Tschechischer Energiemix wird weiter von der Kohle dominiert

Foto: www.czechcoal.cz

Ein wichtiges Fundament für eine florierende Volkswirtschaft ist eine sichere Energiezufuhr. Ohne Strom, Wärme und Kraftstoffe würde sich auch in Tschechien kein Rad mehr drehen. Aber wie unabhängig ist die Tschechische Republik bei der Energie und wie setzt sich der Energiemix des Landes derzeit zusammen? Auf diese und andere Fragen gab jüngst das Tschechische Statistikamt die Antwort: Es hat die tschechische Energiebilanz des vergangenen Jahrzehnts veröffentlicht.

Es war ein Jahrzehnt mit zwei Gesichtern. Ab dem Jahr 2000 hatte sich die Energiezufuhr in die tschechische Volkswirtschaft erst einmal ständig erhöht. Im Jahr 2008 kam der Bruch. Die Zufuhr aus primären Energiequellen ging zurück und ein Jahr später ist sie sogar bis auf das Niveau des Jahres 2002 gesunken. Der Hauptenergieträger des Landes sind feste Brennstoffe, also insbesondere die Kohle. Ihr Anteil am Energiemix in Tschechien ist in der Zeitspanne von 2000 bis 2009 von 54 Prozent auf 46 Prozent gesunken. Um drei Prozent gesunken ist auch der Anteil der gasförmigen Brennstoffe. Dagegen ist der Anteil der flüssigen Brennstoffe um vier Prozent gestiegen.

Tschechien gehört nach den Angaben des Statistikamtes zu den Ländern, die eine hohe Unabhängigkeit bei der Energieversorgung haben. Betrachtet man jedoch die einzelnen Energieträger, dann wird diese Unabhängigkeit ziemlich einseitig geschultert. Dazu sagte der Abteilungsleiter für den Bereich Energie beim Statistikamt, Jan Zámyslický:

„Das ist ganz sicher nicht optimal, denn die Unabhängigkeit bei der Energieversorgung in Tschechien ist auf die einzelnen Energieträger sehr, sehr unausgewogen verteilt. Beim Hauptenergieträger Kohle ist die Unabhängigkeit zu mehr als 100 Prozent gesichert. Auf der anderen Seite bewegen wir uns bei den Energieträgern Erdöl und Erdgas nur auf einem Niveau von zwei bis drei Prozent. Mit anderen Worten: Wenn wir den Energiemix in Tschechien in einen Topf geben, dann ist er sehr unausgewogen.“

Braunkohle  (Foto: Archiv Czech Coal)
Laut Auskunft des geologischen Forschungszentrums Geofond hat Tschechien in den für den Abbau geöffneten Gruben noch Kohlevorräte von etwas über einer Milliarde Tonnen. Nach Angaben des Ministeriums für Industrie und Handel kommen noch rund 900 Millionen Tonnen Braunkohle hinzu, bei denen die Kohleförderung aufgrund örtlicher Gegebenheiten und ökologischer Auflagen stark limitiert oder weiterhin nicht genehmigt ist. Die bestehenden Förderlimits halten die Kohlebergbau-Unternehmen zudem dazu an, den Rohstoff Kohle nicht vorschnell auszubeuten. Auch deshalb ist ihr Abbau von über 47 Millionen Tonnen Kohle im Jahr 2008 auf 45 Millionen Tonnen Kohle im Jahr 2009 zurückgegangen.

Es gibt aber auch noch andere Gründe, weshalb die Kohleförderung in Tschechien gegenwärtig nicht mehr intensiviert wird, sagt Jan Zámyslický:

„Der Preis spielt eine immer wichtigere Rolle. Man muss davon ausgehen, dass sich der Kohlepreis schon in absehbarer Zeit merklich erhöhen wird. Der Preis für Braunkohle bewegt sich gegenwärtig bei zirka 30 Kronen je Giga-Joule. Man rechnet aber damit, dass der Preis schon bald doppelt so hoch sein wird. Das wird die Energiefirmen zum Umdenken veranlassen. Sie werden sich zum Beispiel die Frage stellen, wie sie andere Brennstoffe stärker für die Wärmeerzeugung nutzen können.“

In dieser Hinsicht hat das Erdgas an Bedeutung zugenommen. Es werde die Kohle aber nicht als Energieträger ersetzen, zumal Tschechien beim Erdgas zu stark auf Lieferungen aus dem Ausland angewiesen ist, meint Zámyslický. Immer mehr zur Wärmeversorgung trägt ferner das südböhmische Atomkraftwerk Temelín bei.

Ähnlich wie beim Erdgas ist Tschechien auch beim Erdöl von Lieferungen aus dem Ausland abhängig. Zudem ist der Ölpreis ständigen Preisschwankungen oder gar neuen Rekordpreisen ausgesetzt. Deshalb hat der staatliche Energiekonzern ČEZ auch längst damit begonnen, viel Geld in die Forschung und Entwicklung zum Bau von Elektroautos zu investieren. Um sich von Erdöllieferungen nicht weiter abhängig machen zu lassen, sollen jedoch auch andere Maßnahmen greifen, und nicht nur in Tschechien, sagt Zámyslický:

„Die Abhängigkeit von Erdöl zu verringern ist ein weltweiter Trend. Eine weitere Maßnahme auf diesem Sektor ist eine neue EU-Richtlinie zum Schutz vor Ölmangel, die ab dem kommenden Jahr in Kraft treten soll. Diese Richtlinie verpflichtet die Länder, ihre Erdölvorräte zu erhöhen, und zwar von dem bisherigen Landesbedarf für 90 Tage auf den Erdölbedarf von 120 Tagen. Gegenwärtig laufen auch in Tschechien die Verhandlungen darüber, auf welche Weise man die Bevorratung des Erdöls für weitere 30 Tage erreichen kann.“

Foto: Europäische Kommission
Eine weitere Möglichkeit, den Erdölbedarf einzuschränken, ist die Beimischung der so genannten Biozusätze zu Benzin und Diesel. Biozusätze, die vor allem aus Raps und Zuckerrüben gewonnen werden. Von der Europäischen Kommission in Auftrag gegebene Studien hätten jedoch ergeben, dass die Vorzüge der Beimischung der Biozusätze zum Kraftstoff nicht so groß seien wie ursprünglich angenommen. Auch in Tschechien mache man sich daher jetzt wieder vermehrt Gedanken darüber, inwieweit man die Beimengung der Biosätze weiter vorantreiben wolle, sagt Zámyslický und ergänzt:

„Es ist davon auszugehen, dass der Anteil der Biokraftstoffe in Benzin und Diesel nicht niedriger wird. Gegenwärtig liegt er bei rund sechs Prozent beim Diesel und bei 4,5 Prozent bei Benzin. Es bleibt aber die Frage, ob der Anteil auch weiter nach oben gehen wird oder nicht.“

Unfragwürdig ist hingegen der Trend, dass Energie besser genutzt beziehungsweise bei ihrem Verbrauch gespart werden sollte. Tschechien geht diesen Weg, auch wenn die Internationale Energieagentur (IEA) noch im vergangenen Oktober angemahnt hat, dass man hierzulande vor allem den Verbrauch bei energieintensiven Gebäuden und Verkehrsanlagen senken müsse. Gegenüber Radio Prag bestätigte Jan Zámyslický jedoch, dass Tschechien auch auf diesem Gebiet nicht untätig sei:

„Auf diesem Gebiet wird eine ganze Reihe von Dingen getan. Dazu gehört zum Bespiel der Neubau oder die Nachrüstung von Gebäuden mit einer Wärmedämmung an der Fassade. Solche und andere Standards zur Energieerhaltung sind bereits in der nationalen Gesetzgebung verankert worden.“