Gescheitertes Moscheeprojekt in Nordmähren

Die Brünner Moschee

Orlova ist eine 35 000 Einwohner zählende Stadt im Ballungsgebiet Nordmährens. Eine jener Städte dieser Region, deren Bild stark von Förder- oder Wasserkühltürmen bzw. Schornsteinen jeder Größe geprägt sind. Die Arbeitslosenquote in Orlova, das in den 60er, 70er und 80er Jahren zu einer Bergbaustadt ausgebaut wurde, beläuft sich langfristig auf 21 Prozent. Anderswo heiß diskutierte Themen wie Kopftuchverbot oder gar Beseitigung religiöser Symbole aus dem öffentlichen Raum werden in Orlova eher als marginal empfunden, denn hier - so der allgemeine Tenor - habe man ganz andere Sorgen. In dieser Stadt sollte nun eine Moschee gebaut werden, die zweite im Lande. Das Projekt ist jedoch gescheitert. Mehr im folgenden Beitrag von Jitka Mladkova:

Das anhaltende Problem der Arbeitslosigkeit zu bewältigen oder zumindest zu lindern gilt in Orlova als Gebot der Stunde - und sei es mithilfe der Religion, konkret des Islams. Man höre uns staune: Das Panorama der nordmährischen Bergbaustadt sollte künftig von einer Moschee dominiert werden. Mit einer entsprechenden Anfrage für ihren Bau klopfte kurz vor Weihnachten 2003 ein Vertreter einer - wie es hieß - saudiarabischen Privatinvestorengruppe bei Bürgermeister Vladimir Farana an. Völlig unerwartet:

populi in Sachen der geplanten Moschee genauer zu ergründen. Vorbereitet wurden Fragebögen für Schüler zwischen 15 und 19 Jahren, und auch der Stichtag, an dem die Bewohner an vier Orten in der Stadt ihre Meinung äußern sollten, wurde bereits festgelegt. Dann aber war plötzlich alles anders. Orlovas Bürgermeister erfuhr bei seiner Unterredung mit dem Botschafter Saudi-Arabiens in Prag eine bittere Wahrheit: die saudi-arabische Regierung habe keine Genehmigung für den Geldtransfer zur Finanzierung der Moschee erteilt. Das Projekt müsste zunächst von den Regierungen beider Länder verhandelt werden, was der Botschafter unter Verweis auf die weltpolitische Lage als unrealistisch bezeichnete. Die Herkunft der Privatgelder, die nach Orlova hätten fließen sollen, ist damit ins Zwielicht geraten. Das Fazit: Die Bergbaustadt wird nach wie vor kein neues Wahrzeichen neben den herkömmlichen haben. Deshalb eine rein hypothetische Frage an Vladimir Farana: Hätte er sich eine Moschee in seiner Stadt vorstellen können? Und hätte er dabei mit entschiedenem Widerstand seiner Mitbürger gerechnet? "Es war wie ein Blitz aus heiterem Himmel", erinnert sich Farana. Zunächst habe er gedacht, alles sei nur ein Witz. Doch die Anfrage war ernst gemeint, und um so einen großen Zufall handelte es sich letztlich auch wieder nicht. Wenige Kilometer von Orlova entfernt befinden sich nämlich Darkov und Klimkovice - zwei Kurorte, die dank ihres seltenen Sprudelwassers schon seit Jahren auch von Gästen aus dem fernen Saudi Arabien aufgesucht wird. Diesen sollte, so hieß es, das neue Gebetshaus dienen. Außer der Moschee selbst aber sollten auch eine Bibliothek, ein Restaurant, ein Unterkunftsobjekt und nicht zuletzt eine Tankstelle auf dem Areal entstehen. Gerade diese Anbauten waren bei der Projektbeurteilung durch die Stadtväter von Relevanz! An der Realisierung hätten sich örtliche Firmen im Rahmen millionenschwerer Aufträge drei bis vier Jahre lang beteiligen können, wobei obendrein rund 40 dauerhafte Arbeitsplätze für die Einheimischen entstanden wären, behauptet Farana. Bei so einem Projekt einfach abzuwinken sei doch nicht möglich, meint er. Also kam in der ersten Januarwoche alles so richtig ins Rollen. Die Absicht des Rathauses, in Orlova den Bau einer Moschee abzusegnen, wurde sowohl von regionalen als auch von den großen Medien publik gemacht, und die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten. Im Rathaus von Orlova trudelten Protestbriefe aus ganz Tschechien ein. Einige wollten auch persönlich mit dem Bürgermeister telefonieren und ihn etwa vor möglichen Gefahren warnen, die von der fremden Religion ausgehen würden. Von einer massenhaften Ablehnung konnte aber bei weitem nicht die Rede sein. Trotzdem entschied der Stadtrat gemeinsam mit dem Stadtparlament, die Vox

"Ich persönlich muss gestehen, dass ich mir eine Moschee in Orlova vorstellen konnte. Ich habe es als eine Chance für unsere Leute betrachtet - jedoch nur im materiellen Sinne. Als die Stadt gebaut wurde, kamen die Menschen aus dem ganzen Land wegen der Arbeit hierher. Die Mehrheit interessiert sich weder für Religion noch für eine Ideologie. Man will überleben. Und darüber, ob der christliche Glaube vom Islam unterwandert wird oder nicht, zerbrechen sich die meisten Leute hier nicht die Köpfe."