Tschechisches Museum der Musik - Gespräch mit Museumsdirektorin Markéta Hallová (II.)
In der vergangenen Ausgabe des musikalischen Spaziergangs durch Prag im Juni versprachen wir Ihnen, liebe Hörerinnen und Hörer, mit uns gemeinsam die Führung durch das noch nicht geöffnete neue Gebäude des Tschechischen Museums der Musik fortzusetzen. In das Museum laden Sie in den folgenden Minuten Martina Schneibergovaund Gerald Schubert ein.
Das Tschechische Museum der Musik ist Bestandteil des Prager Nationalmuseums. Neben Gedenkräumen, die namhaften Komponisten gewidmet sind, werden in der historischen Abteilung des Museums wertvolles Notenmaterial und Dokumente zur Musikgeschichte, sowie einzigartige Musikinstrumente aufbewahrt. Wie wir Sie das letzte Mal informierten, wird das Museum in neue Räumlichkeiten umziehen, und zwar in das Gebäude einer ehemaligen Kirche. Wenn alles klappt, könnte es anlässlich des internationalen Musikfestivals Prager Frühling - d. h. im Mai 2004 - eröffnet werden. Die Direktorin des Museums, Marketa Hallova, betonte, dass neben der ständigen Ausstellung den musikinteressierten Besuchern noch mehr geboten werden soll:
"Hier in dem ehemaligen Kirchenraum, wo wir jetzt stehen, sollen rechts auf einer Fläche von 123 Quadratmetern diverse Ausstellungen stattfinden. Diese Ausstellungen werden immer zu einem aktuellen musikalischen Thema veranstaltet und nach je drei Monaten gewechselt. An diesen Ausstellungsraum knüpft der Konzertsaal an. Links können dann die Konzertbesucher ein kleines Foyer besuchen, das mit Plastiken aus unseren Sammlungen geschmückt wird."
Eine repräsentative Ausstellung des Tschechischen Museums der Musik wird sich Marketa Hallova zufolge eine Etage höher befinden. Hier wird man die interessantesten Gegenstände aus den Sammlungen des Museums besichtigen können. Am beachtenswertesten finden die Besucher meistens die Musikinstrumente. Eine ständige Ausstellung über die Musikgeschichte wird es nicht geben, denn nach Worten der Direktorin zeigte es sich in der Vergangenheit, dass eine solche Ausstellung für die Besucher wenig attraktiv war:
"Vielleicht aus dem Grund, dass die historische Ausstellung im Schloss Litomysl installiert wurde und stark politisch gefärbt war. Ich muss zugeben, dass ich diese Ausstellung damals nicht besuchte, sie war ein Fiasko. Nach der Wende von 1989 wurde sie sowieso aufgelöst."
In der breiteren Öffentlichkeit ist bekannt, dass das Dvorák- und das Smetana-Museum Bestandteile des Tschechischen Museum der Musik sind. Weniger bekannt sind jedoch die Sammlungen, die früher im Großpriorenpalais untergebracht waren. Dieses Gebäude wurde im Rahmen der Restitution des vom kommunistischen Staat beschlagnahmten Eigentums an den Malteser Orden zurückgegeben, und dem Museum wurden die erwähnten Räumlichkeiten in der Karmelitska-Straße zur Verfügung gestellt, die jedoch zuerst gründlich renoviert und umgebaut werden mussten.
"Das Großpriorenpalais war im Vergleich mit dem Dvorak- bzw. dem Smetana-Museum weniger bekannt. Bekannt was es jedoch unter den Musikexperten in der ganzen Welt. Vor allem aus dem Grund, dass dort unsere Sammlung von Musikinstrumenten zu sehen war. Diese Sammlung wird weltweit anerkannt und soll die Grundlage für die künftige ständige Ausstellung darstellen, die in der ersten Etage in diesem Haus eröffnet werden soll. Ergänzt wird sie durch wertvolle Dokumente, die etwa eine Anleitung enthalten, wie man auf welchem Instrument spielt. Außerdem wird es hier auch Noten geben, um zu erläutern, wie welches Instrument in die Noten eingetragen wird. Ich meine, dass es gut ist, z. B. eine Tabulatur für die Laute zu zeigen."
Die Ausstellung wird die Chronologie zwar berücksichtigen, der tragende Aspekt wird jedoch die Art sein, wie man in welcher Zeit auf welchen Musikinstrumenten spielte. Es wird hier künftig also eher der Schöpfungsprozess der Musik dargestellt, nicht ihre Geschichte. Dafür gibt es heutzutage nach Meinung von Marketa Hallova andere Möglichkeiten. In dem neuen Museum wird man den Klang der historischen Instrumente auch hören können.
Aus den Sammlungen des Museums hören Sie jetzt den Klang des Kleinflügels im Sekretär. Das Musikinstrument wurde nach 1810 hergestellt. Einen Ausschnitt aus der Eglogue XXV von Jan Vaclav Tomasek spielt Hanus Barton:
Den Interessenten werden im künftigen Museum der Musik auch eine Phonothek und ein Studiensaal zur Verfügung stehen. Aufnahmen mit wertvollen historischen Instrumenten kann man künftig auch auf CDs kaufen, wie Marketa Hallova bestätigt:
"Die Zeit ist kurz - bis zum nächsten Jahr. An den Aufnahmen wird schon gearbeitet. Musikinstrumente, die repariert werden können, werden repariert, falls durch diese Reparatur der Hauptcorpus des Instruments nicht beschädigt wird. Bei der Restaurierung der Musikinstrumente muss man vorsichtig erwägen, ob die Restaurierung, dank der das Instrument wieder erklingen kann, das Instrument nicht vernichtet. In dem Augenblick, wo allzu viele Bestandteile des Instruments ausgewechselt werden müssen, ist es nicht mehr das ursprüngliche Instrument. In dem Fall bevorzugen wir eher die Möglichkeit, eine Kopie des historischen Musikinstruments herzustellen und diese dann erklingen zu lassen."
Für eine Expertin ist es jedenfalls schwierig, nur ein einziges, besonders beachtenswertes Musikinstrument aus der Sammlung hervorzuheben:
"Ich möchte sagen, dass wir uns bemühen werden, verschiedene interessante Musikinstrumente zu zeigen - einschließlich der Musikautomaten, die jetzt vor allem im Schloss Horovice ausgestellt sind. Die meisten davon sind in einem schlechten Zustand, so dass sie nicht spielen. Außerdem haben wir vor, in einem Raum auch Volksinstrumente zu präsentieren. Als eine Kuriosität, auch wenn sie aus dem 20. Jahrhundert stammt, werden hier Alois Hábas Vierteltonklavier zeigen. Es gibt nur ein einziges Vierteltonklavier auf der Welt, und es wurde mit der Unterstützung von Präsident Tomas Garrigue Masaryk nach einem Entwurf des Komponisten Alois Hába so konstruiert, dass es eigentlich zweistöckig ist. Dieses Jahr fand im Rahmen des Musikfestivals Prager Frühling nach vielen Jahren wieder ein Konzert mit Kompositionen für das Vierteltonklavier von Alois Hába statt."
Das Vierteltonklavier, das vor mehreren Jahren auseinandergenommen wurde, wurde vor einigen Jahren anlässlich des 300. Jubiläums des Hammerklaviers vom Museum restauriert. Neben dem Vierteltonklavier, das von der tschechischen Fabrik Foerster konstruiert wurde, werden hier auch andere Vierteltoninstrumente vorgestellt, die nach Entwürfen von Alois Hába hergestellt wurden. Einen Ausschnitt aus Hábas "Fantasie" spielt auf dem erwähnten Vierteltonflügel Karel Reiner:
Neben dem Vierteltonflügel befinden sich in der Sammlung des Museums auch andere Musikinstrumente, die im Weltmaßstab einzigartig sind - wie z. B. eine Sammlung wertvoller italienischer Violinen. Als Pendant dazu werden Werke von den tschechischen Geigenbauern ausgestellt. Marketa Hallova fügt hinzu:
"Wir möchten die Ausstellung bis in die Gegenwart führen. Wir denken daran, im zweiten Stock die Musikinstrumente des 20. Jahrhunderts zu zeigen und den Besuchern einen Blick in ein elektronisches Studio zu ermöglichen. Es wird sich um elektronische Instrumente von Spitzenqualität handeln. Alle diese Instrumente haben sich in der letzten Zeit stürmisch entwickelt. Jeder Hersteller von Musikinstrumenten schützt seine Produkte durch Patente - diese werden innerhalb der Familien bewahrt. Z. B. die Firma Steinway, die jetzt ihr 150. Jubiläum begeht, verfügte vor drei Jahren über 120 Patente."
Die Direktorin rechnet damit, auch Portraits von berühmten Instrumentenbauern und Interpreten auszustellen. Das Museum verfügt über ca. 750.000 Noten und Bücher mit musikalischer Thematik. Es archiviert republikweit die höchste Zahl von musikalischen Dokumenten. Das Wertvolle an dem Museum besteht nicht nur darin, dass es mehrere einzigartige Exponate besitzt, sondern auch darin, dass die Sammlungen nicht nur umfangreich, sondern auch flächendeckend sind. Der Name des Museums wurde vor kurzem geändert - vom ursprünglichen Museum der tschechischen Musik wurde es in das Tschechische Museum der Musik umbenannt. Denn die Exponate stammen nicht ausschließlich aus den böhmischen Ländern:
"Wir haben wir einen Steinway oder eigentlich einen "Steinweg" - es ist offensichtlich das letzte Klavier, das die Firma noch vor ihrer Übersiedlung in die USA herstellte, bevor die Marke Steinweg in das englische "Steinway" umgeändert wurde. Dieses Musikinstrument wurde in einem Depot in Terezín/Theresienstadt aufbewahrt, und wurde während der Hochwasserkatastrophe leider stark beschädigt. Wir bemühen uns, das Instrument zu restaurieren, doch auch die Firma Steinway, der wir eine Dokumentation seines Zustandes schickten, hält es eigentlich schon für verloren. Unsere Restauratoren geben uns aber die Hoffnung, dass das wertvolle Stück doch noch repariert werden kann. Dieser Steinweg-Steinway soll hier, wenn es mit der Reparatur klappt, dann auch gezeigt werden."
Mit einem Ausschnitt aus der "Humoreska" von Antonín Dvorák, gespielt von Miroslav Langer auf einem Salonflügel der Marke Bösendorfer aus dem Jahr 1880, ist diese Ausgabe des musikalischen Spaziergangs durch Prag beendet.