Umstrittenes Polizeigesetz um Alkoholtest bei Autofahrern

„Null Toleranz“ – Dieses Losungswort gilt seit jeher auf Tschechiens Straßen. Theoretisch zumindest. Denn wie die alljährlichen Unfallstatistiken beweisen, nehmen es viele tschechische Autofahrer – zu viele – nicht so genau mit der Einhaltung der Verkehrsregeln. Bei ihren Kontrollen hat es die Polizei immer wieder mit einer ganzen Menge Verkehrssündern zu tun. Mit einem neuen Gesetz wollte man den oft überlasteten Verkehrspolizisten die Arbeit erleichtern. Seit dem 1. Januar dieses Jahres sind sie nicht mehr verpflichtet, alkoholisierte Autofahrer nach dem Atemlufttest auch zu einer Blutprobe zu fahren. In der Praxis sieht dies allerdings ganz anders aus.

Chef der Verkehrspolizei Leoš Tržil
Sie seien keine Taxifahrer für die betrunkenen Autofahrer. Unter diesem Motto machte die Polizei Anfang dieses Jahres Schluss mit der bisherigen Praxis, den Alkoholkonsum zusätzlich noch durch eine Blutprobe in einer medizinischen Einrichtung bestätigen zu lassen. Es sollte reichen, in ein Alkoholtestgerät zu pusten. Dazu besitzt die Polizei amtlich kalibrierte Testgeräte, zumeist der Marke Dräger. Die behauptete Messgenauigkeit der Geräte sollte der Polizei das Geld für die Bluttests und nicht zuletzt auch die Zeit sparen, die die Fahrten ins Krankenhaus in Anspruch nehmen. Die bisherige Praxis hat aber etwas gezeigt, womit die Polizei nicht einverstanden ist. Leoš Tržil, Chef der Verkehrspolizei:

„Es passiert, dass ein Staatsanwalt im Ort XY die Durchführung des Bluttests ab dem Grenzwert 1,1 Promille verlangt, wobei sein Kollege im benachbarten Landkreis gar keinen Bluttest anordnet. Dahingegen wünscht sich ein anderer den Bluttest bereits beim Messwert 0,9 und woanders wiederum erst ab 1,6 Promille. Angesichts dieser Situation ist es ganz bestimmt nicht nur aus der Sicht der Polizei wichtig, dass man Regeln vereinbart, die ein einheitliches Vorgehen in der Praxis ermöglichen.“

Der Grund für diese unklare Situation ist, dass sich nicht jedes Gericht nur mit dem Ergebnis der Atemluftprobe zufrieden stellt. Aus gutem Grund, wie einige Experten meinen, so etwa der Gerichts-Sachverständige Jaroslav Zikmund:

„Dann könnte man ein Strafverfahren auch wegen erhöhten Promillespiegels gegen Menschen führen, die keinen Alkohol im Blut haben müssen. Schon das Kauen eines Kaugummis kann zu erhöhten Werten in der Atemluft führen.“

Und hier noch die Meinung von Michal Beran vom Institut für Gerichtsmedizin beim Prager Klinikum Bulovka:

„Die errechneten Werte berücksichtigen nicht alle relevanten Faktoren, die den gesamten Promillewert beeinflussen. Zum Beispiel das Alter, den Körperbau, das Geschlecht, die Körpertemperatur, die vorherige Nahrungsaufnahme, den Luftdruck oder zum Beispiel auch die Temperatur des Messgeräts.“

Nun schlägt die Polizei folgendes vor: Wenn sich ein Autofahrer, dem Alkoholkonsum mit dem erwähnten Dräger-Testgerät nachgewiesen wurde, zusätzlich eine Blutprobe wünscht, wird er ins Krankenhaus gefahren. Wenn dann auch die Blutprobe den Alkoholgehalt nachweist, soll der Autofahrer dafür 1500 Kronen (rund 60 Euro) bezahlen.

Nun hat sich die Polizei am Donnerstag an die Oberste Staatsanwaltschaft gewandt, um die reichlich konfuse Situation um das sieben Monate alte Gesetz möglichst schnell zu bereinigen. Eine Änderung ist aber nicht in kurzer Zeit abzusehen. Die Sprecherin der Behörde signalisierte bereits, dass es sich um ein kompliziertes Problem handele, dessen Lösung viel Zeit in Anspruch nehmen werde.