Tschechische Politiker enttäuscht über entschärfte Dienstleistungsrichtlinie

EU-Sozialkommissar Vladimir Spidla (Foto: CTK)

Das Europaparlament in Straßburg hat am Donnerstag die umstrittene EU-Dienstleistungsrichtlinie verabschiedet. Führende tschechische Politiker hätten sich allerdings lieber die ursprüngliche Fassung der Direktive als den jetzt beschlossenen Kompromissvorschlag gewünscht. Ein Beitrag von Silja Schultheis.

EU-Sozialkommissar Vladimir Spidla  (Foto: CTK)
Als Torso bezeichnete der konservative Europaabgeordnete Jan Zahradil die veränderte Dienstleistungsrichtlinie, auf die sich die Europaparlamentarier am Donnerstag einigten. Das Herzstück des ursprünglichen Entwurfs nämlich, das so genannte Herkunftslandprinzip, war nach heftigen Protesten linker Parteien und Gewerkschaften aus der Vorlage entfernt worden. Für die tschechische EU-Abgeordnete Zuzana Roithova (Christdemokraten) ein Zeichen dafür, dass zwischen Anspruch und Realität im Europaparlament eine riesige Lücke klafft:

"Die Politiker reden von Erweiterung und einer besseren Integration. Und auf der anderen Seite demonstrieren dieselben Politiker, aber auch die Gewerkschafter gegen eine Umsetzung der Grundsätze des gemeinsamen europäischen Marktes, auf die sich die EU gründet."

Das Herkunftslandprinzip hätte es europäischen Dienstleistern ermöglicht, ihre Arbeit auch im Ausland nach den Vorschriften ihres Heimatstaates und zu den dort geltenden Sicherheits- und Tarifbestimmungen anzubieten. Für diesen Passus hatte sich auch die tschechische Regierung stark gemacht. Gemeinsam mit fünf weiteren Staaten appellierte sie vergangene Woche an die Europäische Kommission, in der Frage der Liberalisierung des Dienstleistungsmarktes nicht zurückzurudern und eine Abschwächung des ersten Entwurfs nicht zuzulassen. Doch auch ohne das Herkunftslandprinzip kann die jetzt verabschiedete Dienstleistungsrichtlinie den Tschechen allemal Grund zur Zufriedenheit bieten, meint der EU-Sozialkommissar und frühere tschechische Premierminister Vladimir Spidla:

"Ein tschechischer Unternehmer, der in der Tschechischen Republik registriert ist, wird künftig in jedem beliebigen anderen Land der Europäischen Union seine Arbeit anbieten können. Das ist ein so enormer Fortschritt, dass sich der Kompromiss allein schon deshalb gelohnt hat."