Tschechische Soldaten in der Ukraine? Diskussion um Beteiligung an möglichen Friedenstruppen

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Weltweit wird derzeit diskutiert, wie ein Friedensabkommen für die Ukraine aussehen könnte. Die sogenannte „Koalition der Willigen“ in Europa etwa schlägt die Entsendung einer internationalen Truppe vor, die vor Ort die Einhaltung eines Waffenstillstandes überwachen würde. Nach Ansicht des tschechischen Staatspräsidenten Petr Pavel sollte auch sein Land dafür Soldaten entsenden.

„Wenn eine starke Gruppe europäischer Staaten dazu bereit ist, Sicherheitsgarantien für die Ukraine zu geben, dann ist es meine feste Überzeugung, dass Tschechien dazugehören sollte. Ich weiß, es klingt wie ein Klischee, aber ich glaube wirklich, dass wir das in großem Maße auch für uns selbst tun.“

Petr Pavel | Foto: Khalil Baalbaki,  Tschechischer Rundfunk

Dies sagte Tschechiens Staatsoberhaupt Petr Pavel in einem Gespräch mit dem ukrainischen Nachrichtenserver European Pravda. Pavel gab dieses Interview im Rahmen seines Besuchs in Kiew Ende vergangener Woche. Er äußerte sich zu den Bedingungen eines möglichen Friedensabkommens, das den kriegerischen Konflikt beenden soll, der in der Ukraine seit dem Einmarsch der russischen Truppen vor mehr als drei Jahren herrscht. Dafür haben im Übrigen am Sonntag in Saudi-Arabien Verhandlungen begonnen, die die USA als Vermittler mit den Delegationen aus der Ukraine und aus Russland führen.

Bei einem eventuellen Waffenstillstand brauche die Ukraine bestimmte Sicherheitsgarantien, wiederholte Pavel im Interview für European Pravda eine dieser Tage viel gehörte Forderung. Dafür wurde auf europäischer Ebene etwa die sogenannte „Koalition der Willigen“ gebildet, die eine mögliche internationale Friedenstruppe aufzustellen bereit ist. Tschechien sei Teil dieser Koalition, betont Pavel, und sollte deswegen auch seine Soldaten einsetzen.

Vít Rakušan | Foto: René Volfík,  iROZHLAS.cz

Das Verteidigungsministerium in Prag reagierte auf diese Äußerung mit dem Einwand, diese Diskussion sei voreilig. Innenminister Vít Rakušan (Stan) hingegen sagte in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks, dass er sich eine Entsendung tschechischer Soldaten unter bestimmten Umständen vorstellen könne:

„Ihre Aufgabe müsste jedoch klar definiert sein. Ich glaube wirklich, dass darüber eine sehr gründliche Debatte geführt werden muss. Wir haben unsere eigenen Erfahrungen und sind mental immer noch von Russland beeinflusst. Darum sollte sich gerade unser Staat der Suche nach einer kollektiven Verantwortung für unsere Sicherheit nicht entziehen.“

Auch die Opposition in Tschechien stieg sogleich in die Debatte ein. Ano-Parteichef Andrej Babiš brachte gegenüber dem Nachrichtenportal Seznam Zprávy seine Ablehnung für Pavels Vorschlag zum Ausdruck. Die tschechischen Soldaten würden zu Hause gebraucht, so sein Argument. Und Babišs Parteikollege Pavel Růžička, der Vizevorsitzender des Verteidigungsausschusses im Abgeordnetenhaus ist, verwies im Tschechischen Rundfunk darauf, dass Auslandsmissionen nur vom Parlament beschlossen werden könnten:

Andrej Babiš | Foto: Khalil Baalbaki,  Tschechischer Rundfunk

„Solange ich die Bedingungen eines Friedensabschlusses und einer Entsendung der Soldaten nicht kenne, hebe ich dafür im Abgeordnetenhaus nicht die Hand. Bei diesem Thema können wir nicht nur unsere persönlichen Gefühle anführen. Zudem entsendet nicht der Präsident die Soldaten auf das Gebiet eines anderen Staates. Ich müsste wirklich ganz stark überlegen, ob ich dafür stimme.“

Bei der Pressekonferenz in Kiew, die Pavel am Freitag gemeinsam mit seinem ukrainischen Amtskollegen Wolodymyr Selenskyj gab, wurde er von Journalisten des Tschechischen Rundfunks gefragt, wie ein Einsatz tschechischer Soldaten genau aussehen sollte. Für solche Angaben sei der Vorschlag jedoch zu frisch, entgegnete Pavel. Die konkrete Größe eines tschechischen Kontingents könne jetzt noch nicht bestimmt werden und müsste Gegenstand späterer Verhandlungen über ein Mandat und die Zusammensetzung der Friedenstruppen sein. Allerdings zeigte sich auch Selenskyj bei der Pressekonferenz überzeugt, dass Tschechien ein starker Mitspieler beim Aufbau eines neuen Sicherheitssystems für die Ukraine sein werde.

Autoren: Daniela Honigmann , Kateřina Bečková , Martin Dorazín | Quelle: Český rozhlas
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