Versammlung gegen Antisemitismus: Mit dem Sieg über den Nationalsozialismus wurde der Rassenhass nicht besiegt
Mit einer Versammlung gegen den Antisemitismus, die am vergangenen Sonntag vor dem Senatsgebäude des Prager Parlaments stattfand, erreichte das diesjährige Projekt "Wir sind alle Menschen" seinen Höhepunkt. Martina Schneibergova fasst zusammen.
Einige der Redner auf der Versammlung, unter ihnen auch der israelische Botschafter in Prag, Arthur Avnon, erinnerten daran, dass der Sieg über den Nationalsozialismus nicht auch automatisch den Sieg über rassistische Gedanken in Europa bedeutete:
"Aus dem Grund würdige ich sehr Ihre Initiative und dass Sie sich hier alle versammelten. Wünschen wir uns, dass der Rassismus und der Fremdenhass beseitigt werden. Dafür müssen wir jedoch noch viel tun."
An die Tage, die sie mit ihrer Familie im KZ Theresienstadt verbrachte, erinnerte sich Michaela Vidláková, die vor einer Wiederbelebung des Rassenhasses warnte. Der tschechische Botschafter in Israel, Michael Zantovský erinnerte daran, dass der Antisemitismus eine Bevölkerungsschicht betrifft, die Jahrhunderte lang den Sündenbock der europäischen Geschichte verkörperte. Als prägnant für die Logik dieser Erscheinung bezeichnete Zantovsky die Worte eines Lutheranischen Pastors, der selbst Opfer des Nationalsozialismus wurde:
"Als sie kamen, um die Gewerkschafter zu holen, habe ich geschwiegen, weil ich kein Gewerkschafter war. Als sie die Juden holten, habe ich auch nichts gesagt, weil ich kein Jude war. Und als sie kamen, um mich zu holen, war keiner mehr da, der protestieren würde."Michael Zantovský unterstrich des Weiteren, dass die tschechische Außenpolitik im Unterschied zu der Außenpolitik vieler anderer Staaten in ihrer Politik gegenüber Israel von zwei Prinzipien ausgeht: Erstens davon, dass kein Volk und kein Staat einschließlich der Tschechischen Republik und Israels unkritisierbar ist. Zweitens davon, dass kein Staat nach ganz anderen Maßstäben als andere Staaten beurteilt werden kann. Er sagte:
"Ich bin stolz darauf, dass Außenminister Cyril Svoboda vor kurzem in der Zeitschrift ´European Review´ schrieb, dass die Dämonisierung Israels der Dämonisierung der Juden nahe steht. Ich bin froh, dass wir hier zusammentrafen, um gemeinsam zu betonen, dass sich etwas Ähnliches wie vor den mehr als 60 Jahren in Europa nie wiederholen darf."
Das Projekt "Wir sind alle Menschen" wurde ähnlich wie im vergangenen Jahr von der tschechischen Zweigstelle der Internationalen Christlichen Botschaft Jerusalem (ICEJ) in Zusammenarbeit mit einigen weiteren Bürgerinitiativen vorbereitet.
Foto: Martina Schneibergova