Tschechischer „Arzt ohne Grenzen“ wartet auf Einsatz in der Ukraine – noch ist die Gefahr zu groß

„Ärzte ohne Grenzen“

Die „Ärzte ohne Grenzen“ können bisher in der Ukraine kein eigenes Krankenhaus eröffnen. Denn weiterhin besteht dort keine Sicherheit für Patienten und medizinisches Personal. Gerade Krankenhäuser sind häufig Ziel russischer Raketenangriffe. Der tschechische Kinderchirurg Jan Trachta hat viele Erfahrungen mit dem Einsatz für die „Ärzte ohne Grenzen“. In den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks sprach der Experte über die Chancen, den Patienten in der Ukraine zu helfen.

Jan Trachta | Foto: Elena Horálková,  Tschechischer Rundfunk

Er habe den Kollegen nach Paris geschrieben, erzählt Jan Trachta. Der Kinderchirurg von der Prager Uni-Klinik Motol erkundigte sich wegen seines eventuellen Einsatzes für die „Ärzte ohne Grenzen“ in der Ukraine. Vorläufig werde ausgewertet, wo und was eröffnet werden könnte, hieß es.

Uni-Klinik Motol | Foto: Radomír Černoch,  Flickr,  CC BY 2.0

„Sobald sie mir sagen, dass sie mich brauchen, werde ich versuchen, dies mit meiner Frau und meinen drei Kindern sowie meinem Chef in der Uni-Klinik Motol auszuhandeln. Falls sie alle zustimmen, würde ich für einige Wochen in die Ukraine reisen.“

Vor 14 Jahren machte Jan Trachta seine ersten Erfahrungen mit der Arbeit als „Arzt ohne Grenzen“. Seitdem hat er an elf Missionen des Vereins teilgenommen. Ob mit Ukraine auch der zwölfte Einsatz hinzukommt, ist jedoch unsicher. Denn in den Statuten des Vereins steht, dass ein Krankenhaus der „Ärzte ohne Grenzen“ nicht direkt an der Front stehen dürfe:

Krieg in Syrien | Foto: Mahmoud Bali,  Voice of America / Wikimedia Commons,  public domain

„Als ich in Syrien war, haben wir zehn Kilometer von der Kriegsfront entfernt gearbeitet. Wir haben das Krankenhaus in einem Zelt auf einer ehemaligen Hühnerfarm eingerichtet. Der OP-Saal war in einem Gebäude der Farm untergebracht. Ein Krankenhaus aber direkt an der Front zu platzieren und zugleich die Sicherheit des Personals zu garantieren, ist meiner Meinung nach fast unmöglich.“

Jan Trachta weist bei seinen Erläuterungen die Vorstellung der Öffentlichkeit zurück, dass man auch in einer kugelsicheren Weste einen Patienten operieren könne.

Foto:  Ärzte ohne Grenzen

„Wenn man eine Schutzweste und einen Helm anhat, wird man zum Ziel des Angriffs. Dies provoziert die Aggressoren. Uns schützen nur die typischen T-Shirts mit dem Logo der ‚Ärzte ohne Grenzen‘ sowie die im Voraus geführten Verhandlungen mit den einzelnen Seiten des Konflikts. Dabei teilen wir ihnen mit, dass wir dort und dort ein Krankenhaus eröffnen.“

Es sei immer möglich, dies auszuhandeln, betont der Chirurg und nennt einige Beispiele:

Taliban | Foto: bluuurgh,  Wikimedia Commons,  public domain

„Wir haben mit den Taliban ausgehandelt, dass wir Krankenhäuser in Afghanistan einrichten. Genauso wurde dies mit den Kämpfenden im östlichen Kongo sowie in Somalia vereinbart. Aber ich zweifle daran, dass es möglich ist, darüber auch mit den Russen zu verhandeln. Sie bombardieren gezielt Krankenhäuser. Sie haben auch Bomben auf unsere Krankenhäuser in Syrien und im Jemen geworfen. Dabei wurde der letzte Kinderarzt getötet, der dort damals noch geblieben war. Sie haben die Klinik aus einem Jagdflugzeug heraus zerschossen. Dabei wussten sie, dass es sich um das letzte Kinderkrankenhaus in diesem Teil von Aleppo handelte. Die Russen bombardieren und beschädigen absichtlich Krankenhäuser. Unsere Koordinatoren dürften Probleme haben, mit ihnen unseren Einsatz auszuhandeln. Dabei respektiert der Großteil derjenigen, die Kriege führen, uns normalerweise.“

Die Ärzte ohne Grenzen sind eine streng neutrale Organisation. Ihre Koordinatoren versuchen trotz allem, mit der russischen Seite zu sprechen. Derzeit liefert die Organisation medizinisches Material an ukrainische Kliniken. Zudem bildet sie in dem osteuropäischen Land die Chirurgen in der Kriegsmedizin aus.

Krieg in der Ukraine | Foto: Efrem Lukatsky,  ČTK/AP Photo

„Zunächst haben wir eine Schulung in der Ostukraine durchgeführt. Daran schloss eine Schulung in Kiew an. Ein erfahrener Chirurg von den ‚Ärzten ohne Grenzen‘ ist dort hingereist und hat die ersten Verletzten des Krieges operiert. Er konnte den Ärzten zeigen, was bei der Kriegschirurgie wichtig ist.“

Im Krieg als Arzt zu arbeiten hat laut Trachta nur wenig zu tun mit der Routine in einem komfortablen OP-Saal, bei der man lange Operationen durchführt und einen Anästhesisten zur Verfügung hat.

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