Umweltschäden durch Überschwemmung von Chemiefabrik befürchtet
Die Überschwemmungskatastrophe hat einstweilen nicht nur unmittelbare, durch Wasser verursachte Schäden hervorgebracht, sondern droht durch die Überflutung des Areals der Chemiefabrik Spolana nun auch längerfristige ökologische Auswirkungen nach sich zu ziehen. Näheres erfahren Sie im folgenden Beitrag von Gerald Schubert:
Das Areal der Chemiefabrik Spolana in Neratovice, nahe der am Zusammenfluss von Moldau und Elbe gelegenen Stadt Melník, stand Donnerstag früh bis auf wenige Ausnahmen völlig unter Wasser. Aufgrund des weiteren Ansteigens des Wasserspiegels musste der vor Ort tagende Krisenstab mittlerweile an einen sicheren Ort übersiedeln. Unter Wasser befinden sich mittlerweile die Anlagen einer ehemaligen Amalgamelektrolyse sowie ein ausgedehntes quecksilberkontaminiertes Gebiet.
Ich habe den Kampagnenleiter von Greenpeace in der Tschechischen Republik, Herrn Jan Haverkamp, der die Situation momentan beobachtet, telefonisch um eine erste Einschätzung der Lage gebeten:
"Wir wissen, dass Spolana jetzt zum größten Teil untergelaufen ist, das heißt inklusive dem quecksilberverunreinigten Gebiet. Das bedeutet, dass sich ein Teil des Quecksilbers ausspülen wird, das sich in den letzten 30 Jahren über Bakterieneinwirkung in Organoquecksilberverbindungen umgesetzt hat."
Laut jüngsten Informationen besteht neben der Quecksilberkontaminierung nun auch die Gefahr, dass sich das Wasser auf einen anderen, dioxinverseuchten Teil des Areals ausbreitet. Jan Haverkamp dazu:
"Über den Dioxinteil ist noch schwieriger zu sagen, was da im Moment los ist. Wir wissen, dass auch in dem Bereich Wasser steht, wir wissen allerdings nicht, ob die Gebäude überspült sind."
Die drohende Verseuchung der Elbe hat mittlerweile auch die deutsche Bundesregierung auf den Plan gerufen, die die Wasserqualität überprüft und weitere Schritte zum Schutz von Umwelt und Bevölkerung überlegt.
"Die deutsche Bundesregierung hat zur Überprüfung der möglichen Folgen der Überspülung von Spolana eine Sonderkommission eingesetzt, und man monitort dort im Moment, was das Wasser herunterspült. Wir haben um ein sicheres Monitoring bezüglich Dioxin, Quecksilberverbindungen und ein paar organischer Verbindungen, die mit der PVC-Produktion zusammenhängen gebeten.
In der Nacht auf heute hat sich auf dem Areal der Chemiefabrik auch eine Explosion ereignet. Eine Bewohnerin des Bezirks, die die Detonation gehört und einen Blitz gesehen hat, hat die örtliche Hochwasserkommission auf den Zwischenfall aufmerksam gemacht. Eine Sprecherin der Polizei teilte aber mit, dass unmittelbar durch die Explosion keine bedrohliche Situation entstanden sei.
Auch der Pressesprecher des Werks beruhigt und bezeichnet die Lage insgesamt als nicht bedrohlich. Jan Haverkamp äußerte sich hingegen unzufrieden über die Informationspolitik der Firma.