Finanzminister Babiš wegen Biokraftstoff im Kreuzfeuer der Kritik
Seit September 2007 wird in Tschechien zum Diesel ein Biozusatz beigemischt, seit 2008 wird er auch dem Benzin beigemengt. Die aktuelle Auflage für die Tankstellen im Land ist die, dass beim Benzin 4,1 Prozent und bei Diesel 6 Prozent des Zusatzes beigemengt sein müssen. Zudem gibt es bereits Biokraftstoffe, die einen weitaus höheren Anteil an Rapsöl und anderen nichttrocknenden Pflanzenölen enthalten. Die Bioprodukte sind mit einer niedrigeren Verbrauchsteuer belegt und somit billiger als die herkömmlichen Kraftstoffe. Im Parlament wurde am Mittwoch über eine Verlängerung der Steuervergünstigung für die Biokraftstoffe debattiert. Daraus ist mittlerweile eine heftige Debatte entbrannt, in deren Fadenkreuz Finanzminister Andrej Babiš steht.
„Die Steuervergünstigung für die Biokraftstoffe abzuschaffen, hätte zur Folge, das ökologische Element im Straßenverkehr zu liquidieren. Auch hätten dadurch alle Firmen in Tschechien, die Biokraftstoff herstellen oder verbrauchen, ziemliche Verluste.“
Der tschechische Staat unterstützt die Herstellung von Biokraftstoff derzeit mit neun Milliarden Kronen (ca. 330 Millionen Euro). Die Landwirte haben mit der Einführung dieses Kraftstoffs ein zweites festes Standbein gewonnen. Ihre Anbauflächen für Raps, Rüben und andere ölhaltige Feldfrüchte haben sich in den zurückliegenden acht Jahren um ein Mehrfaches vergrößert. Noch mehr davon aber profitieren die Unternehmen, die aus den Feldfrüchten den Biokraftstoff herstellen. Das größte von ihnen ist der Agrofert-Konzern, dessen Besitzer ist Finanzminister Babiš. Sein Vorgänger im Amt, der Vizechef der oppositionellen Partei Top 09, Miroslav Kalousek, nutzte die aktuelle Debatte daher, um Babiš eine besondere Rechnung zu präsentieren:„Wenn wir in Erwägung ziehen, dass Agrofert fast 60 Prozent des Inlandmarktes für Biokraftstoff abdeckt und zugleich der dominante Rapsanbauer ist, dann ist die Betrachtung, dass von den neun Milliarden Kronen allein fünf Milliarden zur Subventionierung von Agrofert-Produkten dienen, eher noch untertrieben.“Die Opposition sieht sich bestätigt in ihrer schon oft geübten Kritik, dass sich der Unternehmer Andrej Babiš seit seinem Einstieg in die Politik in einem dauerhaften Interessenskonflikt befindet. Und weil der neue Gesetzentwurf auch eine Erhöhung der Beimengung von Biozusätzen im herkömmlichen Kraftstoff vorsieht, zog Bürgerdemokraten-Chef Petr Fiala noch kräftiger vom Leder:
„Das ist schon nicht mehr nur ein klassischer Interessenskonflikt. Das ist der Missbrauch der eigenen politischen Stellung für die eigenen wirtschaftlichen Interessen.“In der Debatte reagierte Finanzminister Babiš nicht auf diese Vorwürfe, gegenüber dem Tschechischen Fernsehen aber zeigte er sich trotzig:
„Selbstverständlich stehe ich in einem Interessenskonflikt. Das wissen alle von Anfang an. Ich bin im Interessenskonflikt schon am Morgen, wenn ich die Augen öffne. Aber dafür kann ich nichts. Ich werde gegen den Gesetzentwurf stimmen, mir ist es völlig egal, ob er vom Abgeordnetenhaus gebilligt wird oder nicht.“
Premier Bohuslav Sobotka bemühte sich indes, zu betonen, dass die Diskussion um den Interessenskonflikt seines Finanzministers nicht auf dem Rücken der Landwirte ausgetragen werden dürfe. Während die weitere Behandlung des Gesetzentwurfs nun erst einmal verschoben wurde, werden aus Brüssel inzwischen Überlegungen laut, den bisherigen Biokraftstoff der sogenannten ersten Generation nicht mehr allzu stark zu fördern. An dessen Stelle soll nun die zweite Generation rücken, ein Kraftstoff, der aus Bioabfällen hergestellt wird.