Union, Eishockey und Fahnen

Etwas bunter als sonst war Prag in den letzten April- und ersten Mai-Tagen dieses Jahres. Dafür sorgte diesmal nicht nur die Natur, die sich doch alljährlich im Frühling bemüht, ihre reiche Farbenpalette zu zeigen. Diesmal haben auch Fahnen, Flaggen und Wimpel das Land farbiger gemacht.

Dazu haben zwei internationale Ereignisse beigetragen: die Erweiterung der Europäischen Union und die Eishockey-Weltmeisterschaft. Sportfans aus aller Welt kamen nach Tschechien und brachten ihre Flaggen mit bzw. bemalten sich mit diesen Symbolen ihre Wange und Stirn.

Ein Eishockeyspiel ist heute wohl auch der stärkste Beweggrund für die Tschechen, um sich an ihre Nationalflagge zu erinnern. Unter den Bürgern herrscht wohl immer noch das Gefühl des Zwangs aus der Zeit des Sozialismus. Doch trotzdem: immer wenn sich die Nation bedroht fühlte oder große geschichtliche Umbrüche erlebte, griff sie nach diesem Symbol - so war es im August 1968, aber auch im November 1989, als man überall auf den Straßen ein weiß-rot-blaues Fahnenmeer sehen konnte.

Seit dem 1. Mai 2004, dem bisher letzten großen Meilenstein in der Geschichte der Tschechischen Republik, weht eine neue Fahne über dem Land - die dunkelblaue mit dem Sternenkreis. Auf den Straßen konnte man am Beitrittstag viele EU-Flaggen sehen, doch der tschechische Präsident hat diese auf seinem Amtssitz auf der Prager Burg nicht gehisst. Er habe dazu von keinem Bürger der Tschechischen Republik ein Mandat, eine Weisung, einen Befehl oder eine Bitte erhalten, beantwortete Vaclav Klaus die entsprechende Frage und fügte hinzu, eine solche Idee sei ihm gar nicht in den Sinn gekommen. Der Präsident war wahrscheinlich nicht der einzige. Auch Verkäufern ist wohl nicht eingefallen, dass die Nachfrage der Tschechen nach EU-Flaggen steigen könnte, und sie haben die Chance verpasst, sich einen größeren Vorrat zu besorgen und ein größeres Geschäft zu machen. Und so waren bereits einige Tage vor dem 1. Mai EU-Fahnen in tschechischen Geschäften ausverkauft.