Vladimir Spidla und Vaclav Havel: Gedanken zur neuen EU-Mitgliedschaft - und zur Zukunft Europas

Vaclav Havel und Vladimir Spidla in Brüssel (Foto: CTK)

Zehn Tage nach dem Beitritt Tschechiens zur Europäischen Union fanden sich am Montag sowohl Premierminister Vladimir Spidla als auch Expräsident Vaclav Havel in Brüssel ein. Beide unterzogen den Beitritt einmal mehr einer prinzipiellen Bewertung und äußerten sich auch zu konkreten Fragen der Zukunft der Union. Einigkeit zwischen Spidla und Havel herrscht in vielen Punkten. Nicht jedoch in allen. Gerald Schubert über den Brüsseler Montag:

Vladimir Spidla in Brüssel  (Foto: CTK)
Der Titel der Festveranstaltung, die am Montag in der tschechischen EU-Botschaft in Brüssel über die Bühne ging, ließ chronologisch und inhaltlich kaum Fragen offen: "Zehn Tage Tschechien in der EU", so lautete er nämlich. Dabei gab es Gelegenheit, noch einmal ein Resümee zu ziehen über den EU-Beitritt Tschechiens und die Erweiterung der Union überhaupt. Premierminister Vladimir Spidla:

"Durch die Erweiterung ist Europa zweifellos stärker geworden. Es ist von einem Mini-Riesen zu einem wirklichen Riesen geworden. Und das heißt auch, dass Europa sich seiner globalen Verantwortung stellen muss."

Ähnlich wie Spidla war auch der tschechische Expräsident Vaclav Havel stets ein entschiedener Befürworter des tschechischen EU-Beitritts. Und auch was die Verantwortung des vereinten Europas betrifft, argumentierte Havel in dieselbe Richtung. Zur EU-Erweiterung meinte er:

Expräsident Vaclav Havel und 'sein' Burgarchitekt Borek Sipek in Brüssel  (Foto: CTK)
"Ich glaube, das ist nicht nur eine Frage des Business. Es geht um etwas anderes. Vor allem geht es darum, ob wir uns an der neuen Organisation der globalen oder postglobalen Welt beteiligen wollen. Ob wir Mitverantwortung übernehmen wollen für die Zukunft dieser Zivilisation."

Allerdings gab es auch eine Meinungsverschiedenheit zwischen dem früheren Staatsoberhaupt und dem gegenwärtigen Regierungschef: Havel hatte nämlich gemeint, ein Referendum über eine europäische Verfassung, auf die sich die Staats- und Regierungschefs der EU bald einigen wollen, sei eher problematisch. Der Text sei zu kompliziert, um für die meisten Menschen wirklich verständlich zu sein. Vladimir Spidla ist anderer Ansicht:

"Wir haben im Referendum über folgende Frage abgestimmt: Sind Sie für den Beitritt Tschechiens zur Europäischen Union auf Basis des Vertrags von Nizza? - Hat jemand von Ihnen den Mut zu behaupten, der Vertrag von Nizza ist einfacher als der Verfassungsentwurf? Ich glaube nicht. Man kann also auch über einen sehr schwierigen Text abstimmen. Es ist nur eine Frage der politischen Fähigkeiten, diesen auch inhaltlich zu begründen."

Spidla nahm in Brüssel auch am so genannten Kohäsionsforum teil, das sich mit dem Finanzausgleich zwischen den europäischen Regionen beschäftigte. Als problematisch gilt hier vor allem die Frage: Wie kann man durch Strukturförderungen den sozialen Zusammenhalt in Europa - also die Kohäsion - stärken, gleichzeitig aber auch die Konkurrenzfähigkeit der einzelnen Mitgliedsstaaten? Ein Strategiepapier der EU-Kommission, das zu diesem Thema vorliegt, bezeichnete Spidla als gute Diskussionsbasis. Der Text beinhalte ein relativ gutes Gleichgewicht zwischen beiden Zielen, sagte Spidla, und zog zum Vergleich das Sprichwort "Per aspera ad astra" heran - also auf harten Wegen zu den Sternen. Für ihn gelte: Durch Zusammenhalt zur Konkurrenzfähigkeit.