Tschechische Muslime kritisieren Razzia in Moschee während Freitagsgebet
Die Polizei hat am Freitag in Prag einen Mann verhaftet, der in Tschechien ein verbotenes radikal-islamisches Buch herausgegeben haben soll. Die Festnahme erfolgte im Rahmen einer großangelegten Razzia in den Gebäuden der Prager muslimischen Gemeinde – dabei drangen die schwerbewaffneten Polizisten während des Freitagsgebets auch in eine Moschee der Prager Islamischen Stiftung ein. Dies hat zu Beschwerden von Muslimen geführt.
„Nicht rühren, nichts anfassen, oder wir schießen.“
Die tschechische Polizei durchsuchte am Freitagnachmittag aber nicht nur die Moschee am Rande der Stadt, sondern noch weitere Gebäude der Islamischen Gemeinde sowie Privatwohnungen. Viereinhalb Stunden dauerte der Einsatz, währenddessen wurden rund 20 Menschen verhört. Letztlich führte die Polizei einen 55-jährigen Tschechen ab. Pavel Hanták ist Sprecher der Polizeieinheit zur Bekämpfung organisierten Verbrechens:
„Die konkrete Person ist verdächtig, ein Buch herausgegeben und in Umlauf gebracht zu haben, über dessen Inhalt Rassismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit verbreitet wird.“Der Vorsitzende der muslimischen Gemeinde in Tschechien, Muneeb Hassan Alrawi, bezeichnete das Vorgehen der Einsatzkräfte jedoch als unangemessen:
„Wir haben nichts gegen die Ermittlungen der Polizei, die Gesetze gelten für alle ausnahmslos. Wir protestieren aber gegen die Art und Weise, wie der Einsatz durchgeführt wurde, und gegen den Umfang. Wir halten es für übertrieben und inadäquat, dass vermummte und schwer bewaffnete Polizisten während des Freitagsgebets in die Räumlichkeiten eindringen. Das ist der wichtigste Moment in der Woche für uns. Wir haben bereits eine Beschwerde beim Polizeipräsidium eingereicht und erwägen weitere rechtliche Schritte nach Beratungen mit unseren Rechtsvertretern.“
Mehrere Stunden festgehalten wurde auch ein indonesischer Diplomat, obwohl er unter Immunität steht. Am Montagnachmittag übermittelte die indonesische Botschaft in Prag daher eine diplomatische Note an das tschechische Außenministerium.Über das verdächtige Buch, das der Grund für den Einsatz war, machte die Polizei keine Angaben. Laut tschechischen Medienberichten soll es sich aber um eine Veröffentlichung des radikal-islamischen Hasspredigers Bilal Philips handeln. Der jamaikastämmige Salafist war vor ziemlich genau drei Jahren nach einer Kundgebung in Frankfurt am Main aus Deutschland ausgewiesen worden.
Muneeb Hassan Alrawi denkt aber nicht, dass die Thesen von Philips unter tschechischen Muslimen verbreitet seien:
„Die tschechische Ausgabe des Buches wurde von einer kleinen Gruppe Muslime bearbeitet. Leider wurde sie vom Verlag unserer Gemeinde herausgegeben. Das heißt aber nicht, dass wir die in dem Buch vorhandenen Ansichten vertreten. Wir wollen das Buch nun selbst auf problematische Passagen durchforsten und uns von diesen eventuell distanzieren. Leider ist es intern bei uns zu Widersprüchen gekommen.“Den Statistiken zufolge leben in Tschechien etwa 10.000 gläubige Muslime. Die meisten von ihnen sind Migranten, nur wenige sind tschechische Konvertiten.