Tschechischer Staat will ab 2005 Bau von Genossenschaftswohnungen unterstützen
Ab dem kommenden Jahr wird man in Tschechien voraussichtlich wieder Mietswohnungen bauen, und zwar 250 an der Zahl, die als Genossenschaftswohnungen geführt werden. Die Errichtung solcher Wohnungen wird ermöglicht durch einen Gesetzentwurf, den die Prager Regierung unlängst verabschiedet hat. Dem Entwurf zufolge sollen zu diesem Zweck in den nächsten Jahren 14 Milliarden Kronen aus dem staatlichen Wohnungsfonds bereitgestellt werden. Zu diesem Gesetz muss sich jedoch auch noch die Europäische Kommission äußern. Was es mit dem Gesetz auf sich hat, dazu Näheres von Lothar Martin.
Das Gesetz über den Bau von Genossenschaftswohnungen mit staatlicher Unterstützung wurde vom Ministerium für regionale Entwicklung unter Leitung seines ehemaligen Ressortchefs Pavel Nemec vorbereitet und in seinem Inhalt im Wesentlichen durch den jetzt amtierenden Minister Jirí Paroubek bestätigt. Daher erklärte Paroubek auch vor Journalisten, weshalb man in Tschechien ab kommenden Jahr erstmals seit der Wende 1989/90 wieder verstärkt auf die Wohnungsgenossenschaften zurückkommen will:
"Die Wohnungsgenossenschaften, so wie sie bisher existiert haben, sind in den zurückliegenden Jahren mehrfach in Probleme geraten. Häufig gerade deshalb, weil sie sich zu einer unternehmerischen Tätigkeit haben hinreißen lassen, eine Tätigkeit, die nicht selten auch kuriose Züge trug. Daraus resultierten dann die ökonomischen Probleme der Genossenschaften. Dadurch, dass sie anhand des neuen Gesetzentwurfs keine unternehmerische Tätigkeit mehr ausüben werden, werden ihr wirtschaftliches Risiko und ein möglicher Bankrott auf ein Minimum reduziert. Indem sie nicht gewinnorientiert ausgerichtet sein werden, wird auch ein minimaler Gewinn nicht über die Einkommenssteuer abgeführt werden. Er wird vielmehr der Erneuerung des Wohnungsfonds zur Verfügung stehen."
Eine wichtige Bedingung bei der Einhaltung des neuen Gesetzes ist jedoch die, dass die Genossenschaftswohnungen nicht irgendwann später in das Eigentum ihrer Mieter überführt werden dürfen. Diese haben vielmehr die Chance, durch die Einlage von 20 Prozent des Wohnungspreises - was in der Regel rund 200.000 Kronen (ca. 6300 Euro) entspricht - eine solche Mietswohnung zu erwerben. Die restlichen 800.000 Kronen werden zum Großteil von der Genossenschaft sowie vom Staat getragen, wobei der Staat jede Genossenschaftswohnung mit 100.000 Kronen unterstützen will. Eine Monatsmiete in solch einer Wohnung soll nach Vorstellung von Minister Paroubek bei rund 3500 Kronen (ca. 110 Euro) liegen.
Gegen die Errichtung solcher Genossenschaftswohnungen hat sich der Vorsitzende der Bürgervereinigung der Hausbesitzer, Tomislav Simecek, ausgesprochen, da dieses Gesetz einer gewissen Gruppe von Bauleuten und Eignern des genossenschaftlichen Wohnungsfonds die Tür zu massiven staatlichen Subventionen öffne. Daher muss auch die Europäische Kommission erst prüfen, ob sie diesem "tschechischen Projekt" ihren Segen geben kann. Sollte dies jedoch geschehen, dann sollen ab 2006 jährlich über 5000 Genossenschaftswohnungen in Tschechien neu entstehen.