Tschechischer Staat gewinnt Rechtsstreit gegen Firma Petrcíle

Wenn in den zurückliegenden Jahren in Europa ein Schiedsgericht ein Urteil fällte in einem Rechtsstreit, an dem der tschechische Staat beteiligt war, dann rieb sich die Gegenpartei am Ende stets die Hände. Gegen ausländische Unternehmen wie CME, Nomura oder Eastern Sugar verlor Tschechien das Verfahren und jede Menge Geld. Nun aber durfte erstmals auch gejubelt werden. Bei einem Rechtsstreit in der Stahlbranche muss der Staat die von ihm geforderte Geldsumme nicht zahlen.

Finanzminister Miroslav Kalousek  (Foto: ČTK)
„Die Tschechische Republik muss die 6,5 Milliarden Kronen, die die Firma Petrcíle gefordert hat, nicht bezahlen. Mit den Zinsen hätte sich diese Summe sogar noch auf sieben Milliarden Kronen erhöht. Das ist ein Sieg nach einem sehr langen und anstrengenden Rechtsstreit.“

Mit Erleichterung und einem Anflug von Genugtuung verkündete Finanzminister Miroslav Kalousek am Dienstag das Verdikt, das seine Haushaltskasse nun nicht mehr belasten kann. Dabei liegt der Beginn des Rechtsstreits, in dem jetzt ein endgültiges Urteil gesprochen wurde, schon über vier Jahre zurück. Im Oktober 2003 hatte die Firma Petrcíle beim Prager Schiedsgericht eine Klage eingereicht, bei der sie zwei Milliarden Kronen vom hiesigen Staat forderte – als Entschädigung für die im Zuge der Privatisierung der Eisenhütte Nová Hut´ erlittene Ausbootung durch den Nationalen Eigentumsfonds (FNM).

Wie war es dazu gekommen? 1996 schloss der Staat mit der Firma Petrcíle, die von leitenden Angestellten der Eisenhütte Nová Hut´ gegründet wurde, einen Vertrag über den Managerweg bei der Privatisierung des Stahlwerks ab. Auf Grundlage des Vertrages kaufte Petrcíle ein Prozent der Aktien am Stahlunternehmen sowie die Option, den Aktienanteil bis zum Jahr 2001 um weitere 14 Prozent aufstocken zu können. Im Jahr 2000 aber kündigte der Staat den Vertrag und ließ Petrcíle außen vor. Der leitende Redakteur der Wirtschaftsredaktion des Internetservers Aktuálně.cz, Adam Junek, erklärt warum:

„Damals geriet das Unternehmen Nová Hut´ in große Probleme, da die gesamte Stahlindustrie weltweit in der Krise war. Aus diesem Grund wollte der Staat eingreifen und die Geschicke des Unternehmens nicht der Firma Petrcíle anvertrauen.“

Petrcíle war damit also draußen und der weltweit größte Stahlproduzent Mittal ein paar Jahre später drin im Geschäft. Denn seit der abgeschlossenen Privatisierung des Stahlwerks führt Mittal es nun unter dem Firmennamen ArcelorMittal Ostrava. Ein guter Grund für die Firma Petrcíle, im Herbst 2003 ihre nicht mehr realisierte Option und den daraus abgeleiteten Gewinnanspruch einzuklagen. Ein Vorhaben, das zunächst Früchte trug, denn im April 2004 entschied das Schiedsgericht zugunsten von Petrcíle. Ein Urteil, dass das Obere Gericht in Prag ein Jahr später wie aufhob, indem es der Berufung des Eigentumsfonds stattgab. Im Juni 2005 aber setzte die Firma Zuglite Investments Limited, die Petrcíle inzwischen übernommen hatte, ein neues Verfahren in Gang, und zwar mit der auf 6,5 Milliarden Kronen erhöhten Forderung. Das Prager Schiedsgericht entschied nun zu Gunsten des Staates. Ein Sieg auf ganzer Linie aber ist es nicht, stellt Adam Junek klar:

„Der Sieg ist so eindeutig nicht. Auf der einen Seite können wir sagen: Jawohl, der tschechische Staat hat in der Tat 6,5 Milliarden Kronen gespart und endlich einen psychologischen Erfolg erringen können. Und zwar den Sieg, nicht mehr länger nur der Spendierhans zu sein, der ständig bei Rechtstreitigkeiten in Milliardenhöhe verliert. Auf der anderen Seite hat das Gericht auch entschieden, dass die Firma Petrcíle ihre Option auf den Aktienanteil ziehen kann, und zwar zum damaligen Marktwert. Der wurde seinerzeit allerdings vom Staatlichen Eigentumsfonds beziffert. Nach Aussage des Finanzministeriums handelt es sich um einen Betrag von nicht ganz einer Milliarde Kronen.“