Věra Bílá
Sie würde die Tschechische Republik nie verlassen, hatte sie damals gesagt. Damals, das war vor fünf, sechs Jahren als Věra Bílá in der ganzen Welt auf Tournee war und mit ihrer Band Kale in der Hollywood Bowl auftrat, im New Yorker Central Park oder beim Montreal Jazz Festival:
Damals hätte Věra Bílá die Möglichkeit gehabt, in Kanada zu bleiben. Das Angebot hatte man ihr gemacht. Aber sie verließ ihren westböhmischen Heimatort Rokycany nicht, wo sie in den 50er Jahren in die Familie des Roma-Musikers Karol Giňa hineingeboren wurde und noch heute lebt.
Schon mit sieben Jahren begann sie aufzutreten. Zumeist sang Věra Bílá in ihren traditionellen Roma-Liedern über Liebe, Schmerz, Tod und Hass in ihrem kleinen Städtchen. Irgendwann in den 90er Jahren aber kam der große Erfolg. Die Sängerin Zuzana Navarová hatte die massige Dame mit der gefühlvollen Stimme entdeckt und gefördert. Věra Bílá avancierte zur Ella Fitzgerald der Roma-Musik und rührte mit ihrer Band Kale das Publikum in der ganzen Welt.
Die Geschichte von Věra Bílá hat kein Happy End, jedenfalls ist keines absehbar. Die Sängerin lebt immer noch in Rokycany, in ihrer kleinen Ein-Zimmer-Wohnung. Demnächst wird sie nach über 30 Jahren umziehen müssen, denn sie kann ihre Miete kaum zahlen. Wie es in den Zeitungen hieß, soll Věra Bílá der Spielsucht an Automaten verfallen sein. Es ist wohl nur das Singen, das sie wieder auf die Beine bringen könnte.