UNICEF-Studie: Wenig Kinderarmut in Tschechien - mit klar steigender Tendenz

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Tschechien zählt in der Welt zu den Ländern mit der geringsten Kinderarmut. So der Befund einer am Dienstag veröffentlichten UNICEF-Studie. Bei genauerem Hinsehen gibt das scheinbar positive Ergebnis aber durchaus Anlass zum Nachdenken. Silja Schultheis mit Einzelheiten.

Die geringste Kinder-Armut diagnostizierte UNICEF in den nordischen Ländern - allen voran in Dänemark mit einem Wert von nur 2,4 Prozent. Es folgen Finnland, Norwegen und Schweden. Auf Platz fünf die Schweiz, auf Platz sechs - Tschechien. Ein positives Abschneiden - und trotzdem alles andere als Grund zur Zufriedenheit, meint Pavla Gomba, Leiterin von UNICEF-Tschechien:

"Das Ergebnis ist zwar positiv, aber seit der letzten Studie vor fünf Jahren hat sich die Kinderarmut in Tschechien um 4 Prozent erhöht."

Mit dieser Zuwachsrate liegt Tschechien unter den 24 untersuchten OECD-Ländern deutlich vorn: Schneller hat sich die Kinderarmut in den vergangenen Jahren nur in Polen und Luxemburg erhöht. Dass es trotz dieser negativen Tendenz hierzulande immer noch vergleichsweise wenig arme Kinder gibt, ist laut Pavla Gomba eine Folge des noch aus kommunistischen Zeiten stammenden umfassenden staatlichen Sozialsystems:

"Wenn bei uns der Staat nichts tun würde, gäbe es bei uns etwa 15,8 Prozent Kinder, die in Armut leben. Dank unterschiedlicher Sozialleistungen und Steuervergünstigungen sind es nur 6.8 Prozent."

Insgesamt mehr als 45 Millionen Kinder wachsen in reichen Industrienationen laut UNICEF in einer armen Familie auf - oder genauer: in einer vergleichsweise armen Familie. Denn die Studie geht von einem relativen Armutsbegriff aus. Pavla Gomba, Leiterin der tschechischen UNICEF:

Das bedeutet nicht, dass ein als 'arm' eingestuftes Kind gar nichts hat. Aber es lebt einfach weitaus schlechter als die meisten anderen in der Gesellschaft.

Um hier für Gerechtigkeit zu sorgen, sei der Staat gefragt, meint Frau Gomba, denn von alleine ließe sich der demographische Trend und mit ihm die steigende Armut nicht bremsen. Die Zeitung Hospodarske noviny moniert in diesem Zusammenhang, dass der tschechische Staat seit Anfang der 90er Jahre zwar seine Sozialausgaben deutlich erhöht habe, die Kinder dabei aber gegenüber dem Renten- und Gesundheitssystem zu kurz gekommen seien.

www.unicef.org/irc