Unterstützung des EU-Beitritts seitens der tschechischen Bürger

Europäische Union

Herzlich willkommen zum Eurodomino. In der heutigen Ausgabe bieten wir Ihnen zuerst einen Rückblick zum letzten EU-Gipfeltreffen in Göteborg. I n dem zweiten Teil bringen wir aktuelle Informationen bezüglich der Unterstützung des EU-Beitritts seitens der tschechischen Bürger und der tschechischen politischen Parteien. Am Mikrophon begrüßen Sie Martina Schneibergova und Philipp Kauthe. Redaktion hatte Dagmar Keberlova.

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Die Beitrittsverhandlungen sollen im nächsten Jahr abgeschlossen werden und die neuen Mitgliedsländer sollen so aufgenommen werden, dass ihre Bürger im Herbst 2004 sich an den Wahlen zum Europäischen Parlament beteiligen können. Dies ist das Ergebnis des EU-Gipfeltreffens, dass am 15. und 16. Juni in Göteborg stattgefunden hatte. Diese Entscheidung haben die Kandidatenländer, deren Vertreter auch in Göteborg anwesend waren, begrüßt. So äußerte der tschechische Premier Milos Zeman diesbezüglich, dass es uns, also der Tschechischen Republik, lieber sei, wenn wir von den Staatsmännern der EU-Staaten hören, dass dies jetzt ein genau definiertes Ziel sei und nicht wie bis vor kurzem lediglich eine Äußerung ihrer Wünsche oder Hoffnungen. Premier Zeman hoffe, dass die Tschechische Republik die Beitrittsverhandlungen Mitte kommenden Jahres abschließen könne. "Es ist ambitiös, aber realistisch," das sagte Zeman und brachte seine Hoffnung zum Ausdruck, dass seine sozialdemokratische Regierung Tschechien - so wörtlich - "an die Schwelle" der Europäischen Union bringen werde.

Der EU-Chefunterhändler Tschechiens Pavel Telicka sagte zum Ergebnis des Gipfeltreffens in Göteborg: "Unter der gegebenen Situation und im Kontext des irischen Referendums ist es gut. Im Text ist eine Bewegung, die wir gebraucht haben." Auch Außenminister Jan Kavan gab sich optimistisch. Kavan zufolge gäbe es kein Verhandlungskapitel, dass ein Hindernis für einen EU-Beitritt Tschechiens darstellen würde.


Soweit die Äußerungen der tschechischen Politiker. Aber wie kommentierten die tschechischen Zeitungen das EU-Gipfeltreffen? Hier ein kurzer Überblick:

Die Tageszeitung Mlada fronta Dnes schrieb, dass ein gnadenloser Wettlauf um die EU begonnen hatte. Die EU habe dem Kommentator zufolge jegliche Verantwortung auf die Kandidatenländer übertragen. Die Politiker sollen nun daran denken, dass die Zeit läuft. Niemand werde auf niemanden warten, niemand wird niemandem Gnaden erteilen. Die Tschechische Republik habe anderthalb Jahre - und nicht mehr aber auch nicht weniger - dafür, um zu zeigen, ob sie für einen würdevollen Platz in Europa reif geworden ist, schließt der Kommentar der Mlada fronta Dnes ab.

Die Wochenzeitung Respect schrieb, dass die irische Warnung ein entscheidendes Argument war, das die EU-Vertreter zu größeren Leistungen bewegt hatte. Einfach deshalb, weil man die gebotene Hand nicht mehr zurücknehmen kann, nachdem man den Polen, Ungarn und Tschechen so viel versprochen habe, schreibt die Wochenzeitung Respect.

Die Wirtschaftszeitung Hospodarske noviny kritisierte den Auftritt des tschechischen Premiers Zeman in Göteborg, der auf die Fragen von Financial Times oder Handelsblatt mit chaotischen Bonmots geantwortet habe. Aber Tschechien habe immer noch eine Chance, schreibt der Kommentator, weil es in der EU Menschen wie der luxemburgische Premier Jean Claude Juncker gäbe, der gesagt hat, dass die EU nicht die Politiker der Kandidatenländer aufnehme, sondern die Völker selbst. Wie lange aber die EU-Partner noch ihre Geduld bewahren werden, könne man nicht abschätzen, so schließt der Kommentar der Wirtschaftszeitung ab.

Und abschließend ein Kommentar der Tageszeitung Pravo. Auch nach Göteborg sei das Gefühl da, dass die Union zur Erweiterung keine große Lust hat, da ihr das ihr relativ zufriedenes Leben kompliziert. Wenn es politisch erklärbar wäre, würde wahrscheinlich gar keine Erweiterung stattfinden. Doch die EU sei nicht die einzige, doch die beste Alternative für die Zukunft Tschechiens. Das Land habe bereits ein ordentliches Stück des Weges zu den EU-Toren zurueckgelegt und nach Göteborg sei es um ein kleines Stück wieder näher, das schrieb der Kommentator der Tageszeitung Pravo zum EU-Gipfeltreffen in Göteborg.


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Das Meinungsforschungsinstitut CVVM befasste sich in den vergangenen Tagen mit der sinkenden Unterstützung des EU-Beitritts der Tschechischen Republik in der hiesigen Bevölkerung sowie in diesem Zusammenhang mit der Unterstützung des Beitritts durch die politischen Parteien. Welche Partei unterstützt in den Augen der Bürger den EU-Beitritt am meisten? Diese Frage wird von der Mitarbeiterin des Instituts, Eliska Rendlova, wie folgt beantwortet:

"Am besten schneiden hierbei die Sozialdemokraten ab. 71 Prozent der Bürger sind der Ansicht, dass diese Partei den Beitritt der Tschechischen Republik tatkräftig unterstützt. Das belegen viele Aktivitäten. Den zweiten Platz nimmt die Viererkoalition ein, während bei der Demokratischen Bürgerpartei (ODS) etwas mehr als die Hälfte der Befragten dieser Meinung ist. Gegenüber der Kommunistischen Partei äußern sich die Menschen diesbezüglich sehr kritisch."

Ein interessanter Unterschied ist allerdings zu verzeichnen, wenn die Bürger gefragt werden, wie sie denn selbst in einem Referendum abstimmen würden. Dazu noch einmal Eliska Rendlova:

"Heute, trotz der sehr positiven Einstufung der Sozialdemokraten, würden nur 39 Prozent der Bürger einem EU-Beitritt des Landes zustimmen, was dem allgemeinen Umfrageergebnis entspricht. Die ODS-Wähler würden zu 55 Prozent den EU-Beitritt unterstützen, was über dem Durchschnitt liegt. Man kann daher annehmen, dass die derzeitigen Aktivitäten der Sozialdemokraten, die früher in der Rolle einer Oppositionspartei diesen Themen eher kritisch gegenüber standen, sich in der Meinung ihrer Wähler noch nicht widerspiegelt haben."

Nach den Ergebnissen von Juni dieses Jahres wird der EU-Beitritt Tschechiens derzeit nur von 38 Prozent der hiesigen Bürger unterstützt. Im Jahr 1997 waren es um acht Prozent mehr. Der Prozentsatz der Tschechen, die gegen die Mitgliedschaft sind, ist im selben Zeitraum um zwei Prozent angestiegen. In den jeweiligen Umfragen stellte man fest, dass zur Gruppe der EU-Gegner vor allem ältere Menschen und Menschen mit niedrigerer Bildung gehören, wobei der größte Prozentsatz der Ablehner von Familien mit sehr schlechtem Lebensniveau gebildet wird. In allen anderen Bevölkerungsgruppen handle es sich laut dem Meinungsforschungsinstitut mehr um eine gewisse Unsicherheit als um eine tatsächliche Ablehnung. Daher stünde dem Staat, den Medien und den Institutionen ein großer Raum für eine diesbezügliche kommunikative Politik zur Verfügung, hieß es.





Folgende Hinweise bringen Ihnen noch mehr Informationen über den Integrationsprozess Tschechiens in die Europäische Union:



www.integrace.cz - Integrace - Zeitschrift für europäische Studien und den Osterweiterungsprozess der Europäischen Union

www.euroskop.cz

www.evropska-unie.cz/eng/

www.euractiv.com - EU News, Policy Positions and EU Actors online

www.auswaertiges-amt.de - Auswärtiges Amt