Verfassungsgericht: Nečas´ Spargesetze sind verfassungswidrig zustande gekommen

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Seit langem ist den Sozialdemokraten auf der politischen Bühne mal wieder etwas Öffentlichkeitswirksames gelungen. Ihrer Verfassungsklage gegen den Gesetzgebungsnotstand, mit dem die Regierung Ende letzten Jahres die Spargesetze an der Opposition vorbei manövriert hatte, wurde stattgegeben. Dieser verkürzte Weg durch das Parlament war verfassungswidrig. Was das nun für die entsprechenden Gesetze bedeutet, die bereits mit Jahresbeginn in Kraft sind, vor allem aber was auf die Bürger zukommen könnte, dazu Informationen von Christian Rühmkorf.

Verfassungsgericht  (Foto: ČTK)
„Der Gesetzesnotstand beziehungsweise die Verkürzung des parlamentarischen Gesetzgebungsprozesses ist nicht auf verfassungskonforme Weise durchgesetzt worden“, erklärte Verfassungsrichterin Eliška Wagnerová am Montag gegenüber der Presse. Die Opposition – sprich: die Sozialdemokraten seien um ihr demokratisches Recht gebracht worden, sich zum Gesetzespaket zu äußern und Änderungsvorschläge einzubringen. Damit ist klar: Die bereits in Kraft getretenen Spargesetze der Mitte-Rechts-Regierung von Premier Nečas müssen noch einmal das Parlament durchlaufen. Die Sozialdemokraten haben mit der Verfassungsklage ihr Ziel erreicht.

Bohuslav Sobotka  (Foto: ČTK)
„Die Entscheidung setzt in bedeutender Weise Maßstäbe und trägt dazu bei, die Rechte parlamentarischer Minderheiten zu schützen“, so der kommissarische Sozialdemokratenchef Bohuslav Sobotka.

Zur Rekapitulation: Anfang November hatte die Regierung die Ausrufung des legislativen Notstandes erwirkt, um schnell einen Sparhaushalt für das kommende Jahr verabschieden zu können. Tschechien sollte vor einem Staatsbankrott gerettet werden, hieß es jedenfalls seitens der Regierung. Mit diesem Schritt schaltete das Kabinett die parlamentarische Opposition aus und umging den noch frischen Wahlerfolg der Sozialdemokraten bei den Senatswahlen, denn noch hatten die neuen Senatoren nicht auf ihren Bänken Platz genommen.

Petr Nečas  (Foto: ČTK)
Legislativer Notstand – das bedeutet, Gesetze können in nur einer Lesung und innerhalb eines Tages verabschiedet werden. Die Regierung wollte flächendeckende Einsparungen durchsetzen und hat dies auch geschafft. So sind die Gehälter der Staatsbediensteten um zehn Prozent gesunken. Gekürzt wurden unter anderem Bausparprämien, Geburtsgeld und Pflegebeihilfe. Das alles muss nun noch einmal vom Parlament beschlossen werden und zwar auf dem herkömmlichen parlamentarischen Weg. Premier Nečas:

„Die Entscheidung des Verfassungsgerichtes werden wir voll und ganz respektieren. Ich bin aber überzeugt, dass die parlamentarischen Gepflogenheiten nicht missachtet wurden.“

Zeit hat die Regierung nun bis Ende des Jahres, so das Verfassungsgericht. Rechtsunsicherheit tritt erst einmal nicht ein für die Bürger:

Jaromír Drábek  (Foto: ČTK)
„Es gilt auch weiterhin der Stand, der seit dem 1. Januar gilt. Nichts wird sich ändern, auch die Sozialleistungen bleiben so, wie sie durchgesetzt wurden“, so der Wirtschaftsanalyst Petr Dufek gegenüber dem Tschechischen Fernsehen.

Am Wortlaut der Gesetze wird sich voraussichtlich kaum ein Buchstabe ändern. Dennoch hat Arbeits- und Sozialminister Drábek angekündigt, in den nächsten Tagen die Spargesetze zu überarbeiten, um sie zügig und ordentlich durch das Parlament zu bringen. Anders als noch im November wird jetzt aber der Senat mit seiner sozialdemokratischen Mehrheit eine Hürde sein, welche die Regierung nicht so leicht überwinden kann.