Und wieder eine Regierungskrise: Vizepremier John will zurücktreten
Einen Monat lang schien es so, als wenn die tschechische Koalitionsregierung die Krise überwunden hat. Seit dem Mittwoch gilt dies aber nicht mehr. Die Regierung wird von einer weiteren Krise erschüttert. Am Mittwoch ließ der Vizepremier für Kampf gegen Korruption, Radek John, verlauten, er werde von seinem Amt zurücktreten. John ist zudem Parteichef der kleinsten Regierungspartei, der Partei der Öffentlichen Angelegenheiten (VV). Das Kabinett kann auf die Unterstützung der VV-Partei jedoch nicht verzichten.
Der Grund: John wollte sich nicht damit abfinden, dass über die Auswahl seiner Mitarbeiter der Premier persönlich entscheiden will. Zudem erfülle das Regierungskabinett nicht seine Rolle, kritisierte John:
„Die Reformen werden nicht diskutiert. Die Unterhändler der Koalitionsparteien treffen nicht regelmäßig zusammen. Die personellen Veränderungen, zu denen unsere Partei aufgefordert hat, wurden auf unbestimmte Zeit verschoben.“
Wie ein Blitz aus heiterem Himmel traf Johns Rücktrittserklärung den ahnungslosen Premier Nečas:„Der Schritt hat mich überrascht. Vizepremier John teilte mir seine Entscheidung erst mit, nachdem er davon die Medien in Kenntnis gesetzt hatte. Ich gehe davon aus, dass wir miteinander noch darüber sprechen werden. Denn eine schriftliche Erklärung von ihm über den Rücktritt liegt mir noch nicht vor.“
John wurde auch von Präsident Klaus empfangen. Das Staatsoberhaupt bezeichnete die Koalition als ein sehr zerbrechliches Bündnis. Die jetzige Situation sei beunruhigend, kommentierte Klaus.
Die führenden Vertreter der drei Koalitionsparteien, der Bürgerdemokraten, der Partei Top 09 und der VV-Partei, trafen danach zu Gesprächen zusammen. Johns Rücktritt war jedoch nicht das Thema der Verhandlungen. Die VV-Partei gab vielmehr bekannt, dass sie auch nach dem Kabinettsaustritt ihres Vorsitzenden die Regierungskoalition nicht verlassen werde. Radek John dazu:
„Die Koalition ist nicht gefährdet. Wir wollen nur, dass daran, was wir den Wählern versprochen haben, auch wirklich gearbeitet wird.“Für die Regierung ist die Unterstützung, die ihr die 21 Abgeordneten der kleinsten Koalitionspartei gewähren, von großer Bedeutung. Von den Ministern der VV-Partei bleiben im Kabinett offensichtlich nur noch Bildungsminister Dobeš und der Minister für Regionalentwicklung Jankovský. Die VV-Partei erwartet auch weiterhin, dass der Premier die Regierungsumbildung fortsetzen wird, wie er es vor einigen Wochen angekündigt hat. Der Parteichef der oppositionellen Sozialdemokraten, Bohuslav Sobotka, meint hingegen, Premier Nečas solle sich darüber Gedanken machen, ob diese Regierung überhaupt noch eine Perspektive habe.