík, der Benedikt XVI. in seinem Leben mehrfach getroffen hat, die Fälle von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche an, mit denen der Papst während seiner Amtszeit umgehen musste. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Johannes Paul II. habe Benedikt XVI. das Problem anerkannt und sich ihm gestellt, urteilt Halík:

„Er hatte offenbar keine Ahnung, dass es sich dabei um eine so große Zahl an Fällen handelt. Diese erforderten ein viel strengeres und wirksameres Vorgehen, für das Benedikt XVI. einfach keine Kraft mehr hatte.“

Jaroslav Šebek | Foto: Jakub Wojtovič,  Tschechischer Rundfunk

Seitdem habe die katholische Kirche bei diesem Thema einen großen Schritt nach vorn gemacht, meint Dramaturg Horálek. Der Umgang mit den Fällen sexuellen Missbrauchs in den eigenen Reihen sei vor zwei Jahrzehnten noch ein ganz anderer gewesen, so der Experte. Damals habe man die Angelegenheit intern regeln wollen:

„Gegen die Angriffe von außen gab es in der Kirche eine Schutztaktik, das war wie ein Grabenkampf. Dies begann sich mit Benedikt XVI. zu ändern. Er hatte als Erster den Mut zuzugeben, dass es sich um ein wirklich großes Problem handelt.“

Papst Fraziskus | Foto: Korea.net,  CC BY-SA 2.0

Dessen Aufarbeitung fiel nach dem Rücktritt von Benedikt XVI. im Jahr 2013 seinem Nachfolger Franziskus zu. Im Vergleich der beiden Päpste gilt der Deutsche auch in Tschechien eher als konservativ, während der amtierende Pontifex vor allem als Reformer wahrgenommen wird. Dazu meint der Kirchenhistoriker Jaroslav Šebek:

„Benedikt XVI. hat in Interviews nach seinem Rücktritt selbst zugegeben, dass er keine Kraft und Möglichkeiten für größere Reformen mehr hatte. Was Franziskus nun macht, ist ganz logisch, denn Reformen waren in allen möglichen Sphären nötig – so etwa auch, dass die Bedeutung von Frauen in den höchsten Ämtern der römischen Kurie gestärkt wird.“

Eines sei nach dem bewegten Pontifikat Benedikts XVI. zumindest sicher, ergänzt Šebek: Das Bild, das auch hierzulande von dem emeritierten Papst bleibe, werde alles andere sein als nur schwarz-weiß.