Überraschung und Unruhe: Reaktionen auf Wahlsieg Donald Trumps

Donald Trump (Foto: ČTK)

Die Stimmen in den USA sind ausgezählt und der 45. Präsident der Vereinigten Staaten steht fest: Es ist der Republikaner Donald Trump. Für die meisten dürfte dies eine Überraschung sein, da seine Kontrahentin, die Demokratin Hillary Clinton, vor allem in den Medien als haushohe Favoritin gefeiert wurde.

Donald Trump  (Foto: ČTK)
Wenn man sich die bisherigen Reaktionen aus den tschechischen Regierungskreisen anschaut, so sind diese bei weitem nicht so scharf wie zum Beispiel in Deutschland. Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen hatte sich ja bereits gegenüber Journalisten „schockiert“ gezeigt vom Wahlausgang. Der Sprecher von Präsident Zeman, Jiří Ovčáček, konnte hingegen seine Begeisterung nur schwer verbergen heute Morgen. Lügen und Hass könne man besiegen, lässt er auf seinem Twitter-Profil verlauten, was auch eine innenpolitische Anspielung auf die Proteste gegen Präsident Zeman in Tschechien ist. Weiter spricht Ovčáček von einem Sieg der normalen US-Amerikaner gegen ein Konglomerat von verlogenen Medien und aufgeblasenen Pseudoeliten. Man wolle sich für 2018 ein Beispiel an den USA nehmen, so Ovčáček. Auch Präsident Miloš Zeman persönlich nahm zum Wahlausgang Stellung. Er freue sich sehr und beglückwünsche Donald Trump zu seinem Erfolg, so das tschechische Staatsoberhaupt.

Bohuslav Sobotka  (Foto: ČTK)
Gemäßigter reagierte Premier Bohuslav Sobotka (Sozialdemokraten), der dem Wahlsieger ebenfalls zunächst über den Kurznachrichtendienst Twitter seine Glückwünsche mitteilte. Er sei davon überzeugt, dass die USA weiterhin ein verlässlicher Partner sein werden, so der Premier. Immerhin wisse Trump wo Tschechien liege, witzelte Sobotka sogar mit einem Blick auf Trumps tschechische Ex-Frau Ivana. Ebenso weist der Premier aber auch auf die Spaltung der US-amerikanischen Gesellschaft hin, die es nun zu überwinden gelte. Trump hat laut dem Regierungschef vor allem mit seinem aggressiven Populismus Wählerstimmen gewonnen. Insgesamt aber respektiere man in Tschechien den demokratischen Schritt der Amerikaner hin zu einem Politikwandel, so Sobotka. Außenminister Lubomír Zaorálek (Sozialdemokraten) glaubt nach dem Wahlsieg Trumps genauso wie Sobotka an weiterhin gute partnerschaftliche Beziehungen, wenn auch unter neuen Vorzeichen. Zaorálek macht sich aber über etwas anderes Sorgen:

Lubomír Zaorálek  (Foto: Archiv des Regierungsamtes der Tschechischen Republik)
„Was die Entwicklung dazu in Europa betrifft und vor allem Trumps Aussagen in dem Bezug, so sehe ich eher schwarz für die Zukunft des Freihandelsabkommens TTIP mit den USA.“

Im Vorfeld des Urnengangs sorgten vor allem Donald Trumps Positionen zu Außenpolitik für Unruhe, so seine Haltung zu Russland und der Nato. In Panik verfällt man diesbezüglich nicht in Tschechien, anders als vielleicht in Polen oder den baltischen Staaten. Dazu äußert sich hierzulande vor allem die konservative Opposition. Diese ist ja traditionell sehr US-freundlich und kritisch Russland gegenüber, um es euphemistisch auszudrücken. So hofft auch der Noch-Vorsitzende der konservativen Top 09, Miroslav Kalousek, dass Trump einige seiner Wahlversprechen nicht hält:

Vojtěch Filip  (Foto: Tomáš Adamec,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
„Ich habe vor allem Trumps Aussagen zu den Verpflichtungen in der kollektiven Sicherheit und zur isolationistischen US-Wirtschaftspolitik im Kopf. Ich hoffe, dass sich die langfristig konsistente Politik der USA gegenüber Russland nicht ändern wird. Wenn Trump da seine Statements auch umsetzen würde, wäre das meiner Meinung nach ein großes Problem für die freie Welt.“

Die tschechische Opposition hat natürlich keinen einheitlichen Standpunkt gegenüber dem neuen US-Präsidenten. Der Chef der Kommunisten, Vojtěch Filip, betont das Kuriosum dieser Wahlnacht, das gerade die amerikanische Unterschicht den Milliardär Trump gewählt haben soll. So habe Clinton vor allem die klassischen Werte der Demokraten verraten, was viele traditionell linke Wähler verschreckt habe, so Filip. Auch sei die Ex-First Lady und Ex-US-Außenministerin zu militaristisch aufgetreten im Wahlkampf, was gerade bei den liberalen Friedensaktivisten schlecht angekommen sei.

Andrew Schapiro  (Foto: ČTK)
Andrew Schapiro, der US-Botschafter in Prag, hat sich unter anderem im Tschechischen Rundfunk ausführlich geäußert zu den Befürchtungen in Tschechien und versucht zu beschwichtigen. Wirklich seine Hand ins Feuer legen möchte der Diplomat für Trump aber nicht:

„Ich arbeite immer noch für Präsident Obama, und das bleibt auch so bis zum Antritt unseres neuen Staatsoberhaupts irgendwann Ende Januar. Aber auch das wird nichts daran ändern, dass die USA ein starkes und prosperierendes Europa brauchen.“

Die Medien in Tschechien haben nicht wirklich mit einem Sieg Trumps gerechnet, was auch eine genaue Medienanalyse schwierig macht. So titelt die Online-Ausgabe der MF Dnes schlicht:„Trump gewinnt die Wahlen – den Erwartungen zum Trotz“. Das Portal Novinky.cz und die Online-Ausgabe der Tageszeitung Lidové noviny stellen vor allem die Auswirkungen auf die Weltpolitik und Weltwirtschaft in den Mittelpunkt. So titelt das erstgenannte Portal: „Putin gratuliert, Europa ist schockiert, und Asien zeigt sich mürrisch. Die Welt verdaut den Wahlsieg Trumps.“ Erwartungsgemäß sieht das der stark West- und USA-orientierten Politik von Ex-Präsident Václav Havel nahestehende Wochenmagazin Respekt dunkle Wolken über der Welt heranziehen: Von Isolationsstimmung wie in Vorkriegszeiten, der Wut des armen weißen Mannes und einem neuen Amerika ist da die Rede. Interessant ist der Aufmacher des rechtspopulistischen Nachrichtenmagazins Reflex, welches die Medien unter Beschuss nimmt: Der Sieg Trumps sei „Die größte Niederlage der Celebritys, Demoskopie-Scharlatane, des Establishments und der Medien“, ist dort in der Online-Ausgabe zu lesen.