Vitalis Verlag auf neuen Wegen
Ein Bericht von Danilo Höpfner.
Wenn Jan Neruda durch die zänkischen Gassen der Prager Kleinseite wandert und auf der Suche nach der heilen Welt der Babicka plötzlich deren kafkaeske Verwandlung in einen Käfer miterleben muss, bei der auch der "Landarzt" nicht mehr helfen kann, dann klingt das schon etwas sehr nach einem klassischen Prager Verwandlungs-Prozess, der so nie war. Ob Bozena Nemcova, Franz Kafka oder Jan Neruda, sie alle gehören zu den bekanntesten literarischen Namen des Landes. Namen, zu denen auch die Nicht-Tschechen gern als erstes greifen, wenn es denn um den ersten Kontakt mit der tschechischen Literatur geht.
Ein kleiner Verlag auf der Prager Kleinseite, vorzüglicher Weise auch gleich am Moldauufer gelegen, wird diesem Touristenanspruch voll und ganz gerecht. "Die Kleinseitner Geschichten", "Die Verwandlung", "Der Landarzt" und andere Klassiker der tschechischen Literatur gehören zu den Bestsellern des Vitalis-Verlages, eines Verlages, dessen Bücher auffallen. Kräftige Cover, graphisch vorzüglich gestaltete Einbände, mystisch grau bis grell rot und etwas avantgardistisch sehen sie aus, so dass man schon schnell den Wunsch verspürt, sich diese Bücher selbst auch gern ins heimische Bücherregal zu stellen. Die Bücher erscheinen zumeist in deutscher Sprache, auch in Englisch, Französisch, Spanisch und anderen. Dr. Harald Salfellner ist der Geschäftsführer und Herausgeber des Verlages, der bereits seit 1992 in der damals gerade aus dem sozialistischen Dornröschenschlaf erwachenden Kulturstadt existiert. Der Doktor und Verleger aus dem österreichischen Graz ist ein Mensch, der nach seinen eigenen Worten in den Büchern seine unerfüllte Liebe gefunden hat und dies auch glaubwürdig beweist, wenn er denn von Büchern spricht. Eines seiner Lieblingsbücher ist ein Buch von Franz Klecek, "Aus meinen dreißigjährigen Erinnerung als Prager Fiaker".
Und so finden sich neben Franz Klecek und seinen Geschichten aus dem alten Prag auch eine Reihe weiterer hübscher und netter Bücher im Vitalis Verlag wieder, deren Autor Harald Salfellner selbst oft ist. Doch, Pragensis ist die eine Sache, Abwechslung die andere. In den zurückliegenden Jahren hat sich das Profil des Touristenverlages ein wenig geändert. Nicht allein die altbekannten tschechischen Werke und Prager Erzählungen stehen auf dem Programm, auch die grosse Weltliteratur hat am Moldauufer ein Zuhause gefunden. So gehören seit kurzer Zeit nun auch Joseph von Eichendorf und Leo Tolstoi zum Verlagsprogramm. Und nicht nur das. Neben der literarischen Betrachtung des Lebens und historischer Ereignisse gehört nun auch der Blick in den Kochtopf zum Programm.
Vitalis ist nun nicht mehr allein ein Touristenverlag, sondern ein Verlag, der sich auch Büchern zuwendet, an denen Touristen zumeist gern vorbei gehen.
"Zwanzig Jahre der Romantik und eineFrau sieht aus wie eine Ruine; aber zwanzig Jahre der Ehe und sie wird etwas, wie ein öffentliches Gebäude." Nun, dieser Satz stammt nicht von mir, auch nicht von Harald Salfellner, sondern vom grossen Oskar Wild, dessen Wahlheimat zwar nicht unbedingt Prag war, aber dennoch im Vitales verlag verlegt wird. Neue Zeiten bedürfen neuer Konzepte. Der Vitalis Verlag will weiter. Zum Beispiel sollen der tschechischen Sprache und exotischen Touristensprachen wie Russisch und Japanisch mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden. Auch Multimedia, Musik und vieles mehr soll dann auch im Verlag des alten Prags Einzug gehalten haben. Für das nächste Jahr sieht das Verlagsprogramm zunächst eine neue Bücherreihe vor, die für den Verlag ein kleines Novum darstellt.
Das war soweit unsere Sondersendung zum Feiertagsprogramm. Wenn Sie nicht nur gern Radio hören, sondern auch gern lesen, dann denken bitte nicht nur an den Vitalis Verlag, sondern auch an unsere Internetseiten. Dort finden Sie all unsere Sendungen auch zum nachlesen. Besten Dank fürs Zuhören, am Mikrophon war Danilo Höpfner.