Verteidigungsminister Tvrdík "schießt aus allen Rohren"
Auf der Versammlung der Befehlshaber der Tschechischen Armee am Montag in Prag erklärte der tschechische Verteidigungsminister Jaroslav Tvrdík, es sei vorstellbar, dass der Flughafen in Prag-Ruzyne in Zukunft zum NATO-Stützpunkt für militärische Transport- und Tankflugzeuge ausgebaut werden könnte. Ein solcher Stützpunkt beinhalte auch riesige Chancen für die heimische Wirtschaft, insbesondere aber für die umliegende Region sagte Tvrdík. Um eine solche Chance jedoch wahrnehmen zu können, müsse man erst einmal in den eigenen Reihen für System und Ordnung sorgen. Es folgte eine ungewöhnlich heftige Kritik auf die Zustände, wie sie derzeit innerhalb der tschechischen Streitkräfte vorherrschen. Eine Kritik, die wir Ihnen nicht vorenthalten wollen. Lothar Martin berichtet.
In einer zweistündigen Brandrede setzte sich Minister Tvrdík sehr kritisch mit den Zuständen in dem Ressort auseinander, dem er erst seit rund einem halben Jahr vorsteht und das sich endlich von den Methoden und Verwurzelungen der Vergangenheit befreien müsse. Seiner Meinung nach sei das Ressort auch weiterhin übertrieben bürokratisch angelegt und die Mehrzahl der Soldaten verhalte sich immer noch träge und unprofessionell. Deshalb rief der Minister die Soldaten zu einer Reform in ihren "eigenen Köpfen" auf und sprach sich für eine Verringerung der Administrative sowie ein flexibleres Reagieren auf neue Aufgaben aus.
Um diese Aufgaben im Luftsektor erfüllen zu können, hat die Tschechische Armee schon vor längerer Zeit mit dem hiesigen Unternehmen Aero Vodochody, dem einst anerkannten Flugzeughersteller unweit von Prag, einen Vertrag zur Lieferung von 72 Kampfflugzeugen vom Typ L-159 abgeschlossen. Doch neben der fortwährenden Nichteinhaltung der Lieferfristen hat man mittlerweile auch eine nicht für möglich gehaltene Störanfälligkeit bei den neuen Maschinen festgestellt, die den Minister zu der Äußerung trieb, dass "diese Flugzeuge mit einer gewissen Übertreibung als gefährlicher für deren Nutzer als für die potenziellen Feinde einzustufen sind". Sachlich und ohne ironischen Unterton fügte Jaroslav Tvrdík an die Adresse des Lieferanten an: "Unser Schiedsverfahren wird fortgesetzt und einzig und allein darüber entscheiden, ob unsere Forderungen in dieser Affäre berechtigt sind oder nicht. Ich hoffe fest, dass die neue Führung von Aero Vodochody in dieser komplizierten Situation einen Ausweg findet. Dieser sollte darin bestehen, die Lieferung der Flugzeuge für die Armee sicherzustellen und in kürzester Zeit zumindest die uneingeschränkte Einsatzfähigkeit des Flugzeugs für die Ausbildung unserer Piloten. Ich gehe davon aus, dass man einen Weg findet, wie Aero Vodochody in Zukunft wieder zu dem perspektivischen Unternehmen wird, wie es früher der Fall war."
Der neue Chef des Unternehmens, Antonín Jakubse, der sich gerade zu Verhandlungen in Dubai aufhält, zeigte sich etwas überrascht von der Störanfälligkeit der Maschinen, gab zu den Lieferfristen allerdings zu verstehen:
"Die Liefertermine laut des ursprünglichen Plans, wie er im Vertrag unterschrieben wurde, sind in der Tat nicht mehr gegeben. Nichtsdestotrotz ist bereits die Zeit angelaufen, in der wir die Flugzeuge zu folgenden Terminen übergeben werden: in diesem Jahr wird noch die 37. Maschine fertiggestellt, im nächsten Jahr folgen weitere 24 und im Jahr 2003 die restlichen 11. Wir glauben fest daran, dass wir die Flugzeuge - falls das Problem nicht woanders liegt - innerhalb der angegeben Termine liefern können."
Neben all den genannten Defiziten, so der Minister, sei aber die Diskussion um die Finanzierung und zeitliche Durchsetzung der Reformen noch nicht abgeschlossen worden. Ein politisches Problem sei zum Beispiel auch die künftige Stationierung der Militäreinheiten. "Ein jeder stimmt den Prinzipien und Grundsätzen zu, aber niemandem gefällt es, wenn die Reform seinen eigenen Wahlbezirk betrifft," goss Tvrdík noch einmal Öl ins Feuer bei der Schmiedung eines heißen Eisens, dass in Bälde endlich angepackt werden muss.