Veranstalter der nordischen Ski-WM 2009 in Liberec insolvent
Mit der Weltmeisterschaft im Nordischen Skisport 2009 in Liberec / Reichenberg wollten die Veranstalter in Tschechien eigentlich eine gute Ernte einfahren. Sowohl sportlich als auch wirtschaftlich. Heute, knapp zwei Jahre später, zeigt sich, dass die Veranstaltung ein komplettes finanzielles Desaster war. 105 Firmen, die zum organisatorischen Erfolg der WM beigetragen haben, warten immer noch auf ihr Geld. Die Hoffnung, dass ihre Leistungen doch noch beglichen werden, ist indes weiter geschwunden. Anfang Dezember hat die Vereinigung OC FIS Nordic, die als WM-Organisator in Erscheinung trat, nämlich Konkurs angemeldet.
„Kateřina und mir zittern die Knie, wir sind alle nervös und angespannt aber wir sind auch sehr froh, dass es endlich losgeht.“
Mit diesen Worten hatte der ehemalige Bürgermeister von Liberec, Jiří Kittner, im Februar 2009 die Gäste der WM-Eröffnungsveranstaltung noch freudig begrüßt. Zufall oder Weitsicht, denn nur ein paar Monate später sollten ihm und WM-Organisationschefin Kateřina Neumannová dann wirklich die Knie zittern – und zwar ob des Schuldenbergs, der sich rund um die WM aufgetürmt hatte. Im April vorigen Jahres drohte das Kartellamt der Stadt Liberec bereits mit einer Millionenstrafe wegen fehlerhafter Auftragsvergaben im Zusammenhang mit der WM. Die Schulden wiederum, die das WM-Organisationskomitee angehäuft hat, belaufen sich auf umgerechnet knapp 4,5 Millionen Euro. Eine Summe, die die schlecht wirtschaftende Vereinigung OC FIS Nordic schon längst nicht mehr aufbringen kann. Das Prager Stadtgericht hat deshalb vor kurzem das Insolvenzverfahren für die Firma eingeleitet. Konkursverwalter Ivan Brambaški erklärt, was die Gläubiger jetzt zu tun haben:
„Es ist unstrittig, dass die Forderungen der Gläubiger das Eigentum der Vereinigung klar übersteigen. Im nun folgenden Prozedere sollte es daher jetzt dazu kommen, dass sich die Gläubiger mit ihren Forderungen nach und nach im Rahmen des Insolvenzverfahren melden werden.“
Die Gläubiger allerdings hegen nur noch wenig Hoffnung, dass sie jemals an ihr Geld kommen werden. Ihr Sprecher Vojtěch Hlaváček nennt den Grund:
„Das Eigentum des Organisationskomitees ist schon längst vom Finanzamt beschlagnahmt worden, denn die tatsächlichen Schulden der Vereinigung sind weitaus höher. Sie umfassen nicht nur die 112 Millionen Kronen gegenüber uns Gläubigern, sondern weitere rund 100 Millionen Kronen, die der Staat fordert. Im Gegensatz zu uns hat der Staat durch die Konfiszierung des Eigentums schon einen Teil des Geldes erhalten. Es ist nicht klar, was von dem Eigentum noch übrig ist. Uns bleibt daher nur der Weg über die Gerichte.“
Die ehemalige Olympiasiegerin und Weltmeisterin im Skilanglauf Kateřina Neumannová wurde übrigens vom Betrugsvorwurf freigesprochen. Der WM-Organisationschefin wurde indes angekreidet, die Überschuldung wissentlich in Kauf genommen zu haben. Neumannová sei davon ausgegangen, dass der Staat die höheren Ausgaben übernehme, begründete das Kreisgericht Liberec den Freispruch bei seinem Urteil im September. Der Schuldenberg aber drückt weiter. Auch auf das Renommee Tschechiens als Ausrichter internationaler Großveranstaltungen. Schließlich war die Nordische Ski-WM von Liberec auch eine Art Reifeprüfung für eine mögliche Olympiabewerbung der Hauptstadt Prag. Die Prager haben sich mittlerweile gegen die Ausrichtung Olympischer Sommerspiele in ihrer Stadt entschieden.
Foto: Weltmeisterschaft im Nordischen Skisport 2009 in Liberec