"Union der Väter für die Rechte des Kindes" setzt sich für gleiches Sorgerecht beider Eltern nach der Scheidung ein

Foto: Archivo de ČRo7

Im Zuge der politischen Wende von 1989 hat sich auch das Selbstverständnis der tschechischen Gesellschaft in vielen Bereichen geändert bzw. ändert sich. Dies schlägt sich nicht zuletzt unmittelbar in den Familien nieder. Die Statistiken sprechen eine deutliche Sprache: Die Geburtenrate sinkt stetig, die Scheidungsrate hingegen steigt. Heute werden in Prag bereits drei von fünf Ehen wieder geschieden. Für ein gleiches Sorgerecht von Mutter und Vater nach der Scheidung setzt sich seit 1988 die "Union der Väter für die Rechte des Kindes" mit ihren etwa 200 Mitgliedern ein. Mit ihrem Vorsitzenden, Daniel Nebesky, unterhielt ich mich über das veränderte Familienverständnis der Tschechen seit 1989.

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Herr Nebesky, was hat sich nach 1989 in tschechischen Familien hinsichtlich des Rollenverständnisses geändert? Es war ja während des Kommunismus üblich, dass beide Eltern gearbeitet haben, die Kinder kamen in die Krippe. Heute arbeiten auch beide Eltern, um Geld zu verdienen...

"Früher lebten die Familien meistens mit drei Generationen in einem Haus. Die Kinder haben zuhause gelernt, wie man den Großeltern helfen soll. Das ist durch die vielen Scheidungen nicht mehr so. Als ich zur Schule ging, war in unserer ganzen Klasse nur ein einziger Junge, der aus einer geschiedenen Familie kam. Heute sind es in Prag fast 60%. Was neu ist, ist unser Familiengesetz. Unsere Union hat eine große Kampagne gemacht gegen die Justiz. Und mit Hilfe vieler Politiker haben wir durchgesetzt, dass das Familiengesetz geändert wurde. Heute ist es schon möglich, dass nach einer Scheidung die Kinder abwechselnd bei der Mutter und beim Vater sind."

Ihr Sohn studiert in Deutschland, Sie kennen auch die dortigen Verhältnisse sehr gut. Worin sehen Sie den Hauptunterschied zwischen der tschechischen Gesellschaft und anderen Gesellschaften in Westeuropa, was das Rollenverständnis und das Verständnis von Familie anbelangt?

"Der Hauptunterschied ist der, dass in Deutschland ein Gesetz, wenn es in Kraft ist, auch respektiert wird. Bei uns ist das nicht so. 90% der Frauen respektieren nach der Scheidung nicht, welche Regelungen es im Gesetz für die Kinder gibt."

Eigentlich nähert sich ja die Entwicklung hier in Tschechien immer mehr der in Westeuropa an, wenn man sich die Statistiken ansieht: Die Zahl der Eheschließungen sinkt, die Geburtenrate geht zurück. Ist das nicht auch eine natürliche Entwicklung, die heute allgemein im Westen zu beobachten ist?

"Natürlich ist das nicht. Das ist vielleicht durch die heutige Kultur, durch die Medien unterstützt, aber natürlich ist das nicht."

Eines ihrer Hauptanliegen war die Änderung des Familiengesetzes, von der Sie vorhin sprachen. Was sind die weiteren Pläne der Union der Väter für die Rechte des Kindes'?

"Uns weiter zu verbreiten."